Wenn es die Zeit erlaubt, neigt der moderne Akademiker (so wie viele andere Berufsgruppen auch) dazu, sich digitaler Unterhaltungssoftware zu widmen. Darum will ich an dieser Stele wieder ein paar interessante Machwerke vorstellen, die in letzter Zeit meine Aufmerksamkeit erregen konnten. Jenseits von Bettelfeld und Sternenwerk… Achtung: Auf das Verraten von wichtigen Storywendungen wird nicht notwendigerweise verzichtet.
Bastion
Bastion - von hier aus geht der Held auf Reisen
Spielmechanisch angelehnt an klassische Hack’n'Slay Titel wie “Diablo” oder “Torchlight” kommt “Bastion” ganz unprätentiös mit einer wunderschönen handgezeichneten Grafik daher, die erstmal nicht auf’s genannte Genre schließen läßt. Der Protagonist “Kid” erwacht in einer schwebenden Welt, die offenbar von einer Katastrophe zerstört wurde und scheint der einzige Überlebende zu sein, der sich auf die sichere Bastion zurückziehen kann. Mit jedem Schritt setzt sich die Spielwelt vor den Augen des Spielers zusammen, erscheinen zu Asche gewordene Bewohner und jede Menge abgedrehter Gegner. Bewaffnet mit Hammer, Bogen, Machete, Repetiergewehr oder anderen Gegenstände setzt sich dieser per simpler WASD/Maussteuerung zur Wehr und sammelt dabei Kristalle und Items, immer auf der Suche nach den xxx, mit denen sich die Bastion ausbauen läßt.
Bastion - Fort Zunderstein
Die Geschichte wird ohne große Sequenzen In-Game meist von einem alten Mann erzählt, der auch während des Spieles immer wieder das Handeln des Spieler kommentiert. Die Kombination klassischer Rollenspielelemente mit der außergewöhnlich schönen Präsentation, die auch noch durch fantastische Musik unterstrichen wird, macht dieses Spiel aus. Wieder einmal ein Kleinod aus dem Independent-Bereich, dass ich jedem nur ans Herz legen kann. Da muss man auch nicht nur mein Wort für nehmen. Neben dem Review aus dem befreundeten Moosbett-Blog sprechen auch 88 von 100 Punkte im Metascore Bände.
Anno 2070
Der Damm ist kaputt, die Anlage überflutet
Ganz und gar nicht Indie ist der demnächst erscheinende Teil der Anno-Serie, die sich durch tolle Aufbaustrategie aus deutschen Landen und die Quersumme 9 auszeichnet. Nach 1602, 1503, 1701 und 1404 geht es nun erstmals in die nicht allzu ferne Zukunft, bei der die Erde flächendeckend Opfer der Erderwärmung geworden ist und sich durch den steigenden Meeresspiegel neue Küstengegenden gebildet haben. Ich habe mir die am 04.11. erschienene Demo heruntergeladen und die beiden Demomissionen durchgespielt. Für den erfahrenen Anno-Spieler stellen die Steuerung und das Interface keine Herausforderung dar. Mit ein bissl Abstraktionsvermögen findet man sich auch schnell bei der Gebäudeauswahl und den entsprechenden Kreisläufen zurecht. Änderungen gibt es eher im Details, so findet man jetzt z.B. alle zu einer Fertigungstrecke gehörigen Gebäude in einem Menü. Die Grafik ist einen Tick besser, zumindest belastet es die Grafikkarte etwas mehr als der Vorgänger.
Die eigene kleine Siedlung
In den Einführungsmissionen soll man eine Insel nahe einer Forschungsanlage besiedeln, wo eine tolle neue Turbine für einen Staudamm eingebaut werden soll. Das geht aufgrund von Missmanagement des Vorgesetzten allerdings gehörig schief. Man kan in etwas bis zur zweiten Bewohnerstufe spielen, darum bleibt noch offen, wie die Langzeitmotivation im fertigen Spiel wohl aussehen wird. Die Missionen sind eher stringent nach dem bekannten Schemata (Fahre Ware von X nach Y, Sammle Schiffbrüchige dort ein, produziere X von Gegenstand Y), trotzdem bleibt anzunehmen, dass das neue Szenario einiges an Abwechslung zuläßt. Interessant ist im weiteren Verlauf wohl die Rolle der Arche, mit der unsere Mission beginnt und die uns notfalls mit neuen Ressourcen versorgt. Eine große Revolution erwarte ich von Anno 2070 in der Tat eher nicht, aber was soll man bei einer so erfolgreichen und eingefahrenen Serie auch groß verändern? Spannende Multiplayer-Modi soll es geben, was für mich jetzt kein Kaufgrund wäre. Die Abwechslung bringen die verschiedenen Fraktionen, von denen man nun in der Demo wohl nur die Tycoons zu Gesicht bekommt. Schade, da hätte ich doch gerne mehr von gehabt. So werd’ ich mir dann doch noch das ein oder andere Review durchlesen, bevor ich die Geldbörse zücke.
