Weitere Stimmen zu den Plänen zum Ausbau der Stromnetze

Abendstille, Quelle: Jetti Kuhlemann  / pixelio.de

Abendstille, Quelle: Jetti Kuhlemann / pixelio.de

Wenn man nach der aktuellen öffentlichen Diskussion um die Energiewende geht, ist der Ausbau der Übertragungsnetze momentan die vordringlichste Aufgabe der Energiewende. Die Übertragungsnetze sind jedoch nur ein Teil der Stromversorgung, auch die Verteilnetze gehören dazu, doch von diesen ist kaum die Rede. Der Ausbau der Übertragungsnetze ist vor allem wichtig, um den Strom der Windenergie aus dem Norden in den energiehungrigen Süden Deutschlands zu transportieren, was den Verband Eurosolar zur Kritik veranlasst, dass die zentralen Strukturen gefestigt werden.

Für Stephan Kohler von der deutschen Energie-Agentur dena ist der Netzentwicklungsplan hingegen auf dem richtigen Weg:  „Der Netzentwicklungsplan ist eine gute Grundlage für den Netzausbau. Er bestätigt die Ergebnisse der dena-Netzstudie und geht sogar noch darüber hinaus, weil der Ausbau der erneuerbaren Energien Jahr für Jahr die Erwartungen übertrifft. Jetzt kommt es darauf an, den Netzausbau zügig voranzutreiben und vor allem den Ausbau der erneuerbaren Energien daran anzupassen.“

„Wenn man die aktuellen Planungen der Bundesländer nach dem Szenario C zusammenrechnet, dann werden wir im Jahr 2022 aber rund 70 Gigawatt an Windkraftleistung installiert haben, was einen Netzausbau von ungefähr 4.100 Kilometern erfordert“, betonte Kohler. „Deshalb müssen Bund und Länder jetzt ein gemeinsames Vorgehen vereinbaren und die weitere Entwicklung genau festlegen. Auch mit unseren europäischen Nachbarn müssen wir uns besser abstimmen. Der rasche Ausbau stark fluktuierender Erzeugungskapazitäten stellt das deutsche und das europäische Stromsystem vor große Herausforderungen.“

Auch der Bundesverband  Windenergie zeigt sich zufrieden, fordert jedoch die Verwendung von Erdkabel und die Einbeziehung der Verteilnetzbetreiber:  ”Die Netze sind die Achillesverse der Energiewende. Mit dem nationalen Netzentwicklungsplan kommt jetzt hoffentlich mehr Bewegung in den Netzausbau. Der Plan zeigt klar, welche Hausaufgaben die Übertragungsnetzbetreiber zügig zu erledigen haben”, betont BWE-Präsident Hermann Albers. Die Windbranche sieht sich selbst auch in der Verantwortung, Lösungen im Bereich des Netzausbaus zu liefern. “Mit der Studie zu den Einspeisenetzen, die wir jüngst vorgelegt haben, zeigen wir, wie die Windparkbetreiber selbst Einspeisenetze bauen können und so für Entlastungen auf der Verteilernetzebene (110 kV) sorgen,” erklärt Albers. Zur Beschleunigung des Ausbaus der 110 kV-Ebene fordert der BWE des Weiteren die ausschließliche Verwendung von Erdkabeln. Auf allen Netzebenen sollten außerdem zur Ertüchtigung vorhandener Trassen moderne Hochtemperaturleiter zum Einsatz kommen. Die beiden genannten Maßnahmen bieten enormes Potenzial für eine Beschleunigung des Netzausbaus.

Aus Sicht des BWE ist es wichtig, dass das heute vorgestellte Investitionsvolumen für den Übertragungsnetzausbau in Relation zum Nutzen der Energiewende gesetzt wird: “Es handelt sich hierbei um eine nachhaltige Investition, mit der Deutschlands Stromnetze fit für die Zukunft gemacht werden. Denn nicht nur der Ausbau der Erneuerbaren Energien, sondern auch die verstärkte Anbindung ans europäische Netz sowie die künftige Einspeisung durch neue konventionelle Kraftwerke stellen Anforderungen, die das heute vollkommen überalterte Netz nicht mehr bewältigen kann. Eine alleinige Zuschreibung der Kosten des Netzausbaus auf die Erneuerbaren Energien ist daher nicht sachgerecht. Des Weiteren zieht die Energiewende massive positive Effekte für Deutschlands Volkswirtschaft nach sich”, so Albers. Entscheidend ist daher, dass der Netzausbau an die Bedürfnisse der Erneuerbaren angepasst werden muss und nicht umgekehrt. Denn klar ist: Die Politik muss weiterhin die Marschrichtung und -geschwindigkeit vorgeben, mit der die Netzbetreiber den Netzausbau realisieren müssen. Das gilt sowohl für die Übertragungs- als auch für die Verteilernetzbetreiber. Sollten die Netzbetreiber auch weiterhin ihrer Ausbaupflicht nicht nachkommen, hält der BWE die Gründung einer Bundesnetz-AG, an der der Bund größter Anteilseigner ist, für sinvoll.

