Auf dem großen Holztisch im hinteren Teil des Restaurants stehen schon jede Menge Gläser, einige Weinflaschen, Brot und Wasser. Als ich mich zu den anderen Teilnehmern des Weinseminars setze – wie ich allesamt Foodblogger – nippen diese bereits an ihrem Begrüßungssekt und schauen mich erwartungsvoll an: Ich habe mich leicht verspätet und bin mitten in die Vorstellungsrunde geplatzt.
Ehe ich mich’s versehe, habe auch ich ein Glas in der Hand, stelle mich kurz vor, und dann geht’s auch schon los. Ich bin gespannt, denn dies ist kein normales Weinseminar: Heute geht es ganz speziell um die Frage, wie man Wein und Speisen perfekt kombiniert. Eine Frage, die mich als Foodblogger, Weinfan und Genießer natürlich hochgradig interessiert.
Seminarleiter Jan Kreutz hat uns nicht nur Sushi, Käse und Schokolade mitgebracht, sondern auch eine Reihe von deutschen und indischen (!) Weinen aus seinem Fachhandel World of Boutique Wines. Das Seminar ist jedoch alles andere als eine Verkaufsveranstaltung: Zwar gibt es eine Preisliste am Ende der Seminarunterlagen, doch auf die weist Jan erst auf Nachfrage einiger Teilnehmer hin. Wissensvermittlung und Genuss stehen bei seinem Seminar eindeutig im Vordergrund.
Mit Bedacht hat Jan unterschiedliche Weine unterschiedlicher Stile ausgewählt: Weißweine mit viel und wenig Säure, fruchtig und cremig, mit und ohne Restsüße sowie leichte und kräftige Rotweine. Meist verkosten wir zwei bis drei Weine parallel und probieren dazu Speisen unterschiedlicher Geschmacksrichtungen (salzig, scharf, süß…).
Zwischendurch spielen wir heiteres Aroma-Raten: Reihum lässt uns Jan an fünf verschiedenen Aroma-Gläsern riechen, dann sollen wir zunächst aufschreiben, und anschließend vergleichen, was wir glauben gerochen zu haben. Klingt einfach, ist aber ganz schön knifflig! Ich bin stolz, wenigstens ein Aroma richtig erkannt zu haben: Zeder! Bei den allen lag ich mit einer Ausnahme immerhin nur knapp daneben (mehr oder weniger): Die Birne entpuppt sich als Apfel, die Limette als Zitrone und das Marzipan als Kirsche. Nur ein Glas gibt uns allen Rätsel auf: An Klostein erinnert es die einen, an Waschpulver die anderen. Und was ist es nun wirklich? Pfirsich. Äh… ja. Sehr zum Wohl!
Und wie kombiniert man nun Wein und Speisen?
Wie so oft im Leben gilt auch hier: Erlaubt ist, was gefällt. Jeder Mensch hat seinen eigenen Geschmack – was dem einen schmeckt, muss der andere noch lange nicht mögen. Am besten probiert ihr selbst aus, welche Kombinationen euch am besten gefallen. Ein paar Grundregeln, die Jan in seinen Seminaren vermittelt hat, können dabei aber helfen:
1. Harmonie und Kontrast?
Grundsätzlich gibt es bei der Kombination von Wein und Speisen zwei verschiedene Ansätze: Entweder versucht ihr, eine Harmonie zwischen dem Essen und dem Wein herzustellen – indem ihr zum Beispiel einen leichten Wein zu einem leichten Gericht serviert, oder einen süßen Wein zu einem süßen Dessert. Die andere Möglichkeit: Ihr setzt ganz bewusst einen Kontrast und bietet beispielsweise zum salzigen Blauschimmelkäse einen Süßwein an. Oder einen leichten Wein zu einem kräftigen Essen, um das Essen in den Vordergrund treten zu lassen beziehungsweise umgekehrt. Diese Entscheidung ist jedem selbst überlassen – es lohnt sich auf jeden Fall, beide Varianten auszuprobieren.
