Einstein Kultur
Wie alle Jahre wieder weihnachtet es in München. An jedem Eck findet mal Christkindlmärkte mit pappigem Glühwein und Christbaumschmuck made in China. Wirkliche Tradition ist rar geworden, doch immerhin im Kindertheater geht es meist noch richtig besinnlich zu.
Eine wunderschöne Interpretation der Weihnachtsgeschichte heißt „Ox und Esel“, stammt aus der Feder des Autors Norbert Ebel und ist derzeit eines der beliebtesten und meistgespielten Kinder-Weihnachtsstücke in Deutschland. Diese herzliche Komödie hat sich auch die Münchner Gruppe Südsehen zum Weihnachtsstück auserkoren, sie wurde jedoch zum Teil von deren Gründer Robert Ludewig ins Bairische übersetzt und von Simone Birkner inszeniert. Heute durfte ich am ersten Spieltag zusammen mit einer aufgeweckten Kindergarten-Gruppe eine der Vorstellungen erleben.
Aber erst einmal zur Story: In einer kalten Winternacht kommt der Ochse von der Arbeit nach Hause in seinen Stall und freut sich auf sein Abendessen. Doch das stellt sich als schwierig heraus, da in seiner Futterkrippe ein kleines Baby liegt. Der Mitbewohner Esel, der in Sachen Klatsch und Tratsch immer auf dem Laufenden ist, kann das Rätsel schnell lösen. Er hat vom Jesuskind gehört, das in Bethlehem in einem Stall zur Welt gekommen ist und ist überzeugt, dass es ihr kleines Findelkind sein muss. Der Ochse ist nicht begeistert von dem schreienden Eindringling und verlangt vom Esel, dass er das Kleine los werden soll. Dieser bringt es jedoch nicht über’s Herz und als auch noch die Soldaten des bösen Königs Herodes anklopfen, um das Baby mit zu nehmen, beschließen die beiden Tiere, sich gemeinsam um den kleinen Jesus zu kümmern, bis die Eltern wieder kommen.
Wie schon in der ersten Inszenierung der Gruppe, Schillers „Kabale und Liebe“, spricht auch hier mit dem Esel nur ein Teil der Figuren Bairisch. Dies funktioniert sehr gut, weil die Figur durch den Dialekt automatisch warmherziger wirkt, als der auf hochdeutsch schimpfende Ochse. Außerdem passt das gelegentliche „I aa“ (also „Ich auch“) des Esels im Dialekt einfach perfekt zum Esel. Leider bewies sich in der von mir besuchten Vorstellung mal wieder, dass viele der Kinder die bairische Sprache nur noch schwer verstehen. Eine traurige Entwicklung. Trotzdem fieberten die jungen Besucher mit den Protagonisten und versuchten den verdutzten Stallbewohner mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Die beiden Schauspieler Robert Ludewig als Esel und Thomas Roon als Ox gingen auch sehr gut auf die Kinder ein, wohl eine der schwierigsten Herausforderungen im Schauspieler-Beruf. Beide Herren spielen mit Herz und Seele und schaffen es, ihren Figuren sowohl tierische als auch liebenswerte menschliche Züge zu verleihen. Der Ochse ist aufbrausend und laut, der Esel listig aber schnell eingeschüchtert. Durch viele Slapstick-Einlagen und großen Momenten der Freundschaft packen die beiden nicht nur die Kinder im Publikum.
Das Bühnenbild ist recht schlicht gehalten. Der kleine Stall besteht nur aus Brettern und ein wenig Stroh. Aber das reicht völlig aus, die gemütliche Atmosphäre eines Stadels darzustellen. Sehr interessant sind die Kostüme, die ebenfalls von Aylin Kaip stammen. Die beiden Protagonisten sehen mit heruntergekommenen Klamotten auf den ersten Blick aus wie Obdachlose, aber durch die Farbwahl und kleine Details wie einer grauen Krawatte als Eselsohren und vor allem viel kindlicher Fantasie werden aus den Schauspielern natürlich die Titelhelden. Eine super Idee!!
Man muss kein Kind sein und auch keine Kinder dabei haben, um an dieser beherzten Inszenierung großen Spaß zu haben. Selten bekommt man die Weihnachtsgeschichte aus dem Blick der „Helden im Hintergrund“ erzählt und es lohnt sich auf jeden Fall. Nicht zuletzt wegen dem passenden und erfrischenden Umgang mit dem bairischen Dialekt!
Die Spieltermine im Einstein Kulturzentrum und im Vereinsheim der Freunde der Vorstadt AU sind bald auf unserer Veranstaltungsseite und auf der Webseite der Gruppe zu sehen!
Südsehen