Portal 2
Portal 2 - mitgenommene Testumgebung
Ha, durchgespielt. Während ich bei Portal an dem ein oder anderen Level durchaus verzweifelt bin, kam ich durch das wirklich hervorragende Portal 2 erschreckend entspannt durch. Acht Stunden hat es laut Steam gedauert, das fällt mir etwas schwer zu glauben, auf alle Fälle fühlte es sich länger an. Und das obwohl das altbekannte Spielprinzip ja recht simpel ist: Bewaffnet nur mit einer Kanone mittels welcher Frau (aka die schweigsame Chell) an entsprechenden Wänden jeweils zwei Ein-/Ausgänge platzieren kann, sollen wir uns durch teils verzwickte Levelkonstruktionen in den hochmodernen, automatisierten Laboren von Aperture Science puzzlen. Dabei folgen wir zunächst einem kugeligen KI-Begleiter, der uns aus unserer zerfallenden Behausung führt und letztendlich zur im letzten Teil vernichteten Über-KI GLaDOS. Unter Fehlanleitung unseres freundlichen Begleiters erwecken wir die künstliche Dame wieder und müssen sie kurzerhand gegen eine andere KI austauschen. Damit beginnt eigentlich der interessanteste Teil des Spieles, denn wir werden in die unteren. verwaisten Stockwerke von Aperture befördert, wo wir die historische Entwicklung der Firma erfahren und GLaDOS als Kartoffel auflesen, um sie zurück an ihren angestammten Platz zu bringen.
Image by austinevan via Flickr
Neben neuen Puzzleteilen wie Laser, die wir mittels Spiegelkuben umleiten können, und verschiedenen Gels, die uns Springen, schnell laufen oder Portale kreieren lassen, macht vor allem die tolle Geschichte um die beiden widersprüchlichen künstlichen Intelligenzen GLaDOS und Wheatley sowie die indirekt erzählte Entstehungsgeschichte viel Spaß. Portal 2 leidet vielleicht unter den klasssichen Sequel-Problemen, bietet aber auch jede Menge Neues. Vor allem zeigt sich, dass man mit der Egoperspektive, die sonst nur zum mehr oder weniger sinnlosen Rumballern verführt, durchaus andere Genres bedienen kann. Man stelle sich vor, eine Welt in der es nicht nur Ego-Shooter, sondern eben auch Ego-Puzzles, Ego-Strategiespiele oder andere Crossover gibt. Und man kann Geschichte erzählen, ohne das der Hauptcharakter sich unterhalten muss. Leider hat sich das noch nicht wirklich flächendeckend herumgesprochen.
Wie auch immer, Portal 2 ist ein überaus empfehlenswertes Spiel, die Koop-Kampagne hab’ ich noch gar nicht probiert, aber da gibt’s sicherlich noch einiges zu erleben. Ich glaube, dass mich schon lange kein Spiel mehr so an den Bildschirm gefesselt hat.
Robotek
Manchmal gibt auch der Mac App Store interessante Kleinode her. Robotek ist ein solches. Das Spielprinzip ist simpel. Ziel ist es die Energieknotenpunkte einer Weltkarte einer nach dem anderen in Zweikämpfen zu erobern. Die Zweikämpfe spielen sich wie folgt: Der Spieler kann an einer von drei Slotmaschinen entweder 3 verschiedene Roboter zur Verteidigung generieren und reparieren oder defensive Aktionen (Schutzschild, Hack oder Energie stehlen) beziehungsweise offensive Attacken (Laserstrahl, Blitzattacke, Mikrowellen) auslösen. Das erste Rad kann der Spieler selbst stoppen (und somit entscheiden, welche Option gewählt wird), der Rest ist eher Zufall. Je häufiger eine Option auf der Slotmaschine auftaucht desto stärker kommt diese zur Anwendung. Dreht man z.B. zweimal den Droiden-Roboter und einmal den Tank, bekommt man einen verbesserten Droiden und einen normalen Tank zur Seite gestellt, die dann entsprechend die Roboter des Gegners angreifen. Hat man alle drei richtig bekommt man jeweils die mächtigste Variante der gewählten Funktion und auch noch einen weiteren Zug. Das Gleiche gilt natürlich auch für den Gegner. Mit den im Kampf erworbenen Erfahrungspunkten steigt der eigene Level und mit Münzen kann man sich weitere Boni freischalten. Jeder Knoten auf der Karte produziert Energie, die man beim gewonnenen Kampf bekommt, bei Verlust aber auch abgeben muss. Energie und Münzen kann man allerdings auch als Pakete gegen harte Währung erwerben und so finanziert sich dieses ansonsten kostenlose Spiel. Ansonsten ist Robotek ein Spiel nach dem Motto “Leicht zu erlernen, schwer zu meistern”. Im Video sieht man etwas besser , wie’s funxioniert.
Hier gibt’s mehr Infos und hier den Download (für Mac)
Vor kurzem hab’ ich mir auch das sagenumwobene “Book of Unwritten Tales” bestellt, dass ja 2009 im Bereich Adventures alles abgeräumt hat. Bei Interesse: The Book of Unwritten Tales Collection. War bislang leider nicht auf meinem Schirm, aber das läßt sich ja ändern. *g*