Wenn der Jungchef versagt

Von Newssquared @Oliver_schreibt

Eine große Werkstattkette wirbt seit geraumer Zeit geradezu penetrant für Reparaturen und Austauschservice. Ein kleineres Konkurrenzunternehmen hat nun eine ganze Stunde Gratis-Werbung zur besten Sendezeit bekommen. In der RTL-Real-Life-Doku Undercover Boss war es das Werkstattunternehmen Pit-Stop, das seinen Geschäftsführer, den jungenhaften Stefan Kulas (36), zum Praktikum an der Basis schicken durfte.

Wie üblich ist es ein Franchiseunternehmen, das sich an der vermeintlichen Basisarbeit der Chefs beteiligt. Zudem wechselte Pit-Stop in den vergangenen drei Jahren zwei Mal den Besitzer. Mit seinem Co-Geschäftsführer und eigentlichem Chef Stephan Rahmede will Kulas nun dank RTL-Begleitung sehen, «ob das alles gegriffen hat». Der Zeitpunkt könnte günstiger nicht sein, «nachdem wir ein Jahr lang versucht haben, das Unternehmen neu zu strukturieren», so Kulas.

Werkstatt und Zentrale sind völlig voneinander getrennt

Doch die Erkenntnisse sind zumindest für die übrigen rund 1400 Mitarbeiter des Werkstatt-Unternehmens wenig hilfreich. Dass die billigen Handschuhe unpraktisch sind und ausgetauscht gehören, dürfte wohl die einzige bemerkenswerte Auswirkung des gefühlsduseligen RTL-Tests für sie sein. Dass das hausinterne Handwerkerteam von einem auf zwei Mitarbeiter verdoppelt werden soll, wird sicher nicht in der Halbierung der anfallenden Arbeit und anschließendem unternehmensinternem Gruppenkuscheln resultieren.

Die Krux auch am Fall Pit-Stop ist, dass Franchisenehmer quasi einen Baukasten aus der Zentrale geliefert bekommen und diesen mit fixen Beträgen und Provisionen bezahlen. Zwischen den Filialen und der Firmenzentrale herrscht ein strikt geregeltes Geschäftsverhältnis. In der Führungsmannschaft sitzen eine Handvoll BWL-Profis, die das Unternehmen auf Kurs halten und an der Basis schrauben in jeder Werkstatt vielleicht eine Handvoll mäßig bezahlter Schrauber, die vom Filialleiter, der neuerdings zugleich Franchisenehmer sein soll, auf Trab gehalten werden.

Mit einer echten Firma im klassischen Unternehmenssinne haben es also weder die Chefs noch die Mitarbeiter und letztlich auch nicht die Kunden zu tun. Alle Prozesse sind von studierten Betriebswirten bereits mehrfach durchoptimiert worden. Da sind die wenig tauglichen Handschuhe und unbequeme Sicherheitsschuhe noch das geringste Übel für die, die letztlich die harte Arbeit erledigen müssen.

Ein Kindersitz als Dank

Für die fünf Mitarbeiter, die den vermeintlichen Praktikanten einen Tag lang beschäftigen dürfen, springt am Ende vielleicht eine Kleinigkeit wie ein Kindersitz für den werdenden Vater heraus oder eben eine Einladung zur Reise in die Türkei, die man allerdings im Kreis der Kollegen verbringen muss, denn es wird nicht nur zur Entspannung, sondern auch zum Firmenjubiläum geladen. Doch wirklich ändern wird sich nur wenig, dazu sind die Geschäftsführer und Abteilungsleiter auch nach der Sendung viel zu sehr auf ihre Zahlen fixiert.

Und dass Stefan Kulas teilweise bei seinen Aufgaben völlig versagt und von einem der fünf Mitarbeiter gleich zu Beginn seines Praktikumstages enttarnt wird, ist fast schon Teil der Dramaturgie von Undercover Boss und könnte damit zusammenhängen, dass sich das Sendeformat mittlerweile unter den Mitarbeitern in den deutschen Franchisebetrieben herumgesprochen haben könnte. Nicht jeder Praktikant bringt schließlich an seinem einzigen Arbeitstag ein Kamerateam und einen Fotografen mit.

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«Undercover Boss» – Wenn der Jungchef versagt