Wenn man einen Blick auf die Liste der vorhandenen Beiträge im Rahmen der kuriosen Feiertage wirft, zeigt sich eine gewisse Präferenz für die musikalischen Seiten des Lebens: der Tag der Blockflöte (10. Januar), der The Day the Music Died Day (3. Februar), der Tag der Oper (8. Februar), der Spiel-Deine-Gitarre-Tag – der amerikanische Get Out Your Guitar Day (11. Februar), der Tag des Rock’n’Roll (9. Juli), der Nigel Tufnel Day (11. November) sowie der Tag der Hausmusik (22. November) sprechen hier eine deutliche Sprache. Mit dem 30. April können wir einen weiteren Aktionstag in diese Liste aufnehmen, denn heute wird weltweit der UNESCO Welttag des Jazz (engl. International Jazz Day) gefeiert. Und da feiere ich auf den kuriosen Feiertagen natürlich liebend gern mit. Um was geht es bei diesem Ehrentag der Jazzmusik?
Die UNESCO ehrt die künstlerische Bedeutung des Jazz
Wenn die UNSECO-Generalkonferenz beschließt, eine Kunstform mit einem eigenen Welttag ehrt, muss es sich hierbei schon um etwas Besonderes handeln. Immerhin gibt es zwar eine ganze Reihe offizieller UNESCO-Feiertage, aber der offiziellen Status eines Welttages wurde bisher lediglich 6 Mal verliehen. Insofern befindet sich der Welttag des Jazz tatsächlich in einem sehr exklusiven Zirkel. Und auch wenn der Jazz als eine der ersten Formen global verbreiteter, populärer Musik gilt, handelt es sich beim International Jazz Day um einen äußerst jungen Feiertag. Denn erst im November 2011 hat die 36. Generalkonferenz der UNESCO den 30. April zum Internationalen Tag des Jazz erklärt, der dann erstmalig am 2012 offiziell begangen wurde. Ziel und Begründung dieses Aktionstages: Schaffung eines öffentlichen Bewusstseins für die künstlerische und inzwischen weltweite kulturelle Bedeutung des Jazz und seiner Wurzeln.
Wie immer bei solchen UNESCO-Welttagen gibt es hier auch eine passende Begründung für die Wahl des Datums, denn der 30. April bildet zugleich den abschließenden Höhepunkt des jährlichen US-amerikanischen Jazz Appreciation Month darstellt. Seitens der UNESCO nimmt man hiermit vor allem Bezug auf den Ursprung dieser Musikrichtung, die sich vor mehr als 100 Jahren aus der Befreiungsbewegung der afrikanischen Sklaven in den amerikanischen Südstaaten entwickelt hat und eine der treibenden gesellschaftlichen Kräfte bei der Überwindung der gesellschaftlichen Rassendiskriminierung im Verlauf des 20. Jahrhunderts gewesen ist. Im Umkehrschluss sei diese improvisierte Musik auch als Symbol für Demokratie, Gleichberechtigung und Toleranz zu sehen, denn es waren vor allem Jazzmusiker, die in den Vereinigten Staaten die Grenzen der Rassentrennung durch gemeinsames Musizieren aufgehoben hatten. Anmerkung in eigener Sache: Einen guten Eindruck dieser Zeit und ihrer Irrungen vermittelt u.a. die Autobiografie der Jazzlegende Miles Davis (Heyne Verlag 2000), der zwar menschlich nicht unbedingt einer der angenehmsten Zeitgenossen gewesen sein muss, in dem Buch aber sehr eindrücklich schildert, unter welchen Bedingungen er seine Karriere startete. Abgesehen davon gibt es aber an Miles‘ künstlerischer Relevanz natürlich nichts, aber auch gar nichts auszusetzen. Echte Ikone, die den Jazz – auch nach eigener Aussage – mindestens zwei Mal revolutioniert hat.
“Jazz is so much more than music: it is a lifestyle and a tool for dialogue, even social change. The history of jazz tells of the power of music to bring together artists from different cultures and backgrounds, as a driver of integration and mutual respect.”
(Irina Bokova, Director General, Message on the occasion of the International Jazz Day 30 April 2014)
Eine Bemerkung zum Jazz
Ich verzichte an dieser Stelle bewusst auf den Versuch, hier die Entwicklungsgeschichte des Jazz zu skizzieren. Das haben andere an anderen Stellen wesentlich besser hinbekommen und am Ende läuft es immer darauf hinaus, dass der Jazz aus dem Blues entstanden ist und die zahlreichen Spielarten durch die gemeinsame Partizipation von Musikern – und vor allem auch Zuhörern – trotz stetiger Weiterentwicklung – in irgendeiner Form immer diesen Wurzeln verbunden geblieben ist. Und trotzdem wurde es immer wieder geschafft, bestehende Grenzen einzureißen bzw. das Genre auch musikalisch zu erweitern. Umso mehr erstaunt es eigentlich, dass der Jazz heute bei vielen Leuten ein ziemlich verkopftes und intellektuelles Image hat. Denn trotz aller musikalischer und kompositorischer Exzellenz ist Jazz meiner Meinung nach immer noch eine äußerst kraftvolle Tanzmusik, die man zwar analytisch erfassen kann, letztendlich aber wohl am besten live erfährt. Ich für meinen Teil würde viel darum geben, Größen wie John Coltrane usw. einmal live erlebt zu haben. Geht leider nicht mehr, insofern muss ich halt bei den vorhandenen Aufnahmen bleiben und liste abschließend meine Top5 Jazzalben zum International Jazz Day:
- John Coltrane: A Love Supreme (1965)
- Brian Blade & Wolfgang Muthspiel: Friendly Travelers live (2008)
- Nils Petter Molvaer: Khmer (1998)
- Miles Davis: Kind of Blue
- Dave Holland Quintet: Dream of the Elders (1996)
Weitere Informationen zum Welttag des Jazz
- Offizielle Domain zum International Jazz Day: www.jazzday.com (englisch)
- Deutsche UNESCO-Website zum Welttag des Jazz (deutsch)
- Offizielle UNSECO-Seite zum International Jazz Day: www.un.org/en/events/jazzday/ (englisch)