WAVEBUZZ TOP-30 LIEBLINGSALBEN 2016 – PART II (SARAH)

Hier kommt Teil II unserer jährlichen Wavebuzz Bestenliste (Marino´s Top 15 findest du hier). Jetzt mein Teil: Inklusive Begründungen, Ausscheidungen und Überlegungen. Überlegungen darüber, warum 2016 nicht so ein grosses Jahr der Musik war. Überlegungen darüber, dass dieser vorherige Satz komplett falsch ist. Überlegungen darüber, wie man mit Erwartungshaltungen und Engstirnigkeit viel verpasst. Mit einem Musikgeschmack entwickelt man stets ein Ego – irgendwann besitzt man das Gefühl, „eine Ahnung zu haben“. Doch man ist stets nur die passive Hörerin eines Werkes, das für die Macher eine komplett andere Bedeutung hatte. Darüber am Schluss der Liste mehr (falls ich dann noch schreiben mag).

WAVEBUZZ TOP-30 LIEBLINGSALBEN 2016 – PART II (SARAH)

1 ANGEL OLSEN – MY WOMAN
Die Liste beginnt mit Angel Olsen aus Missouri. Sie hat es geschafft mit ihrem diesjährigen Werk ihrem Vorgängeralbum „Burn Your Fire For No Witness“ ein sublimes Geschwisterchen zu verleihen (keine Angst: die Album-Kinder sind alle gleichermassen geliebt, einfach auf verschiedene Weisen… obwohl ich „My Woman“ schon ganz fest fest lieb habe höhö). Das Konzert der 29-jährigen Sängerin im Bogen F dieses Jahr zählt ausserdem zu den besten Konzerten meines Konzertjahres. Superlative sind zwar schwierig, gute Musik ist es allerdings auch. Speziell im Singer-/Songwriter-Indie-Saft-Bereich, wo alles gerne einmal zu einem Einheits-Smoothie zusammengemixt wird (btw: wer Smoothies mag, es geht später auch noch um „Lemonade“).

Angel Olsen hebt sich ab, indem sie kühl und dennoch höchst aufwühlend ihre poetischen Texte in musikalische Hübschheiten verpackt. „Never Be Mine“ spricht von einer Liebe, die niemals stattfand und dennoch stattfindet. Das Album „My Woman“ ist wie ein vergangenes Versprechen, das seinen verzerrten Weg in die Gegenwart findet. Das Album besitzt sowohl Hits („Shut Up Kiss Me“, „Intern“) als auch ausführliche Songs („Sister“). Zusammengehalten werden die 10 Songs durch den zerbrechlichen, eisig-kalt-melancholischen Gesang von Angel. Die mit einer feinen, eindimensionalen Stimme ein ganzes Universum kreieren kann.

Lieblingssongs: „Give It Up“, „Shut Up Kiss Me“, „Sister“

2 SIA – THIS IS ACTING
Sia, wo beginne ich hier. Die Songs auf „This Is Acting“ besitzen eine intrinsische Kraft, die sagt „Ich-habe-viel-gesehen-im-Leben-und-mein-Bewusstsein-ist-erschüttert-aber-ich-gebe-nicht-auf“. Kurz: Sia schreibt „Kampf“-Songs. Lieder für starke Menschen, die innerlich zerbrochen sind aber trotzdem wissen, wie schön die Welt ist. Die Erfolgsquote ihrer Songs geht seit ihrer Zusammenarbeit mit David Guetta durch die Decke und Sia ist heute einer der meistgehörtesten Popstars (btw: das Wort Popstar ist etwa so unsinnig und nichtssagend wie „Poptarts“, einfach dass das mal gesagt ist) der Welt.

Darum trägt die Australierin auch immer ihre typische – dis(s)kutierwürdige – Perücke auf der Bühne und lässt Wunderkind Maddie Ziegler in ihren Videos tanzen. (Der Grund, weshalb Sia Perücke trägt, lässt sich hier im Carpool-Karaoke nachsehen #suchatease). Es ist jedoch völlig egal, wie sich die Sängerin inszeniert, sie ist keine (frühere) Lady Gaga und keine Rihanna. Und das muss sie auch nicht sein. Was einige vielleicht nicht wissen: Sia machte schon immer ähnliche Musik wie heute. „We Are Born“ (2008) ist ebenso zu empfehlen wie „This Is Acting“. Gönn´ dir.

