Weihnachten in Tansania

Von Rsk6400

Ein paar weiße Wölkchen am Himmel sind das einzige, was – sehr entfernt – an eine “weiße” Weihnacht erinnert. Im übrigen ist es heiß, und selbst der dringend benötigte Regen lässt auf sich warten.
Vor und in dem Kloster haben wir einige einheimische Nadelbäume aufgestellt, die aber höchstens entfernt an eine Tanne erinnern (auf dem Foto links) und auch sonst nicht viel Sinn machen, da sowieso alle Bäume grün sind. Gerade fangen übrigens die Mangobäume an, Frucht zu tragen, und bis Februar gibt es reichlich frische, herrliche Mangos.
Die Chagga im Norden Tansanias pflegen den Brauch, dass zu Weihnachten die ganze Familie zusammenkommt, und die Busse sind im Dezember gut gefüllt mit Chagga, die nach hause reisen. Aber die Chagga sind ein besonderes Volk, sie gelten als wirtschaftlich und technisch sehr begabt (ich kenne nur zwei Chagga, Sr.Deogratia und Br.Edmund, beide sind Elektrikermeister und bei beiden stimmt das mit der Begabung), sie haben als erstes Volk in Tansania das Christentum angenommen, haben zuerst von den Missionsschulen profitiert und haben sogar als erste den friedlichen Kampf gegen die britische Kolonialherrschaft effektiv organisiert. Angehörigen anderer Völker scheint es dagegen nichts auszumachen, Weihnachten weit weg von zuhause zu feiern. Herr Elias, unser Buchhalter, hat noch die Hälfte seines Jahresurlaubs übrig, kommt aber gar nicht auf die Idee, zu seinen Eltern in das 1000 km entfernte Dar es-Salaam zu reisen. Ebensowenig reist Herr Mgimba in das nur 300 km entfernte Njombe. Beide sind Junggesellen, haben also keine Familie, die sie hier festhalten würde.
Beide Weihnachtstage sind gesetzliche Feiertage. Der Brauch der Geschenke scheint sich langsam durchzusetzen, viele Kinder bekommen Kleidung oder Schuhe geschenkt. Die Abtei schenkt jedem Arbeiter und auch jedem Rentner ein Geldgeschenk von umgerechnet 10 €. Dieses Jahr meinte Br.Petro, wir sollten das Geschenk der Einfachheit halber zusammen mit dem Monatslohn am 31.12. auf das Konto überweisen. Ich hatte Bedenken, denn als Deutscher verbinde ich einen gewissen emotionalen Wert mit Weihnachtsgeschenken, und vermutete, die Werkstattleiter würden das Geschenk wohl lieber persönlich überreichen wollen. Petro meinte, das sei egal, und in kulturellen Fragen folge ich eigentlich immer seinem Rat. Tatsächlich hatten die afrikanischen Werkstattleiter auch kein Problem mit dieser praktischen Lösung, aber dann kam ein empörter Anruf von Br.Ignaz, einem der wenigen deutschen Werkstattleiter, die wir noch haben. Da wir schon alles organisiert hatten, konnte ich ihm nicht mehr helfen, aber ich hatte nach dem Anruf das schlechte Gefühl, dem alten Mann einen großen Teil der Weihnachtsfreude verdorben zu haben.