Der NABU begrüßt, dass damit erstmals ein Gesamtkonzept für die weitere Ausgestaltung der Energiewende in Deutschland zur Diskussion vorliegt. “Der Netzentwicklungsplan zeigt verschiedene Optionen auf, welche Infrastrukturen für die Integration insbesondere der erneuerbaren Energien benötigt werden. Mit diesen Vorschlägen stehen wir aber erst am Anfang der Debatte darüber, wo wir welche Netzausbaumaßnahmen zur Umsetzung der Energiewende benötigen”, so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Im Rahmen der nun folgenden öffentlichen Konsultation müssen Netzbetreiber und die Bundesnetzagentur ernsthaft prüfen, wie das Ausmaß insbesondere der neu geplanten Stromtrassen weiter begrenzt werden kann.

Der NABU hält die vorgesehenen 3.800 Kilometer neuer Leitungen nicht für alternativlos. “Die Politik ist gefordert, auch andere Ausbaustrategien für die Energiewende zu verfolgen. Neben der Senkung des Stromverbrauchs könnte zum Beispiel ein Teil der geplanten Windenergie-Kapazitäten in der Nord- und Ostsee durch den stärkeren Zubau erneuerbarer Energien im Südwesten ersetzt werden”, so Miller. Erstmalig wurden in dem Entwurf auch 2.100 Kilometer Höchstspannungsleitungen in verlustarmer Gleichstromtechnik eingeplant, die sehr effizient den überregionalen Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch im Stromnetz leisten können und gleichzeitig die negativen Auswirkungen elektromagnetischer Strahlung verringern. “Auch andere innovative Technologien wie die Erdverkabelung sollten bei der weiteren Konkretisierung der Planungen stärker berücksichtigt werden – und zwar überall dort, wo Mensch und Natur durch Freileitungen unzumutbar beeinträchtigt werden”, forderte Miller.

Zudem müssten die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung für den Netzausbau abgewartet werden, die die Bundesnetzagentur begleitend zum Verfahren bis Herbst 2012 erstellt. Denn neue Stromtrassen bedeuten eine enorme Veränderung in der Landschaft und für die Lebensräume bedrohter Tier- und Pflanzenarten. “Der NABU erwartet eine transparente Darstellung durch die Netzbetreiber und später durch die Bundesnetzagentur, wie mit den Stellungnahmen aus den Umweltverbänden und den betroffenen Regionen umgegangen wird. Ein übereiltes Verfahren, bei dem die Bedenken der Öffentlichkeit als Bremsklotz der Energiewende abgestempelt werden, ist nicht akzeptabel”, so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Letztendlich müsse auch der Bundestag seine Prioritäten für den Netzausbau auf Basis einer verbesserten Planungsgrundlage deutlich machen.

Auch für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist der von den Netzbetreibern vorgestellte “Netzentwicklungsplan 2012″ (NEP) nicht alternativlos. Der Ruf nach dem Neubau von 3.800 Kilometern neuer Stromautobahnen berücksichtige nicht die künftigen Entwicklungen im deutschen Strommarkt. Diese hätten Auswirkungen auf den Netzbedarf und müssten deshalb in die Planungen einbezogen werden, sagte der BUND-Energieexperte Werner Neumann.

Die Minderung des Stromverbrauchs und ein beschleunigter Ausbau der Windenergie im Süden Deutschlands könnten einen Großteil der geplanten Leitungen überflüssig machen. “Jede Kilowattstunde, die nicht verbraucht oder die direkt vor Ort erzeugt wird, muss nicht quer durch Deutschland transportiert werden. Und das ist die Zukunft der Energieversorgung”, sagte Neumann.

Der BUND forderte die Bundesnetzagentur auf, im Rahmen der vorgeschriebenen strategischen Umweltprüfung (SUP) sämtliche Alternativen zu den vorgeschlagenen Netzausbauvorhaben zu prüfen. Dabei müsse es darum gehen, die Auswirkungen neuer Stromtrassen auf Natur und Anwohner zu minimieren. ”Wenn es Alternativen gibt, die den Ausbaubedarf verringern, dann müssen sie ebenfalls geprüft werden und im Zweifel Vorrang erhalten”, sagte der BUND-Experte. “Nicht eintreten darf, dass jetzt der Neubau möglichst vieler Trassen forciert wird. Viele davon könnten sich schon in wenigen Jahren als Fehlplanungen erweisen”, so Neumann.

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