WEIMAR. (fgw) “Weihnachten im Schuhkarton” – ein Päckchen packen für die Kinder der Ärmsten der Armen in Osteuropa und Asien. Das klingt doch gut und die Medien machen sich im redaktionellen Teil stark für diese Aktion der Barmherzigkeit und Nächstenliebe. Und unkritisch unterstützen Lehrer und Erzieher diese Aktion. Meist ohne deren Hintergrund zu kennen.
Alle Jahre wieder in der Vorweihnachszeit rührt der evangelikale Verein “Geschenke der Hoffnung” die Werbetrommel und spricht dabei besonders Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter und deren Eltern an. Beschenkt werden sollen vor allem Kinder in ehemals sozialistischen Staaten oder in Dritte-Welt-Staaten, die sich einst oder noch heute fortschrittlich, säkular orientierten bzw. orientieren.
Doch worum geht es mit dieser Aktion? Wenn man sich den Verein genauer anschaut, dann geht es im Grunde nur um Missionierung und zwar ausschließlich um Missionierung im Sinne evangelikaler Sekten. Wie und womit die zu betreiben ist, dafür stehen die unten erwähnten “freiwilligen” Geschenkbeigaben aus der Feder des Baptisten-Predigers Billy Graham.
Proteste säkularer Verbände gibt es schon lange, doch diese gelangen zumeist nicht an die mediale Öffentlichkeit. Kritiker werden mundtot gemacht mit dem Argument, es handele sich ja nur um eine Weihnachtsfreude, ein Beschenken armer Kinder, um tätige Nächstenliebe.
Doch die Proteste haben schon einiges bewirkt. Während noch 2009 den Schenkenden empfohlen wurde, als wichtigsten Paketinhalt eine Kinderbibel einzulegen, so gilt das heuer als freiwillige Beigabe. Aber evangelikale Missionare wären nicht sie selbst, wenn sie hierfür keinen Ausweg gefunden hätten: Da die Verteilung der hier in Kindergärten und Grundschulen gepackten Schuhkartons vor Ort ausschließlich über dort tätige Missionierungsstellen erfolgt, geben nun diese “von sich aus” jedem Beschenkten ein kleines Zusatzgeschenk. Dazu heißt es beim Verein klar und deutlich: “… können wir ihnen den kindgerechten Glaubensgrundkurs “The Greatest Journey” (“Die größte Reise”) in ihrer Sprache anbieten. Darin lernen Mädchen und Jungen in zwölf Lektionen biblische Inhalte besser kennen. Jedes Kind, das daran teilnehmen möchte, bekommt seine eigenen drei Bände geschenkt.”
Solches Tun mag nun jedem Menschen, jeder Vereinigung überlassen bleiben, so lange man nicht andere dazu zwingt oder manipulativ dazu bewegt. Und daher stimmt es mehr als bedenklich, wenn auch in Thüringen Lehrer und Erzieher IN ihren bekenntnisfreien Schulen und Kindereinrichtungen massiv für diese Aktion werden. Das widerspricht eindeutig dem Gebot der weltanschaulichen Neutralität dieser Einrichtungen und der in ihnen Tätigen. Wenn, dann gehören solche Aktionen da hin wo sie hingehören und zwar in die Räume der Religionsgemeinschaften.
Leider machen sich, wie bekannt wurde, nicht nur Pädagogen öffentlich finanzierter Einrichtungen – aus welchen Gründen auch immer – für diese Form evangelikaler Missionierung stark. In Weimar zum Beispiel kommt Unterstützung auch von der Ehrenamtsstiftung und sogar von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft.
Auch wenn der katholische Klerus keine objektive Institution ist und hier über einen Konkurrenten im Kampf um neue “Schäfchen” urteilt, so trifft dennoch eine Stellungnahme des Bistums Trier voll und ganz zu, darin heißt es, daß “Weihnachten im Schuhkarton” in erster Linie eine evangelikale Missionsaktion sei, die auch keine nachhaltige Entwicklungshilfe leiste: “Die Aktion bewirkt keine langfristige Verbesserung der Lebensbedingungen notleidender Kinder.” – Nebenbei gesagt, auch Missionierungsaktionen der beiden Amtskirchen tun dies nicht!
Wenn Eltern und Kinder notleidenden Menschen in aller Welt helfen wollen, und das nicht nur zur Weihnachtszeit, dann sollten sie dies über weltanschaulich neutrale Hilfsorganisationen tun.
[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]
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