Von Weihrauch und Myrrhe und allerlei alten Geschichten.
“Himmel und Erde sollen überfließen von Weihrauch und der Duft soll im Fürstenhaus sein. Rein und makellos sollst Du sie mir darbringen, damit Salbe für die göttlichen Glieder daraus ausgepreßt wird (…)” (An Königin Hatschepsut 1490-1468 v. Chr., Tochter von Thutmosis I, die fast 20 Jahre lang die Geschicke Ägyptens prägte)
Und es war genau diese Königin, der ihre Leidenschaft und das Bedürfnis nach Weihrauch und Myrrhe am Ende vermutlich gar zum Verhängnis wurde. Können sie sich noch daran erinnern, daß man vor einiger Zeit im Ägyptischen Museums der Uni Bonn ein altes Parfumfläschen ausstellte, in welchem noch Reste des ursprünglichen Inhalts nachgewiesen werden konnten? Man fand darin, was nicht weiter verwunderlich ist, Reste verschiedener Harze, die in ihrer Zusammensetzung - und das war die Überraschung - aber weniger für ein Parfum, sondern viel mehr als Medizin Verwendung gefunden haben dürften. Um genau zu sein, war es eine Hautpflegesalbe für die Königin, welche, das ist mit Sicherheit überliefert, an einem schrecklichen Ekzem gelitten haben muß. Die aromatische Salbe, eine Mischung aus Ölen und Harzen, beruhigte die Haut (genau das ist eine der Wirkungen von Weihrauch und Myrrhe) und war aber auch gleichzeitig (vielleicht mit einem Fragezeichen zu lesen) für eine weitaus schlimmere und letzten Endes tödliche Erkrankung verantwortlich. Man nimmt heute an, daß Königin Hatschepsut an den Folgen einer Krebserkrankung starb und hier gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen dem übermäßigen Gebrauch dieser Baumharze und den gesundheitlichen Schäden - Benzpyrene. Ein polycyklischer aromatischer Kohlenwasserstoff, der sich in vielen Dingen nachweisen läßt. Raucher sind besonders gefährdet, Kaffeebohnen enthalten ihn auch, zu viel Grillen ist nicht gut, Benzpyrene finden sich im Boden, in Getreide, im Gemüse, in Industrieabgasen und in den verschiedensten Baumharzen. Und die karzinogene Wirkung ist seit langem bekannt. Jedenfalls dürfte es wie mit vielen Dingen sein: Die Masse machts und tägliches Einreiben und ein derart verschwenderischer Umgang mit Weihrauch blieb vielleicht nicht ohne Folgen?
Doch ich will meine Leserinnen und Leser nicht vom Räuchern abhalten. Keine Sorge, ich räuchere auch sehr gern. Hier der Beweis.
Mit Weihrauch, Styrax, Galbanum und Myrrhe bringt man ein Räucheropfer dar und die Kleider, in denen sich der aromatische Rauch verfing, dufteten angenehm nach den Gaben des Herrn. Vier Aromata, die während der Gottesdienste benutzt zu benutzen waren. Später nannte der Herr mit Zimt, Gewürzrohr, Nelken und Balsam vier weitere Duftstoffe und verpflichtete Mose:
“Und Aaron soll darauf wohlriechendes Räucherwerk verbrennen; jeden Morgen, wenn er die Lampen herrichtet, soll er es verbrennen.” (2. Mose 30/ 7-9)
Acht Wohlgerüche, aus acht wertvollen aromatischen Substanzen, benennt der Herr und er befiehlt:
“Du aber nimm dir wohlriechende, auserlesene Spezerei: fünfhundert Lot von selbst ausgeflossene Myrrhe, halb so viel Zimmet, also 250 Lot, ferner 250 Lot Würzrohr und 500 Lot Kassia, nach heiligem Gewicht, dazu ein Hin Olivenöl und mache daraus ein heiliges Salböl, ein Gemisch von Würzwerk, wie es der Salbenmischer bereitet; ein heiliges Salböl soll es sein.” (2. Mose 30/ 22-25)
Doch der edle Duft sollte nicht geteilt werden, denn was dem Herrn gehört, daß ist heilig und gehört Gott im Himmel allein. Dorthin steigen die Wohlgerüche auf - zu Ehren Gottes.
“Und der Herr sprach zu Mose: Nimm dir Spezerei: wohlriechendes Harz, Räucherklaue, Galbanum und reinen Weihrauch, von jedem gleich viel und mache Räucherwerk daraus, ein Würzgemisch, wie es der Salbenmischer bereitet, gesalzen und rein, für den heiligen Gebrauch. Und du sollst etwas davon rein zerstossen und davon in das heilige Zelt vor das Gesetz bringen, wo ich mit dir zusammenkommen will; als hochheilig soll es euch gelten. In derselben Mischung aber, in der du das Räucherwerk herstellst, sollt ihr für euch selbst keins machen, als etwas dem Herrn Geweihtes soll es dir gelten. Wer dergleichen macht, um sich an seinem Wohlgeruch zu freuen, der soll aus seinen Volksgenossen ausgerottet werden.” (2. Mose 30/ 34-38)
Die Zitationen zeigen den hohen Stellenwert an, der dem Räucherwerk für rituelle Zwecke beigemessen wurde. Es waren die kostbarsten Rohstoffe der damaligen Zeit; so kostbar und wertgeschätz wie Gold und selbst die Heiligen Drei Könige bringen neben dem Gold auch Weihrauch und Myrrhe. (Matthäus 2/ 10-11)
Und zum Schluß verrate ich ihnen noch, warum die Myrrhe so bitter schmeckt.
Myrrha (die Mutter des Adonis) muß unglaublich schön gewesen sein - vielleicht war sie sogar noch schöner als die Schaumgeborene Aphrodite selbst - und ihr Vater (Kinyras, König von Zypern) rühmte sich der Schönheit seiner Tochter so sehr, daß Aphrodite eifersüchtig auf Rache sann. Die gekränkte Dame erweckte in Myrrha das heftige Verlangen nach dem eigenem Vater und durch die Hilfe einer Dienerin gelang es der Tochter schließlich den König trunken und müde zu machen; ein Rausch, der nicht ohne Folgen bleiben sollte. Doch Kinyras bemerkte schon bald die Schwangerschaft seiner Tochter und um die Schande zu löschen, war er bereit, sein Kind zu opfern. Er verfolgte die fliehende Tochter, holte sie ein und erhob das Schwert gegen sie, um sie zu töten. Aphrodite jedoch, die inzwischen ihren Zorn bereute und Mitleid hatte, verwandelte Myrrha schnell in einen Myrrhenbaum, der von dem Schwerthieb gespalten wurde. Aus seinem Stamm wurde Adonis geboren - wunderschön.
Und so liefert der Myrrhenbaum bis heute aus seinem Stamm ein bitter schmeckendes Harz, dem große Heilkräfte innewohnen.
Myrrhe Commiphora myrrha Nees verströmt einen schweren, erdigen Duft, der sehr sinnlich und anregend sein kann. Ritzt man den Stamm des knochigen Baumes an, tritt ein zähflüssiges Harz aus. Es schmeckt murr, das arabische Wort für bitter.