Ps. Der Live-Auftritt von Sia am Sziget Festival 2016 in Budapest war allerdings seltsam. Man fragte sich, ob sie wirklich auf der Bühne stand und auch funktionierte die Musik nicht vor einer Grossmasse von zehntausenden Menschen.

Lieblingssongs: „House On Fire“, „Bird Set Free“, „Unstoppable“, „Cheap Thrills“

3 LADY GAGA – JOANNE
„It´s a fired up world. Does it all make sense?“ Lady Gaga bringt ein neues Album hiess es. Sie sei anders, hiess es. Und tatsächlich: In der Vorabsingle „Perfect Illusion“ trug sie gar nicht so crazy Fleischkostüm-Ganzkörperspitzen-Kleidung… Ist das noch dieselbe Figur der zeitgenössischen Popkultur und ist das noch die Heldin mit den Little Monsters als Fans? Nein und ja. Ein Imagewechsel wurde vollzogen und „Joanne“ wurde mit einem mattrosa Hut geboren. Die  Stimme und die Songwriting-Skills sind jedoch immer noch dieselben. Das Album hat einen Touch von etwas weniger Effekthascherei, es ist gemacht für „The Voice Of xy Country“ – Performances und es ist very American (mit Gott und Liebe und Glaube und Countryside und so). Es sind von A bis Z wunderschöne Stücke, die sich zuhause an einem Sonntagnachmittag hören lassen. Vielleicht kann man gerade noch den Abwasch dazu erledigen?

Ps. Will ich jetzt auch so einen Hut?

Lieblingssongs: „Joanne“, „Angel Down“, „Grigio Girls“

4 GLASS ANIMALS – HOW TO BE A HUMAN BEING

Die Dschungel-Spuren vom ersten Album „ZABA“ der Engländer habe ich gar noch nicht verdaut (hier geht es zum damaligen Review), da bringen sie doch einfach schon ihr nächstes Album „How To Be A Human Being“. Wir wandern von „ZABA“ zu „How To Be A Human Being“, vom Dschungel in die Wüste.  Bei Kritikern erhielt das Album gemischte Rezensionen von gut bis unreif. Aber da ich diese Bestenliste mit bestem Gewissen von mir aus schreibe, ist hier auch nur meine subjektive Meinung vorzufinden, die dennoch einen Anspruch auf Analyse hat: Ich finde das Album ist ein Abstraktum, das sich sowohl in den Lyrics und in den eingesetzten Sounds (oftmals finden sich Collagen von Sounds, die sie auf Tour aufgenommen haben, in den Songs wider) bemerkbar macht. Das Artwork und die Musikvideos besitzen einen Wes-Anderson-Touch. Der Musikstil der Band ist verschwurbelt-einzigartig und setzt sich sowohl aus Beats als auch aus Synthies zusammen. „How To Be A Human Being“ ist ein 3D-Soundcollagen-Puzzle.

PS. Da ich die Lyrics ja so schön finde, möchte ich auch gerade an dieser Stelle meine Lieblingsstelle (aus: „The Other Side Of Paradise“) zitieren:

„Bye-bye, baby blue
I wish you could see the wicked truth
Caught up in a rush it’s killing you
Screaming at the sun you blow into
Curled up in a grip when we were us
Fingers in a fist like you might run
I settle for a ghost I never knew
Super-paradise I held on to
But I settled for a ghost“

Lieblingssongs: „Cane Shuga“, „Agnes“, „The Other Side Of Paradise“

5 ISOLATION BERLIN – UND AUS DEN WOLKEN TROPFT DIE ZEIT

Der Preis des schönsten Albumtitels geht an… Isolation Berlin. Isolation Berlin gehören zu jener Gruppe deutscher Bands, die Desillusion und Grauheit als Lebensstil pflegen. Das Fernweh ist hier Thema sowie Verzweiflung über das normale Leben. „Fahr Weg“ als Beispiel ist ein Song, der eine Lösung implementiert: Fährt man weg, ändert man etwas in seinem Leben, anstelle zu jammern, dann kann alles besser sein. Die Songs sind punkig, poetisch und glaubhaft.

