Was wir von unserer Fußballnationalmannschaft lernen können!

Von Wernerbremen

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Ihr Lieben,
heute Abend möchte ich Euch eine Begebenheit aus meiner Zeit als Dozent an der Göttingen Universität erzählen. Wenn dem einen oder anderen die Geschichte bekannt vorkommt, so hat er damit Recht, da ich diese Geschichte bereits im Juni 2011 in anderem Zusammenhang erzählt habe:

„Zoran Zivkovic und das Messer im Bauch“
Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jahre war ich Dozent in Göttingen an der Universität Göttingen und in meiner Freizeit trainierte ich Jugendmannschaften im Handball.
Um mich fortzubilden, besuchte ich jedes Jahr die sogenannte

„Freiburger Handballschule“.
Bei der Freiburger Handballschule handelte es sich um ein einwöchiges Seminar, das jedes Jahr in Freiburg stattfand. Das Besondere an dieser Handballschule war, dass dort Seminare für Jugendtrainer wie mich angeboten wurden, aber auch Seminare für Herren- und Damentrainer und Seminare für Bundesligatrainer Damen und Herren und Nationaltrainer Damen und Herren aus den verschiedenen Ländern.
Ich habe dann immer das Jugendtrainerseminar besucht.

Abends, wenn alle Seminare beendet waren, zogen die Bundesliga- und Nationaltrainer noch in die Restaurants und Kneipen, um den Tag gemütlich ausklingen zu lassen.

Ich habe mich dann immer ganz frech mit an die Tische dieser Trainer gesetzt und meinen Mund gehalten, denn jeder dieser Trainer hatte ja unendlich viel mehr Ahnung von Handball als ich.

Wenn dann die richtigen Trainer beisammensaßen, die im Alltagsgeschäft keine Konkurrenten waren, - z.B. ein Bundesligatrainer Damen, ein Bundesligatrainer Herren und ein Nationaltrainer irgendeines Landes -, dann haben die sich in den Nächten, wenn der Alkohol schon etwas die Zunge gelockert hatte, gegenseitig häufig ihre Tricks verraten und da konnte ich oft in einer Nacht mehr lernen als in 10 Jahren in der Sporthalle!

 
Bei einer solchen Gelegenheit lernte ich im Jahr 1987 Zoran Zivkovic kennen, den Trainer des damaligen jugoslawischen Handballweltmeisters.
 
Eines Abends fragte er mich, was für eine Mannschaft ich trainieren würde und ich erzählte begeistert von meinen Jugendmannschaften und besonders von meiner sehr guten B-Jugend, die in der höchsten Jugendspielklasse, der Oberliga, spielte.
Zoran Zivkovic fragte mich dann in einem gebrochenen Deutsch:

„Was Du machen, wenn es läuft mit Mannschaft schlecht?“
 
Ich antwortete:
"Dann kann ich sauer werden und kritisiere die Mannschaft und dann scheuche ich die Mannschaft durch die Halle und lasse sie besonders hart trainieren.“
Zivkovic fragte weiter: „Und was Du machen, wenn es läuft mit Mannschaft gut?“
Ich antwortete:
„Dann freue ich mich und lobe die Mannschaft und lade sie z.B. zum Pizzaessen ein.“
Ich höre noch heute die Antwort von Zoran Zivkovic, weil sie sich mir so unauslöschlich eingebrannt hat:

„VÖLLIG FALSCH!
Wenn es läuft mit Mannschaft schlecht, du musst sein ganz lieb zu Mannschaft und sie streicheln und ihre gute Anlagen und Fähigkeiten loben.
Aber wenn es läuft mit Mannschaft gut, Du musst nehmen Messer und stoßen in Bauch!“

Ihr Lieben, in dem Augenblick habe ich begriffen, wie man Weltmeister macht und wie man Menschen, auch gerade junge Menschen motivieren kann.
Ihr wisst, dass ich ein ganz großer Freund davon bin, Kinder und Jugendliche durch ein Lob zu ermutigen, aber sicher muss auch ab und zu berechtigte Kritik sein.

Ich habe aber festgestellt, dass Lob und Kritik viel wirkungsvoller sind, wenn man den Zeitpunkt, zu dem man lobt und kritisiert, anders wählt.

Loben, wenn Lob angebracht ist, und kritisieren,
wenn Kritik angebracht ist – das kann doch jeder!

