Wenn der Postmann nicht klingelt

post_sendung_01Sehr geehrte Damen und Herren der Deutschen Post,

hiermit kündige ich alle Verträge mit Ihnen. Ich schmeiße Sie raus, ich kündige Ihnen fristlos. Nicht, dass wir überhaupt einen Vertrag hätten. Jedenfalls kann ich m ich nicht daran erinnern, jemals mit Ihnen etwas vereinbart zu haben. Dennoch gehen Sie doch eine Art Vertrag ein, wenn Sie sich verpflichten, gegen Bezahlung etwas für mich zu tun. Und so frage ich mich und vor allem Sie: Wieso tun Sie es dann nicht? Ihr Job ist doch eigentlich gar nicht sooo schwer. Sie holen an diversen Sammelstellen Briefe, Päckchen oder Pakete ab oder Sie nehmen diese in Ihren (noch vorhandenen) Postämtern entgegen. Da liegt wahrscheinlich schon das erste Problem: Sie sind ein Amt. Denn wären Sie ein Unternehmen, würden Sie so nicht überleben können. Dann, wenn Sie alles eingesammelt oder entgegen genommen haben, müssen Sie diese Briefe, Päckchen oder Pakete demjenigen zustellen, dessen Anschrift auf dem Brief oder Päckchen oder Paket angebene ist. Bisher alles verstanden? Okay.

Dann gibt es natürlich Spezialbriefe, für die der Absender, oder, und das ist in diesem Fall das Entscheidende, der Empfänger, extra viel Geld bezahlt. Zum Beispiel ein Einschreiben. Dafür habe ich bei einer Bestellung mehr Geld bezahlt, als es fürt einen gewöhnlichen Brief nötig gewesen wäre. Kommen Sie  noch mit? Gut. Ich habe also zwei Konzertkarten bestellt und extra mehr Geld bezahlt, damit mir der Brief persönlich zugestellt wird. Der Verkäufer der Konzerttickets hat mir heute morgen mitgeteilt (per E-Mail, falls Sie wissen, was das ist, wenn nicht, schauen Sie doch mal ins Internet, falls Sie wissen, was das ist, ansonsten fragen Sie doch einfach mal jemanden, den Sie kennen, der weiß, was das Internet ist), dass der Einschreibebrief mit den Tickets (wahrscheinlich) heute zugestellt wird. Soweit noch alles klar? Dann kann´s ja weitergehen.

Ich habe mir also heute frei genommen, Termine und den Arztbesuch verschoben und bin zuhause geblieben, damit der Postbote oder die Postbotin oder das ZustellerIn mich auch wirklich antreffen kann. Meine Verabredung war nicht gerade glücklich über meine Absage und der Arztbesuch verschiebt sich nicht auf morgen, sondern auf den nächsten Monat. Aber was tut man nicht alles, um den Service Ihres Amtes in Anspruch zu nehmen. Das schöne Wetter hatte heute außerdem dafür gesorgt, dass ich meine Heimarbeit (denn schließlich muss es sich ja auch ein wenig lohnen, wenn ich daheim bleibe), auf dem Balkon verlegen konnte. Ich saß also da mit meinem Netbook und einer Tasse Kaffee und dann, kurz vor 14 Uhr (früher kam die Post früher), sah ich ihn: Den Postboten. Er kam aus Richtung Osten in unserer Straße daher geradelt und hielt am Nachbarhaus, um dort seine Briefe in die die Briefkästen einzuwerfen. Höchste Zeit, den balkon zu verlassen. Denn dort hätte ich das Klingeln des Boten vielleicht überhört.

Also ging ich auf Nummer sicher und wartete in der Wohnung auf das Klingeln. Wartete auf mein Einschreiben. Was dann passierte, war – nichts. Kein Klingeln. Kein Klopfen. Kein Rufen. Kein Anruf. Kein gar nichts. Ich öffnete die Wohnungstür. Vielleicht war der Bote gerade auf dem Weg zu meiner Wohnung? Und war irgendwo dazwischen auf dem Treppenabsatz stehen gebleiben? Um sich auszuruhen. Ein Päuschen in Ehren kann niemand verwehren. Keine Panik, dachte ich mir, der schwatzt mit den Nachbarn, weil die ein großes Paket für andere nachbarn entgegennehmen müssen. Das ist usus hier bei uns. Es vergeht keine Woche, ind er nicht der eine oder andere Hausbewohner für einen anderen irgendeine Sendung entgegen nimmt. Wie das rechtlich funktioniert, weiß ich zwar nicht, aber es ist eben so und funktioniert im Normalfall auch.

Nun, nach etwa fünf Minuten des Wartens und des Horchens, wurde mir klar: Der Verkäufer und Versender meiner Tickets hatte sich geirrt. Nicht heute, sondern morgen erst kommt der Brief hier an. Ärgerlich, aber nicht dramatisch. Dramatisch wurde es dann aber doch noch. Denn als ich (ich ahnte es, wollte es aber nicht wahr haben) dann doch in den Briefkasten schaute, fand ich – was? Sie werden es vermuten: Richtig! Eine Benachrichtigung Ihres Postboten. IHRE SENDUNG IST DA! Steht dort auf einem gelben Zettel geschrieben. Das war nicht nur gelogen, sondern außerdem eine Frechheit, eine Zumutung, eine Verarschung. Ich muss es leider so sagen. Denn ich fühlte in diesem Moment nur eins: Ich fühlte mich verarscht. Ich buchstabiere es noch einmal: V.E.R.A.R.S.C.H.T. Denn die Sendung ist NICHT DA. Sie wäre dagewesen, wenn der Postbote in der Lage gewesen wäre, in der Zeit, in der er diesen Zettel ausgefüllt hat, bei uns zu klingeln. Dann wäre die Sendung da. So aber ist nichts da. Außer diesem Wisch, den Sie sich sonstwo hinstecken können. Entschuldigung, aber höflich kann man an dieser Stelle nicht mehr bleiben.


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