Ps. Live sind Isolation Berlin eine kleine Wucht – die ganze Band ist am Ende nass (vor Schweiss). War zumindest so am Sziget Festival 2016 (ok. es war auch warm.).

Lieblingssongs: „Fahr Weg“, „Herz aus Stein“, „Ich wünschte ich könnte“

6 NIKI & THE DOVE – EVERYBODY´S HEART IS BROKEN NOW
Sängerin Malin Dahlström besitzt diese scharfe nordische Popstimme (Lykke Li? Karin Park?) und auch die Musik, die das schwedische Electro-Pop-Duo produziert, ist paradebeispielhafter Scandi-Pop (wenn ich das mal so nennen darf). Seit ihrem Erstlingswerk „Instinct“ (2012) sind nicht nur über vier Jahre vergangen: Musikalisch orientieren sich die zwei unverkennbar an den Achtzigern. Inhaltlich geht es um Herzschmerz und Liebe. Das aber auf eine sehr abgedämpfte Art: „Play It On My Radio“ ist inhaltlich und formal nostalgisch – diese Doppelung wird jedoch gebrochen durch die beruhigenden Drums. Bei „Coconut Kiss“ kommt weiterhin zum Tragen, dass es nicht ein weiteres „Ah-wir-machen-einen-auf-80s-das-funktioniert“-Album wurde. Hier werden Soul-Beats gemischt mit einem subtilen Südinsel-Flair (Reggae, ganz entfernt?). Einen Überhit sucht man auf dem Album vergebens: Es ist ein Gesamtkonstrukt, bei dem ich gemerkt habe, dass ich es einfach immer wieder gehört habe. Für das Gefühl von trockener, abstrakter Melancholie. Ein schönes Gefühl.

Lieblingssongs: „Play It On My Radio“, „So Much It Hurts“, „You Want The Sun“

7 FRANKIE COSMOS – NEXT THING

„Your name is a triangle your heart is a square“. Frankie Cosmos hat mit dem Song  „Fool“ wohl den desinteressiertesten Broken-Heart-Text überhaupt geschrieben („I thought we could eat bread I thought we could talk“). Hier erzählt sie vom Warten auf den- / diejenige, das Warten auf etwas. Sie erzählt vom Warten durch Erwartung. Würde mir jetzt jemand die Aufgabe geben, „Next Thing“ in einem Adjektiv zu beschreiben, so würde ich dieses auswählen: anmutig. Anmutig singt Frankie Cosmos (die im richtigen Leben Greta Kline heisst) von ihrer Sozialphobie („O Dreaded C Town“), anmutig singt sie von ihren unheimlichen Tagen („Sinister“) und anmutig singt sie vom Hund ihrer Zukunft und was der Hund alles an ihrem „Ich“ verändern würde („If I Had A Dog“). Dieses Album landete nicht zu Unrecht auf zahlreichen Bestenlisten (CoS, Pitchfork, Stereogum…). Anmutig.

Lieblingssongs: „Fool“, „Is It Possible / Sleep Song“, „On The Lips“

8 WEYES BLOOD – FRONT ROW SEAT TO EARTH

Von Singer-/Songwriter zu… SINGER-/SONGWRITER. Man glaubt es kaum #omg. Sie ist die Joan Baez des Jahres 2016 – Natalie Mering aka Weyes Blood.. Die Folk-Songs auf dem Album „Front Row Seat To Earth“ klingen allesamt wie der Song „California Dreaming“, und doch etwas anders (sonst könnte man ja einfach 9x „California Dreaming“ hören…). Die 70s-Folk-Hippie-Allüren sind auf dem Album allerdings klar merklich, jedoch besitzt das Werk einen ebenso modernen Anspruch: Im Song „Do You Want My Love“ wird beispielsweise je länger je mehr der Song selbst re- und dekonstruiert. Der über sechsminütige Song entwickelt sich ins Orchestrale, ins Post-Folkige, ehe er mit einem sentimentalen Diminuendo beendet wird. Ein Fragezeichen und ein Offenlassen. Viele Songs sind Whisky-bei-Regen-im-Lehnstuhl-Lieder. Sie sind schwermütig, ohne belastend zu sein. Schon lange gab es kein Album mehr, das mich in dieser Kategorie so ergriffen hat. Mit Abstand der beste Song ist „Seven Words“ – den könnte es wirklich schon länger geben. Es wirkt fast so, als ob er schon immer da war.

