Was steckt hinter den Reallabore der Energiewende?

Von Energystar @energynet

Es gibt bereits zahlreiche Projekte mit Sektorenkopplung. Viele davon scheitern aber in der Planung. Entweder liegt es an der fehlenden Wirtschaftlichkeit, wenn fossile Energieträger einfach deutlich günstiger sind oder die Abgaben zu hoch sind. Oder das Problem ist die Regulierung, die eine Umsetzung erschwert oder verhindert. Um Probleme der Regulierung zu erkennen und Innovationen zu ermöglichen, hat die Bundesregierung Reallabore der Energiewende als Testräume für Innovationen und Digitalisierung geschaffen. Die zentralen Themen sind Wasserstoff, Energiespeicher und energieoptimierte Quartiere. Was verbirgt sich genau dahinter und welche Projekte erhalten eine Förderung?

Reallabore der Energiewende als Test für Innovation und Regulierung

In den Reallaboren der Energiewende lassen sich zukunftsfähige Energietechnologien unter realen Bedingungen in einer Region und im industriellen Maßstab erproben. Dabei war das Thema „CO2-armer Waserstoff" das zentrale Thema der Ausschreibung in einem Ideenwettbewerb. Aber auch Themen wie Energiespeicher und energieoptimierte Quartiere gehörten zum Ideenwettbewerb.

Die Resonanz auf diesen Wettbewerb war sehr groß. 90 Vorschläge für Projekte sind eingegangen. Daraus hat das Bundeswirtschaftsministerium 20 Konsortien ausgewählt.

Wie sind die Reallabore der Energiewende definiert?

Die Reallabore der Energiewende sind eine der Fördersäulen der Bundesregierung im Energieforschungsprogramm. Was können wir uns unter einem Reallabor genau vorstellen?

Eine genaue, rechtliche Definition gibt es für die Reallabore nicht. Für das BMWi gibt es drei wesentliche Elemente eines Reallabors:

  • Begrenzte Erprobung: Dies bedeutet die Reallabore sind zeitlich und räumlich begrenzt.
  • Nutzung rechtlicher Gestaltungsspielräume: Öffnungs- und Experimentierklauseln in bestehenden Gesetzen nutzen .
  • Aktives regulatorisches Lernen: Was kann der Gesetzgeber lernen, um die Regulierung anzupassen?

Wir kennen für diese Art der Erprobung auch andere Begriffe, wie Sandboxes, Living Labs, Innovationsräume oder Experimentierräume. Im Prinzip stehen damit in diesen Testräumen das Zusammenspiel von Technologien, Regulierung und Geschäftsmodelle im Blickpunkt.

Beispielprojekte der Reallabore

Das BMWi hat aus 90 Bewerbungen 20 Konsortien ausgewählt. Diese können nun ihre Anträge für Fördermittel stellen. Einen besonderen Topf gibt es dabei für die sogenannten Strukturwandelregionen. Die Bundesregierung möchte damit den besonderen Stellenwert traditioneller Energieregionen für das Energiesystem der Zukunft unterstreichen.

Reallabore in Strukturwandelregionen

  • City Impuls Dresden: Chancen durch Umsetzung und Erprobung von Innovationen in typischen Quartiersstrukturen - Impulse für die Wärmewende aus Dresden. Weitere Informationen
  • Energiepark Bad Lauchstädt: 35-Megawatt-Elektrolyse, Kavernenspeicher, Gas- und Wasserstoffnetz. Weitere Informationen
  • GreenHydroChem: 50-Megawatt-PEM-Elektrolyseur (Gesamtausbauziel 100-Megawatt-Elektrolyse) für die Dekarbonisierung industrieller Prozesse. Weitere Informationen
  • H2Stahl: Reallabor Wasserstofftechnologien zur schrittweisen Dekarbonisierung der Stahlindustrie mit 10.000 m3 pro Stunde Wasserstoffeinblasung in Hochofen und 6,5 km Wasserstoffpipeline. Weitere Informationen
  • HydroHub Fenne: 17,5-Megawatt-Wasserstoff- PEM-Elektrolyse für Mobilität und Industrie am EnergieHub Fenne. Weitere Informationen.
  • JenErgieReal: Blaupause in Jena für die zukünftige Versorgung mit elektrischer und thermischer Energie, mit dem Mobilitätssektor als Bindeglied, und mittels in Echtzeit skalierbarer Energiespeicher. Weitere Informationen.
  • Reallabor Lausitz: In insgesamt 13 Teilprojekten sollen Pilotlösungen Anreize für Teilhabe bieten, den Hemmnisabbau in der Region befördern und die Machbarkeit innovativer Lösungen aufzeigen. Dabei spielen Maßnahmen zur Digitalisierung eine wichtige Rolle. Weitere Informationen.
  • Referenzkraftwerk Lausitz: Erprobung von Schlüsseltechnologien der Energieversorgung mit erneuerbaren Energien und Wasserstoff als chemischem Speicher in der Praxis. Weitere Informationen.
  • StoreToPower: Stromspeicherung in Hochtemperatur-Wärmespeicherkraftwerken mit 30-Megawattstunden-Flüssigsalzspeicher in Nordrhein-Westfalen. Weitere Informationen.
  • TransUrbanNRW: Transformation der netzgebundenen, urbanen Wärme- und Kälteversorgung mit intersektoralen Power-2-Heat Lösungen als Beitrag zum Strukturwandel in den Kohlerevieren NRWs. Weitere Informationen.

