Weihnachten wird in Bethlehem entschieden

Das Rennen um die letzten Geschenke hat begonnen, die Vorweihnachtszeit hat ihren Höhepunkt erreicht: Fleißig sorgen die Menschen in Deutschland dafür, dass die Geschäfte gut laufen und bis zum Heiligabend die Kassen klingeln. Und dann beginnt der Wettstreit: Wer hat das schönste, billigste und effektivste Präsent gekauft?

Um diese Frage schon heute leichter zu beantworten, prangern seit Wochen in Weihnachts- und „Media Markt“-Rot überdimensionale Plakate an Säulen, Wänden und Bushaltestellen.

Nachdem die „Ich bin doch nicht blöd“-Werbung bis heute vielen in den Köpfen geblieben ist, setzte man nun auf erneute Provokation. So rasch und flächendeckend, wie man die Menschen mit dem markanten und wiederzuerkennenden Design an allen Ecken und Straßenzügen überdeckt hat, so deutlich wird, wie schwer es dem „Media Markt“ und vielen in unserer kurzlebigen Zeit mit dem „Warten“, dem Erwarten der Ankunft Jesu im Advent, fällt. Die multimediale Kaufhauskette für Elektro- und Digitalgeräte aller Art hat die Winterzeit zum Kräftemessen mit seinen Konkurrenten genutzt – und das auf dem Rücken von christlichen Werten, Gefühlen und Traditionen:

„Weihnachten wird unterm Baum entschieden“, so steht es in großen Lettern, auch im Fernsehen präsentiert man sich mit diesem Spot. In seiner Selbstüberheblichkeit beansprucht „Media Markt“, alle anderen Geschenke ausstechen zu können – und damit im Wettbewerb Sieger über die Verkäufer zu sein, die aus seiner Sicht nicht den ersten Platz verdient haben. Dass der einzige Sieger des Weihnachtsfestes allerdings im Stall von Bethlehem geboren wurde, bleibt den auf Kommerz orientierten Verantwortlichen des Unternehmens ebenso verschlossen wie der Umstand, dass Weihnachten nicht der Moment des Kampfes um das Beste, Schönste und Preiswerteste ist. Weihnachten bedeutet Armut und Abweisung, Not und Angst in einem Stall. Das Licht in diesen dunklen Tagen bringt nicht das funkelnde Handy oder der leuchtende Flachbildschirm – Jesus Christus erhellt unsere Welt als Hoffnungsträger für Frieden und Gerechtigkeit.

T. Faix fragt in einem Buch, ob Jesus bei „IKEA“ einkaufen würde. Und nein, Jesus würde sicher auch nicht beim „Media Markt“ einkaufen. Seine Geburt ist die Entscheidung über die Erlösung, ist der so scheinbar zarte Neubeginn, der auf Gnade hinausläuft. Hierzu braucht niemand die Geschenke unterm Baum, sondern den Glauben daran, dass wir durch sein Erscheinen nicht verloren sind und hingeführt werden zu einem ewigen Leben, das alles Geschenkpapier und Schleifen, jeden Staubsauger und DVD-Player überdauern wird.

Manche Kommentatoren kritisierten auch die Nutzung des Futurs im Werbeslogan. Doch das Christfest ist nicht ein Ereignis, was man auf die Zeit von vor über 2000 Jahren zurückschieben und dort abstellen kann. Nein, entschieden wird auch heute noch – das mag der einzig richtige Satzteil der „Media Markt“-Promoter gewesen sein. Immer wieder neu bringt Weihnachten uns die Zuversicht auf den Augenblick, dass Jesus zurück in unser Leben kommt. Hineingeboren in unsere Probleme und Schwierigkeiten des Alltäglichen, kann er Halt geben und Mut machen, dass aus Krippe und Stroh die Erlösung erwächst. Mit dem Winzigen und Unerwartbaren findet Gott in unsere Mitte und macht uns deutlich, wie zerbrechlich wir sein können. Gott ist zu uns gekommen, um uns seine Liebe nahe zu bringen – indem er seinen Sohn schickt, einen wie uns. Er macht das Christfest damit zu einem Öffnen der Herzen, zum Empfangen seines Geistes, der uns anrührt und uns spürbar werden lässt, was Befreiung von Sünden wirklich bedeuten kann.

Dass es für den „Media Markt“ nicht zu mehr reicht als zur überhöhten Sehnsucht nach Aufmerksamkeit und Wettbewerbsgewinn, das mag zu Weihnachten besonders aufstoßen. Und doch ist es ein Spiegelbild einer Gesellschaft, die es nicht leicht hat, zum Christfest ruhig zu werden. Leistung, Druck und Erfolg plagen bis zuletzt – vielleicht bei vielen wirklich mit der einzigen Freude, schließlich doch das Passendste unter den Baum gelegt zu haben. Und so will man dieser Tage nicht nur den Machern im „Media Markt“ die Frage von Hermann Claudius von 1939 stellen: „Wißt ihr noch, wie es geschehen?“ (Evangelisches Gesangbuch Nr. 52). Und gleichzeitig empfehlen: Statt dem gierigen Wunsch nach astronomischen Höhen des Gewinns reicht schon ein bescheidener Blick in Richtung des Himmels, zum Stern von Bethlehem…

 von Dennis Riehle


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