Lieblingssongs: „Seven Words“, „Diary“, „Away Above“, „Do You Need My Love“

9 JENNY HVAL – BLOOD BITCH

Jenny Hval ist keine leichte Kost. Kein Nebenbei-Album für das bisschen Stimmung. Man würde es wohl gemeinhin als „Avantgarde“ und dicht bezeichnen. Denn: in all den Songs (produziert mit Lasse Marhaug) schlummern klar implizierte Bedeutungen – die Instrumente sind gezielt eingesetzte Klänge, die Bilder malen. „Blood Bitch“ ist wie ein Besuch in einem Museum der Synästhesie. In der Tat greift die Norwegerin auch wirklich Kunst- und Filmthemen auf und setzt diese auf eine Ebene des Musikalischen: In „Period Piece“ geht es um die weibliche Menstruation, angelehnt an ein Werk der Künstlerin Lani Beloso. Nomen est wieder einmal omen: Blut zieht sich thematisch durch alle Songs auf „Blood Bitch“. In „Untamed Region“ finden sich Samples des britischen Regisseurs Adam Curtis wieder uswusw. „Blood Bitch“ ist ein Album wie gemacht für ein Seminar an der Uni. Man könnte wohl wochenlang über dessen interkulturelle Vernetzung, dessen Einflüsse aus anderen Kunstform und dessen Ebene des Politischen sprechen. Hört man sich das Album jedoch ohne Vorwissen an, klingt es wie eine nicht freigeschaltete Karte in einem Online-Game: Spannend und neu. Eine Herausforderung.

Lieblingssongs: „Conceptual Romance“, „Untamed Region“, „Female Vampire“

10 JULIA JACKLIN – DON´T LET THE KIDS WIN

Eine Singer-/Songwriterin mit Anspruch auf Dream Pop. Julia Jacklin könnte Angel Olsens (siehe Punkt 1) leichtherzigere Schwester sein. Jedoch hebt sich die kleine Schwester von Angel Olsen doch bisschen ab: Die Songs sind geradliniger, direkter und simpler. Bei Julia Jacklin bekommt man das Gefühl, dass sie all ihre Songs in Shorts auf einem Teppich vor einem Kamin schreibt. Den Kamin braucht es eigentlich gar nicht, da es, dort wo Julia Jacklin ihre Songs schreibt, sehr warm ist. Doch sie braucht diesen Kamin für ihre Inspiration. Sie will das tiefgründige Wintergefühl in den Sommer bringen. Ihr ist das gelungen: „Don´t Let The Kids Win“ ist ein hübscher Winter-Sommer-Mix. Raclette mit Twister-Eis.

Lieblingssongs: „Same Airport, Different Man“, „Leadlight“, „Pool Party“

11 WHITNEY – LIGHT UPON THE LAKE
Chillt es mal ein wenig mit der Liebe. Hier kommt ein weiteres Album innerhalb dieser Liste, in welchem es um die Aufrechterhaltung von zwischenmenschlichen Beziehungen geht. „Light Upon The Lake“ ist ein Psychedelic-Indie-Folk-Album, das viele Musikkritiker glücklich gemacht hat. Auf Empfehlung hin habe ich mir das Album der Band aus Chicago – geformt aus Bandmitgliedern Smith Western und Unknown Mortal Orchestra – im Herbst dann auch einmal angehört und ich muss sagen, ich teile Frohsinn und Glückseligkeit. „Light Upon The Lake“ bringt tatsächlich etwas Licht in die emotionale-aber-doch-nicht-übertriebene Folk-Welt. Der verklärte Gesang erinnert in Teilen entfernt an Bon Iver – die Musik ist jedoch trotz Genre-Verwandtschaft sehr anders als diejenige von Bon Iver (die Songs haben auch Namen).

