"Watch The Skies!"

Von Watchman @scifiwatchman

Amerika geht es im Moment nicht sonderlich gut: Das Land erholt sich nur schleppend von der Weltwirtschaftskrise, die Arbeitslosigkeit ist hoch und der Konsum, bislang immer der Motors des Jobwunders, will einfach nicht anspringen. Innenpolitisch stehen sich die Anhänger der beiden großen Parteien unversöhnlich wie nie gegenüber und die Tatsache, dass ein Präsident, der auch den Ärmsten ein Mindestmaß an Krankenversorgung zukommen lassen will, von seinen Gegnern auch schon mal mit Hitler verglichen wird, zeigt, dass die Sachlichkeit die politische Diskussion längst verlassen hat. Die USA sind zutiefst gespalten, der amerikanische Traum ist ins Wanken gekommen.

Photo:Markusram
Wie sehr sich die Menschen im Land der einstmals unbegrenzten Möglichkeiten bedroht fühlen, lässt sich auch an der großen Zahl von Invasionsserien und Filmen zum gleichen Thema ablesen, die bereits angelaufen sind oder in den nächsten Monaten ins Haus stehen.

Im Remake der Serie "V" suchen adrett gekleidete Aliens, die auch als Investmentbanker durchgehen würden, die Menschheit auf, um ihr im Stile findiger Anlageberater das Blaue vom Himmel zu versprechen. In Wirklichkeit haben sie die Erde schon längst unterwandert und wollen als Erfolgsprämie nun gleich den ganzen Planeten kassieren.
Mit ihrer subtilen Art stellen die Besucher in "V" allerdings die Ausnahme dar, denn ansonsten ziehen es die Außerirdischen vor, ohne Kriegserklärung die Welt anzugreifen und sie in Schutt und Asche zu legen. So wird es in der kommenden Serie "Falling Skies" sein und auch in "Battle: Los Angeles" läuft alles auf ein alternativloses Der Feind oder Wir hinaus. Im bereits angelaufenen Streifen "Skyline" locken die Invasoren die Menschen wie Motten zunächst mit einem speziellen Licht an. Als die Erdbevölkerung beginnt sich zu wehren, packen die Aliens die schweren Geschütze aus, so dass auch in diesem Fall kein Stein auf dem anderen bleibt.

Mit ihren Zerstöungsorgien berührt Hollywood einen sensiblen Punkt des Publikums, das auch noch im zehnten Jahr nach 9/11 weit davon entfernt ist, sich von diesem Trauma erholt zu haben. Doch die Traumfabrik liefert zur Katastrophe den Balsam für die geplagte Volksseele gleich mit: Helden. Es werden nicht die Politiker sein, die Amerika in seiner schwersten Stunde retten, sondern einfache Menschen, die jene Tugenden verkörpern sollen, welche das Land einmal stark gemacht haben. Sie setzen sich für die Schwächeren ein, übernehmen Verantwortung und kämpfen für die Menschen, die sie lieben.
So steht im Zentrum der Serie "Falling Skies" ein ehemaliger College-Professor, gespielt von Noah Wyle (ER), der zum Kopf einer Truppe aus Militärs und Zivilisten wird, die den Aliens den Kampf ansagt. In "Battle: Los Angeles" spielt Aaron Eckhardt einen Soldaten, der mit seinen Kameraden L.A. als letzte Bastion gegen die Invasoren aus dem All halten soll. Gleich eine gemischte Gruppe aus allen Teilen der Bevölkerung versucht in "V" hinter die Pläne der Besucher zu kommen. Die Aussage ist klar: Wenn die Gesellschaft zusammensteht und jeder das Beste gibt, dann kann man jeden Feind und jedes Hindernis überwinden.


Es ist beileibe nicht das erste Mal, dass Hollywood die traditionellen Werte beschwört, wenn sich im Land Unsicherheit breit macht. In den 1950er Jahren ließ man die Armee erfolgreich eine mutierte Tarantel (Trantula), riesige Ameisen (Formicula) oder Saurier (Panik in New York) bekämpfen, um dem Publikum auf diese Weise klar zu machen, dass es sich auf die Schlagkraft der Streitkräfte verlassen könne, sollte es zum Krieg mit der Sowjetunion kommen. Auch damals kam die Bedrohung teilweise schon aus dem Weltall. Filme wie "Earth Vs. The Flying Saucers" (1956) oder der Klassiker "The Thing" (1951) belegen dies. Auch der Invasionsfilm "War of the Worlds" (1953) nach dem Roman von H.G. Wells fällt in diese Ära. Positive Begegnungen mit Außerirdischen wie in "It Came From Outer Space" (1953) oder "Der Tag, an dem die Erde stillstand" (1951) blieben die Ausnahme. Und auch das Thema der Unterwanderung der Gesellschaft, wie es derzeit in "V" angesprochen wird, findet mit dem Film "Invasion of the Body Snatchers" (1956) seine Entsprechung.

Ist es ein Armutszeugnis, dass die Traumfabrik heute wieder auf eine Strategie aus den 1950er Jahren zurückgreift, oder eher die konsequente Umsetzung des Credos, dass man dem Publikum das geben muss, was es haben will? Die Antwort auf diese Frage liegt wahrscheinlich irgendwo zwischen den Extremen. Klar ist jedoch, dass auch in der nächsten Zeit die Aufforderung gilt, die schon 1951 am Ende des Films "The Thing" geäußert wurde: "Watch the Skies!"