Reallabore außerhalb der Strukturwandelregionen

  • CCU P2C Salzbergen: CO2 -Abscheideanlage (64.000 t CO2 /a.), CO2 und H2 -Infrastruktur für verschiedene industrielle Sektoren. Weitere Informationen.
  • DELTA: In Darmstadt sollen mehrere Quartierstypen - von Industrie über Gewerbe und Bildung bis hin zum Wohnen - mit Netzinfrastrukturen in den Bereichen Strom, Wärme, Gas, Kommunikation und Verkehr verknüpft werden. Weitere Informationen.
  • DOW Stade - Green MeOH: Dekarbonisierung eines industriellen Kraftwerksprozesses und Nutzung des gewonnen CO2 zur Herstellung von Methanol. Weitere Informationen.
  • Element Eins: Planungsstudie für Endausbaustufe 100-Megawatt-Elektrolyseur mit Einspeisung in Ferngasleitungen. Weitere Informationen.
  • H2 Wyhlen: Entwicklung und Untersuchung eines Testraums für die lokale Energie- und Rohstoffversorgung der Sektoren Gebäude, Verkehr und Industrie auf Basis regenerativen, strombasierten Wasserstoffs. Weitere Informationen.
  • Integrierte WärmeWende Wilhelmsburg: Zuverlässige und bezahlbare Wärmeversorgung auf Basis erneuerbarer Energien mit unterschiedlichen Wärmequellen. Weitere Informationen.
  • Norddeutsches Reallabor: An fünf Orten sollen großskalige Konzepte für die Sektorkopplung entwickelt werden, mit Fokus auf Wasserstoff und energieeffizienten Quartierslösungen im Wärmebereich. Weitere Informationen.
  • Reallabor GWP: Großwärmepumpen in Fernwärmenetzen - Installation, Betrieb, Monitoring und Systemeinbindung, in diversen Bundesländern. Weitere Informationen.
  • Reallabor Westküste 100: Speicherung von Wasserstoff in einer Salzkaverne mit Modellnetz zum Transport an verschiedene Abnehmer, inklusive Verwendung des Sauerstoffs aus der Elektrolyse. Weitere Informationen.
  • Smarte Energiequartiere: Vernetzung von Stadtquartieren mit Smart-Grid Lösungen, um die vorhandene Energieinfrastruktur effizient nutzen zu können. Weitere Informationen.

Was sind die nächsten Schritte?

Die Reallabore der Energiewende bestehen aus mehreren Bausteinen. Das sind nicht nur die drei Säulen, innovationsfördernde Regulierung, informieren und vernetzen, sowie initiieren und begleiten. Dazu gehören auch die Förderung, Vernetzung und ein Wettbewerb.

Alle Reallabore können sich für die Förderung bewerben. Es stehen bis 2022 jährlich 100 Millionen Euro zur Verfügung. Zusätzlich gibt es für die Reallabore in den Strukturwandelregionen einmalig 200 Millionen Euro.

In einem Netzwerk der Reallabore sollen sich die einzelnen Stakeholder untereinander austauschen und vernetzen können. Es dient der Diskussion zwischen den einzelnen Beteiligten Akteuren an den Reallaboren. Durch die Vernetzung können sich neue Projektpartner finden, wie zum Beispiel Startups und experimentierfreudige Gemeinden oder Kommunen. Im August fand ein erstes Netzwerktreffen statt. Das nächste Netzwerk-Veranstaltung soll voraussichtlich im Frühjahr 2020 stattfinden.

Mit Reallabore-Wettbewerbe sollen die Ideen aus der Praxis aufgegriffen und umgesetzt werden. Der erste Wettbewerb soll noch im Herbst 2019 durch das BMWi initiiert werden. Ein genauer Ablauf des Wettbewerbs ist noch nicht bekannt. Aber danach möchte das BMWi ausgewählte Ideen der Reallabore und digitale Innovationen auszeichnen und aktiv begleiten.

Steht Wasserstoff zu recht im Mittelpunkt?

Als Langzeitspeicher und als Energieträger für die Industrie ist Wasserstoff mit Sicherheit ein wichtiger Bestandteil der Energiewende. Dennoch wird Wasserstoff immer nur ein Teil sein können und nicht der zentrale Faktor. Die Reallabore können jedoch einen anderen Eindruck erwecken. Ich hoffe nicht, dass das zu sehr im Mittelpunkt stehen wird. Zentrales Thema sollten meines Erachtens eher die Sektorenkopplung und energieoptimierte Quartiere sein.

Dennoch bin ich gespannt wie sich die Reallabore der Energiewende weiter entwickeln und werde die Entwicklung weiter verfolgen.