Lieblingssongs: „Golden Days“, „No Woman“, „Follow“

12 LA SERA – MUSIC FOR LISTENING MUSIC TO
Wenn ein Albumtitel jemals Programm war, dann ist es der Albumname „Music For Listening Music To“. Katy Goodman (ehemals: Vivian Girls) legt mit ihrer Band La Sera eine eigenartige Mischung aus Belanglosigkeit und Schönheit dar. Die Prise Selbstironie des Albums macht den grossen Unterschied: Man würde zwar nie einen Song des Albums rausnehmen, zu einem Freund gehen und sagen: „Wow, hör´ dir mal das an, das ist so richtig neu und innovativ.“ Gleichzeitig erwischt man sich allerdings doch immer wieder, Songs wie „Begins To Rain“, „High Notes“ oder „Take My Heart“ wieder und wieder zu hören.

Lieblingssongs: „Begins To Rain“, „Shadow Of Your Love“, „A Thousand Ways“

13 CAR SEAT HEADREST – TEENS OF DENIAL
Car Seat Headrest machen schrammeligen Lo-Fi, wie er in CD-Regalen von vielen Surfer- und Strandfans steht: Vom extravaganten Bandnamen über extravagante Songtitel („(Joe Gets Kicked Out of School For Using) Drugs With Friends“, „Connect The Dots (The Saga Of Frank Sinatra)“)  über ihre kreativen Songwriting-Skills – alles ist in dieses Auto hineingepackt. Car Seat Headrest sind viel mehr als nur die Kopfstütze im Auto. Sie sind das Auto, der Verkehr und die Strasse. Und Will Toledo, der Kopf der Band, ist der Himmel, aus dem die vielen kreativen Einfälle regnen. „Teens Of Denial“ bewegt. Weshalb? Nebst den geist- und ideenreichen Arrangements versteht man die Lyrics sehr gut. Und diese sind auf lockere Weise hochintelligent. Hier zwei Textauszüge – join the ride:

“Last Friday, I took acid and mushrooms/I did not transcend, I felt like a walking piece of shit/in a stupid-looking jacket.”  – (Joe Gets Kicked Out of School For Using) Drugs With Friends“

„I used to like the mornings
I’d survived another night
I’d walk to breakfast through the garden
See the flowers stretching in the sunlight

Now I wake up in the mornings
And all the kindness is drained out of me
I spend hours just wincing
And trying to regain some sense of peace“ – „The Ballad Of Costa Concordia“

Lieblingssongs: „The Ballad Of Costa Concordia“, „Fill In The Blank“, „Drunk Drivers / Killer Whales“, „Joe Goes To School“

14 DAVID BOWIE – BLACKSTAR
Das Album ist dunkel und jazzy. David Bowie wusste während der Produktion schon um seine unheilbare Krebserkrankung. Dementsprechend reicht das Spektrum von „Blackstar“ von düster über dissonant bis hin zu melodiös. „Blackstar“ ist der dunkle Stern am Himmel, den man nicht sehen kann, der aber dennoch da ist. „Blackstar“ wurde ein sehr extravagantes, eklatantes Album eines Menschen, der dieser Welt so viel Kultur- und Gedankengut geschenkt hat, wie kein zweiter. So viel Liebe, David Bowie. So viel. Für dich. Für immer. Auf allen Planeten des Universums. Schon immer.

