Weiterverkauf trotz Patentverletzung (Erschöpfungsgrundsatz)

"Die IBM Deutschland GmbH ist ein mittelständisches Unternehmen mit Sitz in Stuttgart."
Fritz Teufel, früherer Patentmanager
International tätige Konzerne haben viele Vorteile, wenn sie in ihren Märkten lokale Tochtergesellschaften gründen, z.B. steuerrechtliche. Auf einen weiteren hat gestern ein Urteil des Landgerichtes Mannheim gezeigt: Es hat der Klage der Motorola Mobility Inc. (deren Patente demnächst an Google gehen) gegen die Apple Inc. stattgegeben (Link), die auf das Angebot von iPhones in Deutschland abzielt. Begründet wird das Urteil mit drei Motorola Patenten zur Synchronisation von Nachrichten, gegen die Apple offenbar verstoßen hat.
Apple Inc muss Motorola nun Rechenschaft darüber ablegen wie viele solcher Geräte, die die besagten Patente verletzen, es seit 2003 verkauft hat und an wen.
Jetzt kommt der Punkt: Das Urteil betrifft nur den Stammsitz Apple Inc. in Cupertino. Alle anderen Unternehmen, insbesondere Händler, dürfen iPhones weiterverkaufen. Dies bewirkt der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz des Immaterialgüterrechts (Link). Der Inhaber eines Schutzrechtes (Patent, Marke, etc.) kann sich nicht mehr bei Produkten auf sein Patent berufen, die er willentlich in Verkehr gebracht hat. Heißt auf deutsch: Entlang einer Vertriebskette kann der Inhaber eines Patentes nicht jedesmal Lizenzgebühren verlangen, sondern nur in der ersten Stufe, in der er selbst lizenziert bzw. verkauft. Dahinter ist sein Recht auf das Patent "erschöpft". Und das ist gut so. Man stelle sich vor, man müsse beim Verkauf seines Gebrauchtwagens auch noch Patentlizenzgebühren an den Hersteller abführen. Das gilt dann aber auch für die Einräumung einer Patentlizenz. Der iPhone Hersteller hätte mit Motorola die Benutzung seiner Patente verhandeln müssen, aber nicht alle nachgelagerten iPhone-Händler. Telefongesellschaften, die das iPhone als Händler einkaufen und im Rahmen von Mobilfunkverträgen weitervertreiben, dürfen dies deshalb weiterhin tun.
Der Erschöpfungsgrundsatz veranlasst Patentinhaber also bei vermuteten Patentverletzungen gegen den Hersteller vorzugehen. Verbundene Unternehmen eines verurteilten Patentverletzers bleiben davon unberührt, z.B. ggf. die deutschen Apple Stores (Apple Retail Germany GmbH) oder der deutschsprachige Onlinestore, der von der Apple Sales International mit Sitz in Cork, Republik Irland, betrieben wird. Diese dürfen weiterverkaufen, weil Motorola von diesen nach dem Erschöpfungsgrundsatz keine weiteren Patentlizenzgebühren oder eine Unterlassung verlangen kann.
PS: Dieses Urteil erging nicht nach einer inhaltlichen Prüfung, ob iPhones die betroffenen europäischen Patente wirklich verletzen, sondern nach einem Fristversäumnis von Apple. Der Fall kann noch weitergehen (Widerspruch, Wiedereinsetzung,..).

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