„Wenn das Beten sich lohnen täte, was meinst du wohl, was ich dann beten täte.“ (Wolfgang Niedecken)

„Wenn das Beten sich lohnen täte, was meinst du wohl, was ich dann beten täte.“ (Wolfgang Niedecken)

Gerd Altmann / pixelio.de

Der Psalm 66 sagt:

„Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht abgewiesen und seine Gnade nicht von mir gewendet hat!“

Ein in meiner Jugend sehr populäres Lied der kölner Rockgruppe BAP, das ich vor kurzem mal wieder im Radio hörte, beginnt mit folgender Zeile:

„Wenn das Beten sich lohnen täte, was meinst du wohl, was ich dann beten täte.“

(Wolfgang Niedecken)

Die letzten Zeilen des Songtextes haben mich nachdenklich gemacht:

“Gott, wäre Beten bloß nicht so sinnlos, denn oft denke ich,
wir sind bald schon an dem Punkt, wo es egal wird,
wer recht hat, wo Beziehung und Kohle nicht zählt.
Wir sind alle zusammen am Kreuzweg,
etwa da, wo man das dritte Mal fällt.“

Aber stimmt das, ist Beten so sinnlos? Lohnt es sich noch, zu beten?

Ein Gebet ist es eine Anrede, gerichtet an einen ganz Bestimmten, nämlich an Gott – das macht ein Gebet zu einem Gebet.

Dabei kann dieses Gebet eine Bitte sein, für mich, für die Menschen, die mir am nächsten sind, für alle Menschen, für die ganze Welt. Es kann auch eine Bitte sein um Kraft in einer schweren Situation, eine Bitte um Hilfe, wenn man selbst nicht mehr weiter weiß – oder auch nur die Bitte um einen klaren Kopf bei der Arbeit.

Ein Gebet kann auch ein Dank sein an Gott für Gewesenes. Ein Dank für einen gelungenen Tag, ein Dank für gute Gedanken, ein Dank für Freunde und Familie, Erfolg, Glück, Zufriedenheit. Oder ganz einfach ein Dank dafür, dass eine Sitzung nicht so lange gedauert hat…

Bitte und Dank, das ist der Rahmen, in dem sich die meisten unserer Gebete bewegen.

Doch ein Gebet kann mehr sein:

Es kann eine Klage an Gott sein. Nicht wenige Psalmen der Bibel enthalten solche Klagen, in denen der Betende Gott seine ganzen Probleme vor die Füße wirft und Gott für diese verantwortlich macht. Solche Gebete sind für die Zuhörer oft schwer zu ertragen, doch es gibt Zeiten und Situationen, in denen wir Menschen fassungslos vor den Ereignissen stehen und jede notdürftig zusammen gezimmerte Erklärung wie Hohn wirkt. Dann haben wir das Gefühl, dass das Beten sich nicht lohnt – und trotzdem beten wir gerade dann in unserer ganzen Verzweiflung zu Gott, zB. dann, wenn wir uns fragen:

Wo ist Gott bei dem Tod eines Kindes, bei einer Naturkatastrophe, bei der Diagnose einer schweren Krankheit?
Wo ist die Liebe Gottes in der Welt anlässlich der täglichen Gewalt und des nicht zu stoppenden Blutvergießens?

Das sind nur zwei Beispiele von vielen, die einen immer wieder an Gott zweifeln – und manchmal verzweifeln lassen.

Es gibt Situationen, da kann ich nicht vom liebenden und allmächtigen Gott reden, sondern nur noch in die Klage vor, vielleicht sogar gegen Gott einstimmen. Man könnte das leicht als einen Abfall vom Glauben verstehen, und manchmal empfindet man es sogar selbst so. Aber das Gegenteil ist der Fall: Wer Gott seine Not klagt, der bleibt an Gott dran. Der lässt nicht einfach von ihm ab, wenn nicht mehr alles so ist, wie es sein sollte. Klagen vor Gott bringen ist nicht der Abfall vom Glauben, sondern vielleicht die intensivste Form des Gebetes.

