Welt auf dem Wasser: Die schwimmenden Dörfer des Tonle Sap

Erstellt am 22. September 2014 von Katzelin @KatzelinFernweh
Auf dem Weg zum Tonle Sap See

Das Flugzeug brachte uns von Laos Hauptstadt Vientiane direkt nach Siem Reap in Kambodscha. Als wir uns nun auf in Richtung des Tonle Sap Sees machen, haben wir von Land und Leuten nicht mehr gesehen, als Siem Reap selbst und den Angkor Archaeological Park. Ein wenig fühlen wir uns wie Reisende zwischen den Zeiten mit der pulsierenden, lebendigen Stadt Siem Reap, in der das Gefühl des Aufbruchs allgegenwärtig scheint, auf der einen Seite und den Tempeln von Angkor auf der anderen, die uns in lang vergessene Zeiten zurückführen.

Als wir die Stadtgrenzen hinter uns lassen, betreten wir eine ganz andere Welt. Die Fahrt führt uns vorüber an Reisfeldern und Dörfern mit den typischen, kambodschanischen Häusern auf Pfählen. Die enge Straße, die auf den Tonle Sap See und den Hafen zuführt, ist links und rechts von Häusern gesäumt, deren Pfähle sie mehrere Meter in die Höhe heben. Je näher wir dem Tonle Sap kommen, um so höher scheinen die Häuser empor zu ragen. Immer wieder halten wir an, weil uns ein Auto, ein anderer Bus oder ein Gemüsetransporter entgegen kommt. Wir sehen Kinder, die unter und zwischen den Hütten spielen und Müll sammeln. Alles wirkt einfach, karg und arm, doch auf den Leitern und vor den Hütten sitzen Jugendliche in der Sonne – sauber und ordentlich gekleidet und zwischen den Fingern ein Smartphone.

Zu unserer Linken hebt sich ein Hügel aus der Landschaft empor, der Phnom Krom. Auf seinem Gipfel glänzen die goldenen Türme eines Klosters in der Sonne und während unser Guide noch von den drei verfallenen Turmheiligtümern auf dem Hügel erzählt, erreichen wir bereits den Anleger. Staunend sehen wir zu den unglaublich hoch stehenden Häusern auf, die am Ufer liegen, als wir unser Ausflugsboot besteigen. Der alte Dieselmotor qualmt und knattert, während wir langsam auf den Tonle Sap Fluss hinaus fahren, dem Großen See entgegen.

Die schwimmenden Dörfer

Eine ganze Weile sind wir unterwegs auf dem Fluss, der zum größten See Südostasiens führt. Er gehört zum System des Tonle Sap Sees und mündet in den Mekong. Zweimal im Jahr tut er etwas sehr ungewöhnliches: Er wechselt seine Fließrichtung. Wenn während der Trockenzeit der Pegel sinkt, fließt das im Tonle Sap See aufgestaute Wasser über den Fluss in den Mekong. Wenn aber der Regen einsetzt, schwillt der Mekong an. Der Tonle Sap Fluss ändert seine Richtung und speist nun den Tonle Sap See, der von ca. 2.700 km² auf bis zu 16.000 km² anwächst und Heimat für zahlreiche Fisch- und Vogelarten ist.

Doch auch Menschen sind auf dem Fluss und dem See zuhause. Sie leben in Hausbooten und manchmal treibt neben dem Haus sogar noch ein Floß mit einem mobilen Kräuter- und Gemüsegarten oder ganz und gar eine kleiner Schweinestall. Hier läuft ein Radio, dort ein Fernseher, angetrieben von einer Autobatterie. Die Kinder spielen auf den schmalen Stegen vor den Häusern, lachen und winken uns zu. Die Dörfer auf dem See sind nicht groß, doch es scheint an nichts zu fehlen – wir sehen eine Schule und entdecken einen winzigen Supermarkt. Nur eine schwimmende Pagode bekommen wir leider nicht zu Gesicht.

Leben am Tonle Sap

Das Leben auf dem Tonle Sap Fluss und dem Großen See ist unmittelbar mit dem Wasser verbunden. Unterwegs begegnen wir Fischern, die ihre Netze einholen oder nach ihrem Fang tauchen. Eine Frau sitzt in einem Boot und wäscht sich im Fluss die Haare, während immer wieder kleine Boote vorüber tuckern. Das Tonle Sap System aus Fluss und See ist nicht nur Lebensraum, es ist auch einer der Hauptverkehrswege des Landes und verbindet u.a. Siem Reap mit der Hauptstadt Phnom Penh.