2. Mancher Fisch schwimmt auch in Rotwein gut
„White whine with the fish!“ Wer kennt sie nicht, diese klassische Regel, auf die auch Miss Sophie an ihrem 90. Geburtstag schwört? Doch passt die Regel auch wirklich immer? Meist schon – aber es gibt Ausnahmen! Zu Fisch, der von Natur aus kräftiger schmeckt (wie Thunfisch) oder auch zu Fisch im Speckmantel kann ein leichter Rotwein wie Spätburgunder wunderbar passen. Umgekehrt schmecken viele Weißweine hervorragend zu Geflügel oder Schwein – und ein gut gereifter Riesling kann sogar Rind, Lamm oder Wild begleiten.
3. Salzige Gerichte lieben Tannin!
Tannine heißen die Gerbstoffe im Rotwein. Sie geben uns das Gefühl, als würde sich der Mund zusammenziehen – adstringierend nennt das der Fachmann. Tannine verleihen dem Wein Struktur und machen ihn länger lagerfähig – aber ein Zuviel an Tannin empfinden wir oft als zu herb. Gut zu wissen: Salz mildert Tannin ab. Wenn ihr also zu einem tanninreichen Rotwein etwas Salziges zu essen serviert (zum Beispiel Peccorino oder Parmesan), wirkt der Wein viel milder und angenehmer. Die Kombination von Tannin mit Säure oder Süße hingegen solltet ihr vermeiden, denn beides verstärkt die Tannine und lässt den Wein noch bitterer erscheinen.
4. Vorsicht vor Säure im Doppelpack!
Vorsicht ist auch geboten, wenn ihr säurebetonten Weinen zu säurehaltigen Gerichten anbietet – zum Beispiel zu Salat mit Vinaigrette oder zum Sauerbraten. Denn die Säure aus dem Wein und aus dem Essen addieren sich – beide erscheinen also doppelt sauer! Hat der Wein allerdings zu wenig Säure, kann es passieren, dass er gegenüber dem säurehaltigen Gericht flach und fad wirkt. Hier gilt es ausprobieren, um die goldene Mitte zu finden.
5. Süße mildert Schärfe!
Zu scharfen Gerichten wie Curry schmecken Weine mit etwas Restsüße, zum Beispiel ein feinherber Riesling, wunderbar. Von tanninreichen Rotweinen hingegen solltet ihr in diesem Fall lieber die Finger lassen, denn die Kombination von Schärfe und Gerbstoffen lässt Essen und Wein bitter schmecken.
6. Süß und Süß gesellt sich gern
Eine gute Nachricht für Naschkatzen: Zu süßen Speisen passt ein süßer Wein am allerbesten. Nicht umsonst nennt man Süßweine auch Dessertweine! Dabei ist zu beachten, dass sich die Süße aus dem Essen und aus dem Wein gegenseitig abmildern. Der Dessertwein sollte immer etwas süßer sein als das Dessert selbst. Vorsicht jedoch bei Vorspeisen oder Hauptgerichten mit leichter, fruchtiger Süße: hier solltet ihr einen Wein mit nur leichter Restsüße wählen – sonst überdeckt er die Aromen des Essens. Trockene Weine zu süßen Gerichten wirken übrigens bitter und fad!
Ansonsten gilt: Probieren, probieren, probieren! Denn nur durch Experimentieren könnt ihr herausfinden, welche Wein-Speise-Kombinationen für euch persönlich funktionieren. Jan rät: Einfach mal zu Beginn der Woche zwei oder drei Flaschen parallel aufmachen, und dann jeden Abend ein anderes Lieblingsgericht kochen und die verschiedenen Weine dazu probieren. Mit einem Vakuumverschluss bleibt der Wein im Kühlschrank mindestens eine Woche lang trinkbar.
Ihr möchtet noch tiefer in die Kunst der Wein-Speisen-Kombination einsteigen? Jan bietet seine Weinseminare in Düsseldorf, Köln und Frankfurt an.
Und jetzt noch ein kleiner Tipp speziell für alle Düsseldorfer Weinfreunde: Die ProWein kommt auch dieses Jahr wieder in die Stadt! Zwar ist die Messe den Weinprofis vorbehalten, doch auch „normalen“ Genießer kommen auf ihre Kosten: Unter dem Namen „ProWein goes City“ organisiert die Destination Düsseldorf vom 10. -15. März ein spannendes Programm an Verkostungen und anderen Weinevents. Vielleicht ist ja auch das eine oder andere Event für euch dabei?
Vinophile Grüße aus der schönsten Stadt am Rhein
Maren