Weihnachtsreflektionen einer Bahá’í

Von Wendepunkte

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Ist Weihnachten für Andersgläubige anders?

Die Antwort auf diese Frage scheint irgendwie selbstverständlich zu sein. Aber was hilft die Antwort, wenn die Frage nie gestellt wird? Nicht bewusst jedenfalls, dabei reden wir doch dauernd über unser multireligiöses Deutschland und ob der Islam jetzt dazu gehört oder nicht oder vielleicht schon viel länger tut als wir alle denken. Plötzlich scheint sich jeder auf unsere jüdisch-christliche Tradition zu besinnen und doch sind die Medien und überhaupt alles jetzt voll von Weihnachtsfreude und -kommerz. Nichts steht da von Chanukka. Ist unsere „jüdisch-christliche“ Tradition also nur ein Ausdruck politischer Korrektheit? Aber darüber wollte ich eigentlich gar nicht schreiben.

Vielmehr wollte ich erzählen, dass ich mich wundere. Ich wundere mich darüber, wie mir Leute strahlend erzählen, dass ihre Freunde verschiedene Religionen und dass das der Freundschaft keinen Abriss tut. Nein, darüber wundere ich mich noch nicht, denn ich habe hauptsächlich Freunde mit einer anderen Religion, soviele, dass es vielleicht korrekter wäre zu sagen, dass ich eine andere Religion habe. Aber niemand wäre auf die Idee gekommen zu sagen: „Hey, unsere Freundschaft ist besser oder schlechter als andere, weil wir verschiedene Religionen haben“. Wieder ein anderes Thema.

Also, ich, ich wundere mich darüber, dass sich trotzdem so wenige zu etwas anderem als Geburtstag und Weihnachten beglückwünschen. Bei Facebook lese ich ab und zu mal „Id mabruk an meine muslimischen Freunde“ oder ähnliches. Aber das sind nicht viele. Vielleicht wünschen sich viele alles Gute lieber im persönlichen Kontakt oder wenigstens privater Nachricht, als das gleich mit der ganzen Welt zu teilen, fände ich auch besser. Deshalb kann ich nicht pauschalisieren.

Aber wenn ich bspw. während  des Ridvanfests in meine Emails schaue, dann finde ich da nur Glückwünsche von anderen Bahá’í. Die Menschen, mit denen mich die längsten Freundschaften verbinden, und auch meine Familie, die größtenteils christlich ist, schweigen. Natürlich nicht absichtlich, sie wissen gar nicht, wann Ridvan ist, vielleicht haben sie sogar schon wieder vergessen, dass es existiert. Kann ich sie deshalb verurteilen? Nein, kann ich nicht.

Wenn keiner weiß, dass Ridvan zwischen dem 21. April und dem 2. Mai ist, dann ist das nicht unbedingt ihre Schuld. Natürlich weiß ich, wann Weihnachten ist oder sagen wir Pfingsten, auch ein wichtiges christliches Fest, aber nicht so medien- und marktpräsent. Und das nicht nur, weil es in jedem Kalender steht und offizieller Feiertag ist, sondern weil ich damit aufgewachsen bin. Die Bahá’í-Feiertage sind nicht so präsent und nicht jeder hat einen interreligiösen Kalender daheim (schade eigentlich!).

Deshalb ist es meine Aufgabe, meine Freunde daraufhinzuweisen. Natürlich wünsche ich mir insgeheim, dass meine Freunde selbst herausfinden, wann „meine“ Feiertage sind und mir selbstständig gratulieren. Schließlich ist der Bahá’í-Kalender doch auch ein Sonnenkalender, sodass man sich die Tage nur einmal merken muss. Aber ich bin genauso chaotisch wie sie und würde es ebenso vergessen, nehme ich an. Habe ich denn meinen muslimischen Freunden gratuliert? Pfui, Hanna, immer erst an die eigene Nase fassen!

Was also tun? Ich habe mir vorgenommen, erst einmal selbst bewusster zu feiern. Zum nächsten Ridvanfest werde ich mir einen Strauß Rosen kaufen und in mein Zimmer stellen. Und ich werde diese Lieblingsblume Bahá’u'lláhs auch an einige meiner Freunde und meine Familie schicken, zusammen mit Grußkarten zu Ridvan. Und für die Erklärung des Bab und all die anderen Feiertage fällt mir sicher auch noch was ein. Schenken ist doch ohnehin viel schöner als beschenkt zu werden und wer weiß, eines Tages …

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