Es war vielleicht eine glückliche Fügung, Volker Pispers Programm „Bis neulich“ in der derzeit aktuellen Fassung gesehen zu haben. Wobei: Es ist immer eine glückliche Fügung, selbst wenn man Teile des Programms schon zehntausend Mal gesehen hat und mittlerweile etliche Formulierungen mitsingen kann, aber das stört Leute ja auch nicht, wenn sie für teures Geld auf Rockkonzerte gehen – Feuerzeuge raus, und grölen was das Zeug hält.
Neu war hingegen die Analyse der Frage, warum Thilo Sarrazins Buch eigentlich bekannt geworden ist. Ich habe Ihnen hier zwei Stunden Video anzubieten, die Sie auf jeden Fall hören sollten, dann stoßen Sie irgendwann auf diese Passage.
Darin erläutert er, wie das so war im Spätsommer 2010, als die Zeitungen eh schon alle nichts zu schreiben hatten. Gleichzeitig stellte Springer fest, dass die Kritik an der schwarz-gelben Koalition nicht verstummen wollte, die SPD lag erstmals mit der Union gleichauf, und das lag nicht zuletzt daran, dass auch BILD und WELT kein gutes Haar an Kanzlerdarstellerin und Berliner Puppenkiste ließen. Woraufhin es sich anbot, eine obskure Zitatsammlung, die um einige verbogene Statistiken ergänzt war und gerade in einem lächerlich kleinen Verlag erschienen war, zur Top-Nachricht zu erheben. Man konnte auf diesem Weg nicht nur gegen die Unterschicht und den Islam hetzen, man konnte so nebenbei auch die schwarz-gelbe Unruhe ein wenig geordneter erscheinen lassen neben dem zu erwartenden Chaos in der SPD. Und so war's dann ja auch.
Und nun schauen wir mal auf die Regierung und auf die Umfragen heute. Wieder haben sich die Wahlniederlagen gestapelt, wieder ist das Spitzenpersonal in einen massiven, alles vernichtenden Sturm im Wasserglas eingespannt, wieder einmal droht selbst die Kanzlerin in den Abwärtssog zu geraten. Jetzt ist Hannelore Kraft auch noch beliebter als die Merkel, die SPD holt in den Umfragen auf, und mit am lautesten schimpfen einmal mehr BILD und WELT. Und nun raten Sie mal, wer sich gerade fürs Sommerloch warmläuft
Sarrazin hält Griechen-Rettung für Holocaust-SühneDiesmal halten wir uns gar nicht erst mit Statistiken und Pseudowissenschaft auf, diesmal gehen wir gleich ans Eingemachte und drücken einfach den Adolf-Knopf, und die Linke in Deutschland tanzt. Und zappelt natürlich gleich los. Und kann mit empörten, vor Logik strotzenden Statements abgedruckt werden, was im Endeffekt nur sicherstellt, dass Aufmerksamkeit bekommt, was keine Aufmerksamkeit verdient – hier reibt sich die Eiche am Borstenvieh, und es quiekt vergnüglich.
Ich hoffe wirklich, dass wir's diesmal einfach sein lassen. Aber da werden einfach zu viele Eitelkeiten bedient, und ich sehe es schon, ich höre es schon: Das muss man doch mal sagen dürfen! Man muss doch mal sagen, was alle denken! Watt is der Mann mutig! Es ist, als würde man einem Unfall in Zeitlupe zusehen. Aber vielleicht wache ich ja auf, und es ist alles nur ein böser Traum.
Das Wetter kann eigentlich auch gar nicht so gut sein.
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