Kennt ihr das?
In der Hängematte liegen, die erste Frühlingssonne genießen, Osterglockenduft einatmen, Vögelzwitschern und in einer anderen Welt verschwinden.
Nach einem langen Tag ins Bett fallen, sich unter der wohligen Wärme der Bettdecke entspannen und mit der letzten Energie des Tages Heldenabenteuer erleben.
Eine lange Zugreise, die in Minuten zu verfliegen scheint und endet bevor man aussteigen möchte, weil man noch nicht die nächste Seite lesen konnte – und die danach und danach und danach.
Und das Schönste überhaupt: Im Gewühl und der Hektik des Alltags einen kleinen Laden betreten, der nach Papier duftet, wo die Luft schwer von Geheimnissen, Abenteuerlust und den wirklich großen Weisheiten ist und die Sehnsucht danach, all dies zu entdecken, immer stärker wird. Und die Vorfreude, wenn man mit schwerem Gepäck die Tür hinter sich schließt und es kaum erwarten kann, den 2. Satz zu lesen (den ersten kennt man selbstverständlich schon…).
Doch dieses Wunder, diese Leichtigkeit des Seins, hat viele Feinde.
Michael Ende hat schon 1979 eine wichtige Bedrohung erkannt: Die Welt der Phantasie geht unter, weil die Menschen einfach nicht mehr genug an sie glauben. Doch jeder Einzelne, im Fall von “Die unendliche Geschichte” der kleine Junge Sebastian, der das Buch über Phantasien liest, kann sie retten.
Als 1998 “The shop around the corner” neuverfilmt wurde und “E-Mail für Dich” herauskam, war bereits ein neues Problem bekannt: Große Buchriesen (im Film der Megastore “Fox Books”), die kleine romantische Bücherläden wie wir sie kennen, auffressen – und das (jedenfalls in Deutschland) trotz Buchpreisbindung!
Wobei heutzutage die großen Ketten wie Hugendubel, Thalia & Co ins Internet gezogen sind, um mit dem noch größeren Amazon mithalten zu können. Wie praktisch, Bücher einfach von zu Hause aus zu bestellen. Doch die Freude des Bücherschmökerns im Laden kann das Internet nicht ersetzen – aber muss es das überhaupt, fragt man sich heute, oder kann man das nicht auch leicht entbehren?
Ganz neu erfindet sich gerade ein anderes Problem für die kleinen Lädchen: War es früher noch unangenehm auf dem Computer lange Texte zu lesen, vertreiben heute selbst Buchhändler eBookReader und die passende Lektüre. Und so werden vielgeliebte Bücher, die sich über die Buchfremdheit der internetaffinen Jugend lustig machen, selbst absurd – hatte die Jugend doch irgendwie Recht: Bücher kann man scrollen.
Und so kommt es dann.
Hinter der Münchner Uni (LMU) machen derzeit ganze DREI Buchläden zu. Unter anderem die Buchhandlung Frank, bei der seit 135 Jahren Studierende ihre Bücher kauften.
(Quelle: Müchner Merkus: Unibuchhandlung Frank ist Geschichte)
Es bleiben zwar noch ein paar, unter anderem “Avicenna” – ein kleiner Buchladen, der noch all das besitzt, was die Romantiker an Buchläden lieben – aber auch sie haben zu kämpfen.
(Buchhandlung Avicenna, Quelle: Projekt Religionen in München – Schulprojekt der Münchner Religionswissenschaft)
Wir haben es in der Hand.
Wir können entscheiden, was mit Buchläden wie Avicenna geschieht. Mit der Macht unserer Einkäufe.
Warum?
- Weil echte Bücher beim Umblättern knistern und nach frisch bedrucktem Papier oder einer langen Reise duften.
- Weil man sich in kleinen Buchläden kennt und intellektueller Austausch nicht immer eine Uni oder Volkshochschule als Forum braucht.
- Weil Menschen ihr Herzblut in solche Läden gesteckt haben, seelisch mit ihm verbunden sind und neben ihrem Job auch einen Lebenstraum verlieren, wenn wir nichts tun.
Oder rationaler:
- Weil Bücher in Deutschland überall gleich viel kosten.
- Weil eine kleine Buchhandlung, auch eine auf ein bestimmtes Fachgebiet spezialisierte, jedes Buch bestellen kann und es i.d.R. gleich am nächsten Tag da ist.
- Weil Menschen ihren Job verlieren.
- Weil Buchläden Orte der Ruhe sind und man hier nicht einfach nur konsumiert, sondern sein Lebenselixier auflädt.
Schaut euch um? Ist in eurer Nähe ein (kleiner) Buchladen? Oder hinter eurer Uni, in der Nähe eurer Arbeit, eurer Lieblingsbar oder Sportverein? Ganz sicher, wenn ihr nur die Augen aufhaltet.
Dann kauft doch das nächste Mal dort und staunt, wie gut sich das anfühlt!
(Quelle: Stadtbücherei Bochum)