Lieblingssongs: „Lazarus“, „Blackstar“, „Dollar Days“

15 BEYONCE – LEMONADE
Beyoncé ist der dritte grosse weibliche Popstar, den ich in diese Liste ganz gerne aufnehmen möchte. Auch wenn ich gespaltener Meinung bin zu ihrer Musik von himmelhochjauchzend bis zu Tode langweilig – ist „Lemonade“, das als „Visual Album“ gilt, ein Teil des Himmels geworden. Ein Album ist ein Album ist ein Film: Zum Album gibt es einen einstündigen HBO-Film, der ebenfalls von Filmkritikern in gewisse Bestenlisten hochgehoben wurde. Ebenso sind die Musikvideos zu erwähnen, die hoch glänzend sind. Es tropft merklich fast der Schweiss aus den 4K-Videos heraus, so viel Arbeit steckt darin. Auch das Album ist als Gesamtes ein artistisches Gut, das bei jedem Hören nur besser wird. Zu all dem gilt zu sagen: Beyoncé ist natürlich nicht nur Beyoncé. „Lemonade“ ist eigentlich ein Cocktail aus High-End-Produzenten und Super-Creative-Directors (ja, Anglizismen und Bindestrichwörter mag ich schon ein bisschen). Um nur einige Namen zu nennen: Diplo, Ezra Koenig, Jack White, James Blake etc. Ein Werk, das von der Oberfläche in die Tiefe geht. Man muss es auspressen, wie die Zitronen, die man in sein Getränk tröpfelt, damit es besser schmeckt.

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NACHTRAG: Ich wollte ja noch etwas loswerden (wenn du das liest, weiss ich auch nicht genau, warum (?), aber es freut mich, denn: du wagst dich in nicht vorgeformte Welten, in Welten aus unfertigem Denken und Tiefen des subjektiven Selbst.) Hier sind meine (unfertigen) Kommentare zu der obigen Einleitung dieser Bestenliste.

Nachtrag A: Überlegungen darüber, wie man mit Erwartungshaltungen und Engstirnigkeit viel verpasst.

Ich habe in den letzten zwei Monaten dieses Monats etwas über den eigenen Tellerrand meines Musikgeschmackes geschaut. Und ich hätte auch vorhin schon nicht gesagt, dieser Teller wäre klein gewesen. Ich dachte sogar, der Teller wäre gross. Dass es viel Platz darauf gibt für viele Genres und für viel ungewohnte Musik. Ich weiss nun jedoch: Die Welt ausserhalb meines Tellers, so gross er auch sein mag, ist verhältnismässig kolossal. Ich bin ernüchtert und will in Zukunft nicht mehr mein Essen (das eine Analogie zur Musik ist) einfach nur von meinem Teller essen.

Nachtrag B: Mit einem Musikgeschmack entwickelt man stets ein Ego – irgendwann besitzt man das Gefühl, „eine Ahnung zu haben“. Doch man ist stets nur die passive Hörerin eines Werkes, das für die Macher eine komplett andere Bedeutung hatte. Darüber am Schluss der Liste mehr (falls ich dann noch schreiben mag).

Nicht dass ich mein Musik-„Ego“ als sehr gross erachten möchte. Aber es geht in die selbe Schiene, die ich vorhin mit meiner schlecht-und-recht-geschickten Teller-Analogie erklären wollte: Wir Menschen verlieren uns zu gern in Mustern. Niemand hat mehr oder weniger Recht etwas gut oder schlecht zu finden, solange sie oder er es so begründen kann, dass es für jede eben so kritische Person verständlich ist.

Auch finde ich die Gleichströmigkeit von Musikkritik und Medienarbeit an sich ziemlich bedenklich. Da Musik so schwierig zu beschreiben ist, haben gewisse Medien einen Stil entwickelt, von dem sie glauben, das ist die Art, etwas zu rezensieren. Jedoch gilt auch hier: Es ist weder wahr noch falsch und zu guter Letzt: Haben wir alle nicht die Musik gemacht. Die stammt von den Künstlern, denen wir wundervolle – wenn nicht die wundervollsten – Stunden unseres Lebens zu verdanken haben.

Hach, diese Festtage machen einen nachdenklich und sentimental. Wine statt whine?

Merry Xmas & A Happy New Year❤


Tagged: 2016, Albums, alternative, Angel Olsen, Bestenliste, Beyonce, Car Seat Headrest, David Bowie, Frankie Cosmos, Glass Animals, Indie, Isolation Berlin, Julia Jacklin, Lady Gaga, Niki And The Dove, Sia, Top List, Weyes Blood

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