Versucht es doch bei Euren Kindern und Enkelkindern einmal umgekehrt:

Wenn es mit Euren Kindern und Enkelkindern schlecht läuft, dann steht fest zu ihnen, dann vertraut ihnen, dann schützt sie, haltet Euch mit Kritik zurück und lobt dagegen ihre ansonsten guten Fähigkeiten!

Wenn es aber mit Euren Kindern und Jugendlichen gut läuft, dann ist es die Zeit, auch einmal eine sachliche Kritik anzubringen an Dingen, die Euch nicht gefallen.
Probiert es aus, einmal umgekehrt zu handeln
und Ihr werdet erstaunliche Dinge erleben!

Aber ich habe von Zoran Zivkovic noch etwas Zweites gelernt und damit komme ich zu unserer Fußballnationalmannschaft. Zoran Zivkovic sagte damals zu mir auch:
„Wenn Du Deine Handballjugendmannschaft trainierst, dann ist es das Klügste, in der Sporthalle zu sagen: „Nur wir werden Meister, wir haben das Zeug dazu!“ Gegenüber der Öffentlichkeit und der Presse solltest Du aber immer tiefstapeln und betonen, dass es ganz schwierig wird, Meister zu werden. Ein kluger Trainer motiviert die eigene Mannschaft und nicht die Mannschaft des Gegners.

Ich möchte Euch das an einem kleinen Beispiel verdeutlichen:
Wenn ich jetzt gegen einen von Euch zum Schachspielen antrete und 100 Zuschauer dazu einlade und dann vorher herumtöne, dass ich so gut spiele wie der Weltmeister und dass derjenige von Euch, der gegen mich antritt, eigentlich gar keine Chance hat, dann erreiche ich Folgendes:

Derjenige, der gegen mich antritt, ist hochmotiviert und die 100 Zuschauer freuen sich, wenn ich Schwächen zeige und verliere.

Hier liegt der große Denkfehler der Fußballnationalmannschaft und ihrer Trainer:
Sie glauben alle, es sei ein besonderes Zeichen von Stärke, anzukündigen, man werde Welt- oder Europameister werden. In Wirklichkeit aber motiviert man damit den Gegner nur im höchsten Maße, denn wer möchte nicht gegen den kommenden Welt- und Europameister gewinnen?

Und damit komme ich zu unserem eigenen Leben.
Ihr wisst, wie sehr mir daran liegt, dass wir uns Ziele setzen, dass wir Träume träumen und uns daran machen, diese auch zu erreichen und zu verwirklichen.

Wenn ich Menschen an meiner Seite habe, die mir besonders wohlgesonnen sind und die mich unterstützen, dann kann ich ihnen von meinen Träumen und Zielen erzählen.

Aber in den meisten Fällen sollten wir klug sein
und unsere Träume und Ziele für uns behalten.
Es ist ganz wichtig, dass wir uns Ziele setzen und an unseren Träumen festhalten, aber manchmal ist es besser, diese im Stillen anzustreben, denn wer laut herumtönt, was für wunderbare Ziele und Träume er hat, begibt sich in die Gefahr, dass unglückliche Neider auftauchen, die uns unsere Träume und Ziele madig machen wollen, weil sie selbst keine so schönen Ziele und Träume haben.
Es besteht dann auch die Gefahr, dass die Entmutiger aus ihren Löchern kriechen und uns weismachen wollen, warum wir unsere Ziele nicht erreichen, unsere Träume nicht verwirklichen können. Die Entmutiger sind oft Menschen, die in ihrem eigenen Leben keine Ziele erreicht, keine Träume verwirklicht haben und es uns deshalb auch nicht gönnen, dass wir unsere Ziele erreichen, unsere Träume verwirklichen.
Ihr Lieben,

Träumt Eure Träume, verfolgt Eure Ziele, aber seid klug und überlegt genau, wem Ihr von Euren Zielen und Träumen erzählt.
Entscheidend ist, dass Ihr all Eure Kraft darauf ausrichtet, Eure Ziele zu erreichen, Eure Träume zu verwirklichen, und dass Ihr Eure Kräfte nicht verzettelt in fruchtlosen Diskussionen mit Neidern und Entmutigern.

Ich wünsche Euch eine gute, starke, zuversichtliche und hoffnungsvolle Woche und grüße Euch herzlich aus Bremen
Euer fröhlicher Werner

Quelle: Karin Heringshausen