Weihnachten in Kanyakumari – Disneyland in einem beschaulichen Fischerdorf

Erstellt am 13. Januar 2014 von Florian R

Kap Komorin, der südlichste Punkt des indischen Subkontinents. Hier endet dieses riesige Land. Ein Land, das kein Anfang und kein Ende zu haben scheint. Doch da ist ein Ende und zwar in Kanyakumari. Also der perfekte Platz für mich um das erste Weihnachtsfest auf meiner Weltreise zu begehen.

Allerdings ist Kanyakumari mehr als „nur“ das Ende von Indien, sondern auch mythologisch ist hier fast für jeden etwas dabei.


Für Hindus ist es ein wichtiger Pilgerort – wegen des Shakti Peethas (Schrein der heiligen Mutter Gottes), Christen und Moslems glauben, dass in Kanyakumari die ersten christlichen bzw. islamischen Missionare eintrafen. So soll St. Thomas (immerhin einer der 12 Apostel) 52 Jahr nach Christi geburt in Kanyakumari eingetroffen sein um den indischen Subkontinent von den Lehren Christi zu überzeugen. Aber das Fischerdorf ist auch reich an weltlichen Ereignissen. So wurde hier nach dem Tod von Baba G, wie die Inder ihren Nationalhelden Mahatma Gandhi liebevoll nennen, ein Teil seiner Asche dem Meer übergeben. Dem noch nicht genug, ist das Kap ein wunderschönes Naturereignis. Hier wo die drei Meere, Arabische See, Indischer Ozean und Golf von Bengalen, zusammentreffen.

All das klingt perfekt für ein Weihnachtsfest in Indien.

Ich war darauf vorbereitet, dass viele indische Touristen dort sein werden, doch Indien hat es wieder mal geschafft mich zu überraschen und auch wieder zu begeistern. Ich wusste schon das Kanyakumari kein beschaulicher ruhiger Ort in der Weihnachtszeit ist…, doch täglich mehrere 10.000 indische, und fast nur indische Touristen, die sich durch die kleinen Gassen und an der Küste entlang zwängen, vorbei an hunderten von… ja was eigentlich?- nennen wir es mal Souvenirläden mit allen möglichen Nippes, von Muschelketten, über Tupperware bis hin zum Topfset für die moderne indische Hausfrau. „Wahnsinn“ dachte ich bei meiner Ankunft und die Stimmung wurde nicht besser, als die Suche nach einer Unterkunft zu einem Ding der Unmöglichkeit wurde. „Full, no room !“ das waren die Antworten, die mir in jedem der gefühlt hundert Hotels entgegenschlugen.

Schlussendlich habe ich dann doch ein Bett gefunden. Und wie so oft habe ich mich auf das Abenteuer eingelassen und hatte eines der besten Weihnachtsfeste meines Lebens. ( …und ich bin normalerweise ein Weihnachtsmuffel!) Ich mischte mich also unter die indischen Touristen: Küste hoch, Küste runter und alles mit diesen Menschenmassen. Hier und da mal tönte in voller Lautstärke ein englischer Weihnachtssong aus Lautsprechern und indische Kinder trugen rote Weihnachtsmützen. Natürlich fällt ein Europäer wie ich hier auf. So posierte ich täglich 50 bis 100 Mal mit indischen Pilgergruppen, Schulklassen oder ganzen Familien für Fotos. Das hört sich anstrengend an aber nach einem halben Jahr in Indien bin ich manchmal sogar etwas enttäuscht wenn mich niemand nach eine Foto fragt.

Und dann Heiligabend: Ich hatte bereits die große Wallfahrtskirche entdeckt und war mir sicher, dass dort am heiligen Abend so einiges los sein musste. Seit Tagen waren indische Nonnen damit beschäftigt die Kirche und den riesigen Platz vor der Kirche zu schmücken und mehrere Bühnen aufzubauen. Doch was ich dann am Abend des 24. vorfand, war eine ganz neue Interpretation des heiligen Abends. Die große, mächtige und wirklich schöne Kirche erstrahlte bunt von tausenden kleinen Lichtern. So bunt, dass man erst auf den zweiten Blick realisierte, dass es sich unter dem Lichtergewand um eine Kirche handelt. Und vor der Kirche: PARTY! und zwar eine Richtige. Laute Musik, keine indische, keine Weihnachtsmusik, nein europäische und amerikanische Popmusik. Tanzende Kinder und Erwachsene. Als ob das noch nicht genug wäre, an jeder Ecke Feuerwerk. Ich verbrachte den ganzen heiligen Abend auf dem Kirchenvorplatz, bis weit nach Mitternacht. Hunderte von Menschen, die an mir vorbei gingen, wünschten mir ein frohes Weihnachtsfest. Manche blieben etwas bei mir sitzen und wir unterhielten uns oder saßen einfach nur da und schauten dem bunten Treiben zu.

Als ich da so saß vor dieser etwas unrealen Kulisse und die Menschen beobachtete, wie sie lachten, sich freuten und einfach Spaß hatten, dachte ich: Das ist doch der eigentliche Sinn des Weihnachtsfestes. Freude! Keine Tristesse unter dem Weihnachtsbaum mit unzähligen Geschenken, sondern einfach nur fröhliches Zusammensein und das Leben genießen.

An welchen verrückten Orten habt ihr schon Weihnachten gefeiert?