Und im Gebet muss ich nicht zimperlich sein, ich muss nichts herunterschlucken oder verheimlichen, denn vor wem sollte ich mich denn dabei verstellen? Vor mir selbst kann ich mich schlecht verstellen und sich vor Gott verstellen ist aussichtslos. Deswegen brauche ich im Gebet keine Maske aufsetzen, nicht den heiteren Menschen geben, der alle Probleme lösen kann. Ich kann mich so geben, wie ich bin, ich kann meiner Freude und meine Sorgen offen aussprechen, ich kann meine Heiterkeit und Trauer herauslassen. Wenn nicht im Gespräch mit meinem Gott, wann sonst?
Aber die Frage von BAP aus ihrem Song, die ist damit noch nicht beantwortet: Nützt denn ein Gebet überhaupt? Kann ein Gebet etwas verändern, oder beruhigt es nur das eigene Gewissen? Werden unsere Gebete erhört? Lohnt es sich, zu beten?

Jesus Christus sagte dazu:

“Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er’s euch geben.” (Joh 14, 13-14 / Joh 16, 23)

Das ist nicht so realitätsfern, wie es klingt: Jesus stellt alle Gebete unter den Willen seines Vaters im Himmel, und genauso bitten wir in jedem “Vater unser”, dass der Wille Gottes geschehe, denn “Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auch auf Erden.” Schliesslich kann Gott nicht alle Gebete erhören, denn alle Menschen beten oft sehr egoistisch, da kann es nicht in Gottes Willen liegen, alle unsere menschlichen Wünsche zu erfüllen. Aber wenn Gott uns nicht wie die gute Fee im Märchen unsere Wünsche erfüllt, was können wir dann von Gott, was von einem Gebet zu Gott erhoffen? Dietrich Bonhoeffer brachte die Antwort auf den Punkt.

“Gott erfüllt nicht alle unsere Wünsche, aber alle seine Verheißungen.”

Gott verspricht uns nicht, dass wir ein Leben ohne Sorgen führen werden, dass kein Leid uns etwas anhaben kann. Er ist kein Werbeschnösel, der uns Schönheit, Reichtum, Glück und Spass für alle Zeit verspricht. Gott verheißt uns, dass er mit uns gehen will, dass er bei uns ist in schweren und in schönen Tagen und dass seine Verheißung an die Menschen der Bibel auch uns gilt, so wie Jesus Christus kurz vor seiner Himmelfahrt sagte:

“Und siehe ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.” (Matthäus 18.20)

Werfen wir in diesem Vertrauen auf Gott noch mal einen Blick auf den Songtext der Gruppe BAP – und ändern ihn ein bisschen – vielleicht wird dann ein Gebet aus ihm:

„Ohne Prioritäten, einfach so wie es kommt fange ich an zu beten.
Nicht bei Adam und nicht bei Unendlich, trotzdem jeder und jedes kommt dran.

Ich bete für all das, wo der Wurm drin ist,
für all das, was mich immer schon quält,
für all das, was sich wohl niemals ändert.
Klar – und auch für das, was mir gefällt.

Ich bete für die Domtaube, die verkrüppelt verendet in der Gosse,
aber auch für das Wetter und die Stunden mit geliebten Menschen, die zu kurz sind.

Ich bete, was das Zeug hält,
ich bete auf Teufel komm raus,
ich bete für das, auf was ich gerade Lust habe,
doch für nichts, was mir sagt: “Du musst!”

Ich bete für den Poeten, der als Schaf im Wolfspelz herum steht,
aber auch für den Troubadour und Propheten, dem das Lachen tagtäglich vergeht.

Ich bete für den Feldherr, der darauf wartet, dass er endlich verliert,
dem schlecht wird bei seinen Triumphzügen, hat er doch schon genug Obelisken apportiert.

Ich bete für die zwei Philosophen, die schimpfen,
dort in ihrem Elfenbeinturm in Klausur,
die seit Menschengedenken sich sinnlos zanken,
für die bete ich aus Erbarmen, doch ein Stoßgebet nur.

Ich bete für Sand im Getriebe, darum, dass die Rubel gebremst werden, die rollen,
dass die Kronjuwelen verbannt werden auf den Schrott,
dass alle Grenzen und Schranken verschwinden,
genau wie jeder Speer, jedes Gewehr, jedes Schafott.“

Dieser Text verwendet:

Den Songtext der Gruppe BAP: „ Wenn et Bedde sich lohne däät“

http://www.bap.de/start/musik/songtexte/titel/wenn-et-bedde-sich-lohne-däät

Die Predit – Vom Beten, Redaktion Anders Grüning

Evangelische Kirchengemeinde Windesheim-Guldental

http://www.windesheim-guldental.de/predigt-vom-beten.html


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