…dann stehe ich leicht verwundert vor meinem Bücherregal und frage mich, ob ich denn in den vergangenen sechs oder sieben Jahren nur Mist gelesen habe. Zum Glück finden sich zwischen den seichten Schinken auch noch ein paar echte Perlen, die ich mir voller Begeisterung gekauft habe, die mir während der Kleinkinderjahre dann aber zu anspruchsvoll waren, weshalb sie halbgelesen im Regal landeten. An anständigem Lesestoff sollte es mir in den kommenden Monaten also nicht mangeln.
…dann dürfen Filme plötzlich wieder politisch sein, dramatisch oder von mir aus auch aufregend. Einzig auf das Happy Ending bestehe ich weiterhin.
…dann antworte ich nicht mehr auf jede zweite Kinderfrage mit “Das kann ich dir im Moment nicht sagen. Ich habe es mal gewusst, aber es will mir einfach nicht mehr einfallen. Müssen wir mal im Internet nachlesen…”
…dann fällt mir auf, dass ich noch eine ganze Menge wissen und lernen möchte und zwar nicht bloss, wie man kleinen Kätzchen beibringt, nicht auf den Tisch zu springen, sondern vielleicht wieder einmal etwas ganz Komplexes, etwas, wovon ich noch nicht viel verstehe, was mich aber schon immer interessiert hat.
…dann finde ich gewisse Gespräche, die ich nun schon seit Jahren mit fremden Müttern führe, nur noch ganz schrecklich öde.
…dann möchte ich meine Tage wieder halbwegs strukturiert verbringen und mich nicht stets von “Mama, ich will Kakao und zwar jetzt sofort” und dergleichen herumhetzen lassen. Aber natürlich nur so viel Struktur, dass immer noch genug Freiheit bleibt für “Komm doch gleich jetzt zum Kaffee, ich habe Zeit” oder “Du willst noch ein weiteres Kapitel ‘Karlsson’ hören? Aber gerne”.
…dann sehe ich, dass viele Dinge, die mir in den vergangenen Jahre als Berge erschienen sind, eigentlich bloss Maulwurfshügel sind, die sich relativ leicht beseitigen lassen, wenn nicht stets etwas Unvorhergesehenes dazwischen kommt.
…dann erkenne ich, wenn ich ganz lange in den Spiegel schaue, wieder Spuren der Frau, die ich war, ehe ich Mutter wurde. Nein, ich möchte nicht zurück, um nichts in der Welt. Aber es freut mich doch, dass diejenige, die da mal war, nicht vollends verschwunden ist. Im Gegenteil: Mir scheint, sie würde ganz gerne hin und wieder zu einem Tässchen Tee kommen, um an alte Zeiten anzuknüpfen. Wir zwei, das muss man wissen, haben damals nämlich stets Tee getrunken, was man sich nur leisten kann, wenn man nicht ganz dringend Koffein braucht, um weitermachen zu können.