Essen, schlemmen, kochen und genießen in Zitaten
Das Thema Essen ist oft in den Gesprächen rund um die Kindererziehung zu finden. Manchmal stellt sich die mehr oder weniger noch einfache Frage, was man den kochen sollte. Dann wird es aber oft schon etwas schwieriger. Was vertragen die Kinder überhaupt gut? Welche Lebensmittel sollte man meiden? Tauchen die Begriffe Nahrungsmittelunverträglichkeit oder Allergie auf, so wird die Zubereitung von Abendbrot leicht zur Wissenschaft.
Und auch in Medien stoßen wir auf Berichte und Erzählungen von Eltern, die mit dem Verlangen ihrer Kinder nach Süßem nicht zurecht kommen, mit dem Übergewicht des Kindes kämpfen oder eben kaum etwas zum Essen zubereiten können, was ihren Kindern auch wirklich schmecken würde. Ein Kind zum Essen zu bringen, das nichts essen will, kann einen leicht an seine Grenzen bringen.
Über das Genießen und Kochen mit der ganzen Familie konntet Ihr bei mir im Blog bereits lesen. Und zwar in meinem Interview mit Patrizia Vrabel-Cirillo: Sich zum Kochen und Genießen inspirieren lassen
Heute beschloß ich in Kinderbüchern nachzusehen, welches Essen in den Texten vorkommt und wie über den Genuss geschrieben wird.
"Sie saßen am Tisch auf dem Hof. Lubos brachte auf einem Brettchen Brot und in einer Schale Butter. Unter dem schwarzen Johannisbeerstrauch schnitt er Schnittlauch ab. Anna goß Milchkaffee aus der Kanne ein und lächelte Lubos zu (...). Dann nahm sie ein Stück Zucker und stutzte. Sie betrachtete den Inhalt der Zuckerdose aus der Nähe und sagte erstaunt: 'Allmählich glaub ich an Wunder. War hier etwa in der Nach ein Aschenputtel?'
'Das Aschenputtel', ertönte es von der Pumpe her, 'war ich!'
Anna sah sich um. Vasek wies stolz mit der Zahnbürste auf sich.
'Du hast die Ameisen aus der Zuckerdose gesammelt?' fragte Anna erstaunt."
(Marie Polednakova in Wie man den Vater in die Besserungsanstalt bekommt, 1990, S. 73)
"'Ja, geh du nur', sagte Enok zum Abschied. 'Es gibt so viel zu sehen auf der Welt. Einen Rat will ich dir mit auf den Weg geben: Ein Mal in der Woche musst du Fisch essen und schlepp nicht so viele Sachen mit dir herum.'" (...)
(Sven Nordqvist in Minus reist um die Welt, 2009)
"Da kam das Mädchen wieder und rief: 'Du lieber Schreck! Willst du ein Pfefferminzbonbon? Dann geht dein Halsweh weg.'
'Oh', sagte Zogg, 'das wäre fein!' Auf und davon er flog und roch nach Pfefferminze, wie er im Zickzack durch die Lüfte zog."
(Julia Donaldson in Zogg, 2010)
"Das vierte Zimmer, das der Prinz betrat, war die Küche des Zauberschlosses. Hier duftete es nach den leckersten Speisen, nach gebratenem Huhn und frischem Brot. Der Prinz beobachtete die Köchin, die sich beeilte, keinen Topf und keine Pfanne anbrennen zu lassen.
(Katja Schmiedeskamp in Die kleine Prinzessin, 2007)
"Weißt du, dass du fast jeden Tag die Gelegenheit hast, dir deine eigenen fantastischen Esserlebnisse zu bauen? Es geht ums Pausenbrot. Und falls du es bislang geschmiert bekommen hast: Ändere das! Nutz die Chance, dein Frühstück für die Schule so spannend zuzubereiten, wie du es möchtest."
(Anke Leitzgen und Lisa Rienermann in Entdecke, was dir schmeckt, 2012)
"Bernhard hebt seinen Becher und ruft: 'Zum Wohl, Ihr edlen Ritter!' Mit Ausnahme von Otto prosten die Ritter einander zu. Sie trinken - und sinken vom Gift benebelt unter den Tisch. Mit einem zufriedenen Lächeln schiebt sich Otto einen großen Löffel Grütze in den Mund. Sekunden später fällt er polternd vom Stuhl."
