In einem packenden Roman gelingt dem Autoren etwas, was man eigentlich für nicht möglich halten sollte: Evolutionsbiologie und Religionskritik in das Genre eines Abenteuerromanes zu packen. Michael Schmidt-Salomon nennt den Roman “eine abenteuerliche Melange aus Dawkins’ Gotteswahn, Indiana Jones und Jurassic Park.”
Das Personal des Buches wird langsam eingeführt und anfänglich ist dem Leser nicht klar, wie die Figuren zueinander finden sollen. Doch beim großen Showdown im peruanischen Urwald finden sie zusammen.
Da ist zum Einen die Journalistin Brea McLoughlin, die dem Leser erstmals und gleich eingangs des Buches begegnet, als sie in Somalia der Steinigung eines – wie sich herausstellt – 13-jährigen Mädchens zusehen muss.
Die aus solchen Erfahrungen und anderen Gründen religionskritische Journalistin wird später katholische Geistliche nach Peru begleiten, die dort ein Wunder bestätigen wollen, um einen vor 500 Jahren Verstorbenen “heilig zu sprechen”. McLoughlin fällt dabei die Rolle der Kritikerin zu. So wundert es nicht, dass sich durch das gesamte Buch immer wieder stark an Dawkins erinnernde Religionskriftik findet. Für meine Begriffe manchmal etwas stark aufgetragen.
Viel differenzierter ist die Figur der Schriftkundlerin Nora Tilly dargestellt. Diese trägt die Story und sie ist es, deren Weg das ganze Buch maßgeblich begleitet.
Tilly arbeitet für ein Unternehmen, dass versunkene Schätze sucht und stößt per Zufall auf einen Brief aus dem Jahr 1539, der über einen verlorengegangenen Inkaschatz berichtet. Die Geschichte um Nora Tilly hat alle Facetten eines Thrillers. Da sterben Unbeteiligte; geheimnisvolle Gestalten trachten ihr nach dem Leben. Und immer wieder entkommt sie den Anschlägen – bis nach Peru, wo der riesige Inka-Schatz sie erwartet. Dabei wird sie vom jungen Priester Arnaud d’Albret begleitet, in dessen Figur Schulte von Drach alle Zweifel eines gläubigen Menschen darstellt, der in einer modernen Welt lebt. Und sich zudem verliebt hat. Auch wenn sein Wandel vom Gläubigen zum Zweifelnden etwas grob dargestellt ist; mit d’Albret ist dem Autoren eine faszinierende Figur gelungen.
Parallel dazu wird eine Geschichte erzählt, in der der Biologe Francisco Pérez ein vermutlich 15 Millionen Jahre altes Fossil entdeckt, in dessen Kopf eine Pfeilspitze steckt. Eine Entdeckung, die das Wissen über die Evolution auf den Kopf stellen würde; denn das würde bedeuten, dass Menschen und Dinosaurier tatsächlich gemeinsam auf der Erde lebten. Da ihm sein Professor das nicht glaubt, wendet sich Pérez an Adem Tanriverdi, einen türkischen Kreationisten. Diese Figur ist inspiriert von Adnan Oktar, der sich selbst Harun Yayah nennt und mit viel Geld versucht, die Evolution zu widerlegen. Doch letztlich ist es der Wissenschaftler, der den Fundort zerstört und nicht der Kreationist.
All die Figuren, die der Roman langsam aufbaut, treffen in Peru aufeinander. Und erleben eine Geschichte, die die Rezension hier nicht auflösen wird, um die Spannung des Romans nicht zu zerstören. Vor allen das letzte Viertel des Buches bannt den Leser und lässt ihn das Buch nicht aus der Hand legen.
Im Roman wird auch ein Aufstand der Indigenen geschildert – schon allein deshalb ist das Buch empfehlenswert, da wir hier in Europa so wenig darüber wissen. Die Indigenen wehren sich gegen die Abholzung der Urwälder und damit der Zerstörung ihres Lebensraumes. Und werden gnadenlos niedergemetzelt.
Mythos ist ein spannender Roman, der im Spannungsfeld zwischen Glaube und Wissenschaft angesiedelt ist und zudem eine packende Geschichte erzählt. Und mit dem “Was wäre, wenn…” spielt.
F.N.
Markus C Schulte von Drach, Mythos, Springer Spektrum; 2013, ISBN: 978-3642347740, 29,95 Euro