Als wir den See schließlich erreichen, eröffnet sich uns ein grenzenloser Blick über das offene Wasser. Ein anderes Ufer gibt es nicht – es ist zu weit entfernt. Um uns herum treiben hier und dort Häuser, allein oder in kleinen Grüppchen. Unser Guide berichtet, dass die Häuser und Dörfer mit dem Wasserstand wandern. Die meisten erspähen wir in ufernähe, doch einige treiben weiter draußen auf dem See. Der Motor unseres Bootes verstummt für einige Augenblicke und wir treiben inmitten einer fremden Welt. Unglaublich scheint, dass dieses Leben auf dem See und dem Fluss funktioniert – doch das tut es.

Unser Bootsführer wendet mit Hilfe eines langen Bambusrohrs unser Boot und schmeißt den Motor wieder an. Gemächlich fahren wir wieder über den Fluss dahin, zurück in die wirkliche Welt.

Hinkommen

Phnom Krom liegt etwa 10 Kilometer ausserhalb Siem Reaps, bis zum Hafen, von dem die Ausflugsbote ablegen, sind es noch einmal zwei Kilometer. Die Fahrt dauert etwa 20 bis 30 Minuten. Touren mit Transfer ab Siem Reap können z.B. bei Tara Riverboat gebucht werden, die Preise beginnen bei 29$ für eine Halbtages-Tour und beinhalten meist ein Essen und ein Getränk. Es lohnt außerdem, im Hotel nach einem Tourangebot zu fragen. Wer es ein wenig abenteuerlicher möchte, wird vielleicht bei Terre Cambodge fündig.

Spannender wird die Fahrt mit dem Tuktuk ab Siem Reap. Für eine einfache Fahrt fallen etwa 2$ an, soll der Fahrer warten, kostet das Tuktuk etwa zwischen 7$ und 15$, je nach dem, wie lange der Ausflug dauern soll und wie gut euer Verhandlungsgeschick ist. Dieses ist natürlich dann auch bei der Suche nach einem Ausflugboot gefragt. Vor Ort sind die einfachen Touren für etwa 15$ bis 20$ zu haben. Wer die letzte Variante wählt, weiß zumindest mit Sicherheit, bei wem sein Geld landet. Die sportlichen unter euch können sich in Siem Reap auch ein Fahrrad mieten und die 12 Kilometer bis zur Anlegestelle radeln.

Achtung: Bei den Bootstouren, die in die “größeren” schwimmenden Dörfer führen, ist immer etwas vorsicht geboten. Hier droht – so habe ich sagen hören – die Touristenfalle. In den Dörfern sollen dann Krokodilsfarmen bestaunt und in den ansässigen Restaurants gegessen werden. Ein paar Souveniers zu unverschämten Preisen gibt es noch oben auf. Wer erst vor Ort ein Boot sucht, sollte mit dem Führer ausmachen, über einen ruhigen Seitenarm des Flusses zum See zu fahren, um dort zu drehen. Der Eindruck bleibt der gleiche. Wer ohnehin durchs Land reist, ist vielleicht mit einer Bootsverbindung zwischen Siem Reap und Phnom Penh oder nach Battambang gut beraten. Auch diese führen an den schwimmenden Dörfern vorüber.

In der Nähe

Die Tempelanlage auf dem Phnom Krom gehört zum Angkor Archaeological Park und kann mit einem gültigen Ticket betreten werden. Vor allem zum Sonnenuntergang soll sich hier ein wunderschönes Panorama über den Großen See, den Tonle Sap bieten. Die drei verfallenen Turmheiligtümern sind der hinduistischen Dreieinigkeit Shiva, Vishnu und Brahma geweiht und liegen hinter dem buddhistischen Kloster. Erbaut wurden die Türme unter König Yashovarman I. im 10. Jahrhundert. Wer also nicht genug von den Tempeln der Khmer haben kann und den Tonle Sap See gesehen haben möchte, ist mit einem Ausflug zum Phnom Krom gut beraten.

Das Prek Toal Bird Sanctuary ist ein Vogelschutzgebiet am Tonle Sap. Hier finden von Oktober bis Mai, wenn das Wasser knapp wird, Tausende von Vögeln Zuflucht. Vor allem in den Morgenstunden sollen sich hier Reiher, Ibisse, Kormorane und Co. beobachten lassen. Der Eintritt ins Vogelreservat kostet etwa 25$ pro Person.