(Miriam Margraf und Susan Saunders in 1000 Gefahren beim Ritterturnier, 2010)
"Er setzte sich unter die Wetterfichte am Ufer des schwarzen Teiches, zog Schuhe und Strümpfe aus, ließ seine müden Beine ins Wasser baumeln und wartete auf den Mond. Zum Zeitvertreib aß er das Brot und die beiden Würste auf."
(...)
"Der große und böse Zauberer Petrosilius Zwackelmann brachte einen Bärenhunger mit, als er zwischen acht und halb neun Uhr abends auf seinem Zaubermantel aus Buxtehude zurückkehrte. Er hatte einen anstrengenden Tag hinter sich, aber nun war er ja wieder daheim und konnte sich satt essen. Hoffentlich waren die Bratkartoffeln schon fertig - und hoffentlich reichten sie!"
(Otfried Preußler in Der Räuber Hotzenplotz, 1962)
"Als der Teufel einen jungen Schlossergesellen den Weg heraufkommen sah, stellte er rasch die Schüssel voll Krapfen mitten auf den Weg und versteckte sich hinter einem Baum. Der Bursche kam näher und als er mitten auf dem Weg eine Schüssel voll Krapfen stehen sah, überlegte er nicht lange, wer sie dort hingestellt hatte, setzte sich daneben und aß einen Krapfen nach dem anderen auf."
(Friedl Hofbauer in Sagen aus Wien, 2010)
"Tante Klothilde hätte mehr Verstand haben müssen, sie hätte andere Bonbons kaufen sollen, zum Beispiel Gelee-Bonbons. Tante Klothilde aber hatte Gott weiß woran gedacht, hatte Brausebonbons gekauft und brachte sie nun Jonas mit.
Der arme Jonas nahm ein Brausebonbon, und kaum hatte er ihn in den Mund gesteckt, brauste darin ein Wind los, dass es ihm in den Ohren pfiff, und als er den Mund öffnete, flogen alle Zeitungen und alte Kinokarten durchs Zimmer, das Tischtuch flatterte, und Tante Klothilde und die Mutter mußten sich die Röcke festhalten."
(Milos Macourek in Prager Märchen, 1985)
"Die italienische Küche mit Pasta, Risotto, Polenta und Pizza ist ebenso berühmt wie beliebt."
"Perfekte Pizza: Auf einer Pizza liegt ein Belag aus köstlicher Tomatensauce, Käse und klein geschnittenem Gemüse, Fleisch oder Fisch."
(Philip Steele und Keith Lye in Illustrierter Weltatlas)
Fazit:
Erstaunlich, wie oft man Passagen über das Essen in Kinderbüchern finden kann. Das deutet darauf hin, dass dieses Thema eben nicht nur Erwachsene berührt und nicht nur mit der Erziehung zu tun hat, sondern mit dem Aufwachsen überhaupt sehr eng verknüpft ist.
Es ist mir Aufgefallen, dass in den Büchern, die ich durchgeblättert habe, sehr oft mit viel Apettit in der Natur gegessen wird. Liest man diese Texte, so bekommt man regelrecht Lust einen Ausflug zu unternehmen, oder zumindest einen Picknick vorzubereiten.
Auch Phantasie lässt sich in den Geschichten wiederfinden. Gerade dann, wenn es um Süßes und Bonbons geht. Als der Teufel dann auftaucht, und mit den leckeren Krapfen den Jungen verführt, merkt man, dass Genuss und Schlemmerei in sich eben auch die "dunkle" Seite verbergen.
Es gab nur ein Buch, in dem ich keine Notiz von Speisen fand. Das bei uns heiß geliebte Barbiebuch. Dafür kamen da Wörter wie Schönheitssalon und Modeschau vor. Natürlich spricht dieses Buch nicht für alle Barbiebücher, dennoch ärgerte ich mich etwas, da ich mir folgende Frage stellen musste:
Fordern wir von Mädchen wirklich Mut und Abenteuerlichkeit, wollen wir bei ihnen emanzipierte Verhaltensweisen und Interessen sehen, ohne ihnen jedoch ein Recht auf Genuss zu gestehen? Und steht das Genießen von Nahrungsmitteln wirklich so sehr in einem Widerspruch zu unseren Schönheitsidealen?
Die Liste hier verwendeter Bücher:
Welche Gedanken und Assoziationen tauchen vor Euren Augen auf, wenn Ihr über Speisen, Schlemmen und Genießen in den Kinderbüchern lest?