Schon seit vielen Monaten mache ich mir Gedanken. Sie waren ständig unterschwellig da, doch jetzt brechen sie immer mehr an die Oberfläche hervor, werden akut, beschäftigen mich und lassen mich stets mit einer gewissen inneren Unruhe zurück. Bei der Suche nach einem Kindergartenplatz für meine Tochter, mussten wir uns mit einer Notlösung zufrieden geben, mit der wir eigentlich ganz gut leben können. Aber eben nur eigentlich. Sie besucht den gleichen Kindergarten, in dem auch schon ihr großer Bruder untergebracht war. Der Kindergarten befindet sich im Nachbarort, weil wir bei uns im Ort für beide Kinder keinen Platz erhalten haben – was ich nach wie vor als Unding empfinde.
Nach ein paar kleinen Startschwierigkeiten lebte meine kleine Pusteblume sich gut ein und fühlt sich seitdem wohl. Sicher fiel ihr das – für ihre Verhältnisse – einigermaßen leicht, weil sie im ersten Jahr noch ihren Bruder an ihrer Seite hatte und auch die Räumlichkeiten und einige der Kinder bereits gut kannte. Das beruhigte mich sehr, denn sie ist ein eher ängstliches, zurückhaltendes und sehr personenbezogenes Wesen. Und gerade deshalb freue ich mich so sehr darüber, dass sie dort angekommen ist, Freunde gefunden und ein gutes Verhältnis zu ihren Erzieherinnen entwickelt hat.
Unsicherheit
Doch was ich bereits von Anfang an mit Sicherheit wusste: Sie würde dort nicht immer bleiben können. Immer schon war die Rede davon, dass der Kindergarten in naher Zukunft geschlossen werden soll. Und dieser Zeitpunkt rückt nun unaufhaltsam näher. Zum Ende des Kindergartenjahres steht nun definitiv die Schließung bevor. Deshalb frage ich mich zwangsläufig: Was wird aus ihr? Wie geht es weiter?
Alles neu, alles anders
Natürlich soll die Betreuung der Kinder auch weiterhin gesichert sein. Geplant ist, dass nur einen Steinwurf entfernt eine neue Kindertagesstätte – wohlgemerkt unter einem anderen Träger – errichtet werden soll. Das bedeutet jedoch im Klartext:
- neue Erzieherinnen
- neue Räumlichkeiten
- plötzlich vier Gruppen, anstatt einer
Es wird sich demnach alles grundlegend ändern. Hinzu kommt das offensichtlichste Problem: Mit dem Neubau wurde noch nicht einmal begonnen.
Das sorgt in der Elternschaft natürlich für große Unruhe. Und so kam es, dass bereits ein Großteil der Eltern ihre Kinder in anderen Kindergärten angemeldet und teilweise sogar schon gewechselt haben. Bisher habe ich mir die ganze Zeit eingeredet, dass die Gruppe immerhin zusammenbleiben und die Kinder sich noch haben werden, wenn sich schon alles andere ändern wird. Tatsächlich bröselt die Gruppe nun nach und nach auseinander. Die Kita-Leitung verabschiedet sich ebenfalls am Jahresende, was man ihr wohl kaum verdenken kann.
Und dann rief der Bürgermeister an
All diese Umstände und die Tatsache, dass man bezüglich der neuen Kita keinerlei Infos bekommt, ging mir irgendwann so sehr gern den Strich, dass ich kurzerhand eine Email an den Menschen schrieb, der für die Betreuungsplätze zuständig ist. Um sicherzugehen, dass meine Anfrage nicht untergeht, setzte ich den Bürgermeister gleich in Kopie. Und ratet mal, wen ich nur fünf Minuten später an der Strippe hatte?
Unser Bürgermeister stellte sich offen meinen Fragen und teilte mir mit, dass es sich um einen Modulbau handelt, welcher innerhalb von neun Monaten fertiggestellt werden soll und er hätte die Zusicherung, dass dieser zum Beginn des neuen Kindergartenjahres fertig sein würde. Ebenfalls sei sein Plan, eine Mitarbeiterin des neuen Kindergartens schon jetzt in unsere Gruppe zu bringen, damit die Kinder eine Bezugsperson hätten, wenn der Umzug ansteht. Außerdem war er zu einem Gespräch mit dem Elternbeirat bereit, in dem er sich allen Fragen der Eltern stellen würde.
Das hörte sich alles gut an. Beruhigt war ich trotzdem nicht. Und so meldete ich meine Tochter für einen Betreuungsplatz in einer anderen Kita an – erst einmal nur zur Sicherheit.
Inzwischen fand das Gespräch zwischen dem Bürgermeister und dem Elternbeirat statt. Viel Neues kam dabei nicht heraus. Nach wie vor wird davon ausgegangen, dass der Neubau zum 01.08.2020 fertig sein soll. Sollte dies wider Erwarten nicht der Fall sein, würden Container aufgestellt, in denen die Kinder übergangsweise betreut werden. Mein Kind im Container? Ernsthaft? Das ist nicht gerade das, was ich mir vorstelle – schon gar nicht an heißen Sommertagen.
Welche Entscheidung ist die Richtige?
Nun frage ich mich pausenlos, was für meine Tochter besser wäre. Sollte ich es einfach drauf ankommen lassen und hoffen, dass der Übergang in den neuen Kindergarten reibungslos verläuft? Dann hätte sie – hoffentlich – immer noch ein paar Kinder um sich, die sie gut kennt. Es könnte aber passieren, wie gerade schon erwähnt, dass sie für einen unbestimmten Zeitraum lediglich in einem Container untergebracht wird, dazu noch mit Personal und einem Konzept, über das wir uns vorab keinerlei Meinung bilden können. Und das bereitet mir Unbehagen.
Sollte ich daher nicht vielmehr alle Hebel in Bewegung setzen, um sie in einem anderen Kindergarten, womöglich sogar bei uns im Ort, unterzubringen? Doch auch dann wäre alles neu. Neue Kinder, neue Umgebung, neue Erzieher. Aber vielleicht die Hoffnung, dass sie dort immerhin Kinder kennenlernen könnte, mit denen sie später auch zusammen in die Schule gehen wird, was momentan nicht gegeben ist.
Vorrangig ist hierbei vor allem, dass sie sich wohlfühlt. Dieser Wechsel – egal in welcher Form – wird eine große Herausforderung für sie und in diesem ganzen Chaos möchte ich das Bestmögliche für sie herausholen. Die Umstellung von Kindergarten auf Schule wird schon schwer genug werden, zumal sie dann noch fünf Jahre alt ist. Ein Hoch auf den Stichtag! So oder so bedeutet das für uns als Eltern intensive Begleitung, moralische Unterstützung und sicher auch jede Menge Geduld. Wir können eigentlich nur versuchen, das Beste daraus zu machen und hoffen, dass unser zartes Blümchen nicht zu sehr aus der Bahn geworfen wird. Doch am liebsten würde ich ihr all das ersparen.