Notizen aus dem Oberstübchen, so lautet der Titel dieses feinen Büchleins, das zur Zeit abwechselnd auf meinem Schreibtisch und in meinen Händen liegt. Und so vielfältig, wie wir des Denkens mit Hilfe des schwammigen Etwas in unserem Oberstübchen fähig sind, so vielfältig kommt auch Martin Gehrings Buch daher.
Eröffnet wird der belletristische Reigen durch ein Inhaltsverzeichnis, wahrscheinlich der „literary correctness“ wegen eingefügt, doch ich würde dieses kleine Werk, das mit einer seltsamen Mischung aus Lettern und Zahlen, sowie beinahe wissenschaftlich korrekt gesetzten Zeilenumbrüchen, aufwartet, als wenig nobelpreiswürdig einordnen.
Doch dann geht es los. Und wie sich am Ende am literarischen Pendant feststellen lässt, mit einer „Klammer auf“. Diese beiden, alles umklammernden Gedichte sind tief empfundene Poeme für den Vater des Autors, dem das - und ich nehme mein Resümee hier vorweg - wunderschöne Büchlein gewidmet ist. Leise kommen sie daher, zart. Sehr anrührend. Und frei von der Gehring‘schen Komik, die den Rest des Buches bestimmt.
Und in diesem Rest, immerhin noch 94 Seiten, bietet der Ulmer Autor eine köstliche Mischung aus Lyrik und Prosa. Und aus Prosa und Lyrik. Aber auch aus beidem. Angereichert mit eigenen, wohl schmeckenden Zeichnungen, zu denen Gehring vielleicht, wie im Buch geschehen, einen Chablis Grand Cru empfehlen würde, um den Genuss abzurunden. Doch auch mit einem Bier, gar mit einem Mineralwasser, lassen sich seine Texte aufs Wunderbarste schlemmen.
Unter den Gedichten findet man überwiegend Limericks, ganz ohne Zweifel, dafür stets mit Maß und Reim, seine Leidenschaft. Und man kommt weder aus dem Staunen über seine geografischen Kenntnisse, noch aus dem Schmunzeln und Lachen heraus. Aber auch etliche andere, tiefer sinnende, Gedichte sind enthalten - und mein persönlicher lyrischer Favorit, die Ballade „Vom Frosch, der einen Mac haben wollte“, ein herrliches Kleinod, das mir schon wiederholt die gute Laune wieder holte, wenn sie weg war. Jedenfalls muss man Gehring neidlos, und sehr gerne, bestätigen: Reimen kann er.
Und dann sind da noch die Prosatexte. Meine Lieblinge dabei sind die Texte, welche mir die „Wesen“ aus Martin Gehrings Gedankenzoo näherbringen. Ob es sich dabei um die gemeine WC-Ente handelt oder das Kulturgespenst, den Weingeist oder die Walduhreule, den Energievampyr oder den Nachtfalter – ich musste jeweils herzhaft lachen und mich innerlich vor Gehrings köstlicher Fantasie verbeugen.
Und es gibt Weiteres und Weiteres. Doch dann würde diese kleine Kritik eine große Rezension, müsste mindestens in der Schwäbischen Zeitung abgedruckt werden, und würde dem Autor, so sie ihm gefällt und er sie in irgendeiner Weise verwenden möchte, Kosten aufbürden. Deswegen schließe ich mit dem Satz:
Die „Notizen aus dem Oberstübchen“ sind sehr empfehlenswert – und deshalb bitte kaufen!