von Salome
Tatsächlich ist es bemerkenswert, wer sich in den vergangenen Monaten so alles für Gustl Mollath eingesetzt hat. Kein Twitteraccount, kein Partygespräch, ohne dass nicht auf einmal jemand „Freiheit für Gustl Mollath“ sagt. Alle sind sich einig, was da geschehen ist, ist eine Schweinerei. Den Mann hat man versucht, zum Schweigen zu bringen, der Staat, das System, überhaupt alle. Die ganze Unterdrückungsmaschinerie.
Wer Gustl Mollath aber wirklich zuhört, versteht, dass er von etwas anderem spricht. Es geht ihm nicht nur um seinen Prozess. Es geht ihm nicht nur darum, dass er zu Unrecht eingesperrt wurde, unter fadenscheinigen Begründungen. Es geht ihm darum, was hinter den Mauern geschieht, in den Psychiatrien. Jenen Orten, mit denen sich unsere Gesellschaft so ungerne beschäftigt. Dort, wo die Irren leben. Jene, die einfach verrückt sind. „Folter“, hat Gustl Mollath genannt, was dort geschieht. Auch der Begriff „Menschenrechtsverletzung“ ist gefallen. Er ist nicht der Erste, der nach seiner Freilassung darauf aufmerksam macht, der versucht, das mediale Interesse dafür zu nutzen, das endlich hingesehen wird in diesen Bereich, wo Ärzte und Pfleger allmächtig sind. Du wurdest tagelang fixiert? Das sind Wahnvorstellungen. Dir wurde wehgetan? Das bildest du dir ein. Nahrungs- und Flüssigkeitsentzug? Zwangsweise tragen von Windeln? Wer glaubt schon Verrückten?
Niemand spricht von den alltäglichen Demütigungen, der Verzweiflung, der Aussichtslosigkeit in deutschen Psychiatrien, in- und außerhalb des Strafvollzugs, der Überforderung, der Gleichgültigkeit des Personals, der Zwangsmedikation.
Die Bundesregierung hat gerade durchgesetzt, dass die Fallpauschalen auch dort gelten. Weniger Geld für immer mehr Patienten. Der Fall Gustl Mollath zeigt, dass ein fragwürdiges Gutachten genügen kann, um hinter diesen Mauern zu verschwinden. Das System Psychiatrie in Deutschland ist krank und wird immer kränker gemacht. Wir müssen psychisch kranke Menschen besser in die Gesellschaft integrieren und wir müssen kontrollieren und überwachen, was in den Psychiatrien geschieht, damit nicht eine Handvoll Gutachter unter sich ausmacht, wessen Schicksal einen solchen Verlauf wie das von Gustl Mollath nimmt.