Was sind das für Menschen, die sich vegan ernähren?

Von Cordula

Man hört ja immer mal wieder so Dinge wie: Um vegan zu leben muss man das nötige Geld haben, denn das ist ja teuer. Oder Veganer sind Menschen, die sonst keine Probleme haben, sonst könnte man sich ja nicht darauf „verbeißen“, dass man sich gegen die Art wie Tiere heutzutage gehalten werden aussprechen. Und noch ein paar weitere Dinge. 

Die Frage was das eigentlich für Menschen sind, die sich vegan ernähren ist eine ziemlich interessante Sache, wie ich finde. Von daher dachte ich mir, versuche ich dem ganzen mal etwas auf den Grund zu gehen.

Die Gründe für eine vegane Ernährung sind wohl ziemlich vielseitig. Die einen machen es aus tierethischen Gründen, die anderen wegen der Umwelt, und wieder andere der eigenen Gesundheit wegen. Und dann gibt es da auch noch ein paar andere Gründe. Zumindest kann man sagen, dass nicht jeder, der vegan lebt das aus demselben Antrieb tut. Denn nicht jeder ist gleich, vielmehr sind wir alle individuell. Doch manchmal fließen auch mehrere Gründe  in einander, sodass sie sich schlussendlich überschneiden.

Wenn man mal einen Abstecher zu Youtube macht, schließlich leben wir heutzutage im Zeitalter der digitalen und sozialen Medien, so stößt man dann bei veganen Kanälen nicht selten auf Rohveganer, oder solche Veganer, die immer mal wieder einen Abstecher nach Thailand machen, oder Veganer, die von ihrem Workout im Fitnessstudio berichten, Veganer, die von Spiritualität und Yoga berichten oder solche, die jeglichem Konsum entsagen. Oder auch solche, die sich selbst als Aktivisten bezeichnen, ständig mit Vegan-T-Shirt zu sehen sind und andere für die Art, wie sie essen kritisieren.
Ein ziemlich buntes Spektrum. So könnte man, wenn man den Durchschnitt daraus nehmen würde, zu der Ansicht kommen, der typische Veganer schwört auf Gesundheit und Sport, findet es doof, wenn Tiere leiden und ist entsprechend motiviert das anderen nahe zu bringen (manchmal auf nicht ganz sachlich rüber kommende Art und Weise), trägt gerne Shirts mit der Aufschrift „vegan“ und ist finanziell in der Lage ab und zu mal einen Abstecher nach Thailand zu machen.

Doch Youtube mal beiseite, denn vieles in diesen Kanälen ist bei weitem überdreht, heißt es zu der Frage welche Art von Menschen sich für eine vegane Lebensweise entscheiden u.a.:

„Veganer und Vegatarier sind gesundheitsbewusster als der Durchschnitt der Bevölkerung, trinken weniger Alkohol und rauchen seltener. Akademiker und Führungskräfte finden sich unter Veganern häufiger als in der durchschnittlichen Bevölkerung.“

Auch in einer Studie aus dem Jahr 2013 von Dr. Pamela Kerschke-Risch aus dem Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität Hamburg wurde der Frage welche Menschen sich vegan ernähren und warum auf den Grund gegangen und kamen zu folgendem Schluss:

  • Das Durchschnittsalter der Befragten betrug 31 Jahre, wobei sich die Geschlechterverteilung auf 20% Männer und 80% Frauen belief. 
  • Die Beweggründe sind hauptsächlich „Berichte aus Massentierhaltung“, die Umwelt bzw. der Klimawandel sowie die eigene Gesundheit.
  • und ca. 36,5% der 852 Befragten ernährt sich schon länger als zwei Jahre vegan; ein Drittel aller Befragten isst bereits seit 5 Jahren keine Tierprodukte mehr.

Wer sich selbst ein Bild davon machen will, kann Genaueres hier nachlesen.

Was sind das für Menschen, die sich vegan ernähren?

Veganismus und die Großstadt

Schubladendenken ist ja weit verbreitet. Das hilft uns mitunter Menschen in gewisse Kategorien einzuordnen, um selbst wieder so etwas wie Sicherheit zu erhalten. So lebt der heutige Veganer zum Beispiel vorwiegend in Großstädten. Oder zumindest könnte man sagen der durchschnittliche Veganer ist vermehrt in der modernen Zivilisation, statt in der Wildnis beheimatet.
So wird dieser Tatbestand nicht selten als Argument genutzt, um damit so etwas auszusagen wie: Nur wem es gut geht, kann es sich leisten vegan zu leben. Oder Menschen, die vegan leben, geht es einfach zu gut. Oder Veganer sind realitätsfremd. Oder aber das wohl beliebteste: Vegan zu leben ist ein Luxusproblem.

Selbstverständlich sind die meisten Veganer in der sogenannten Ersten Welt beheimatet. Genauso wie diejenigen, die im Supermarkt das abgepackte Fleisch aus der Kühltheke ziehen. Dieser Umstand ist jedoch weder gut, noch schlecht. Er ist einfach Teil der heutigen Realität. Somit könnte man durchaus sagen der durschnittliche Veganer ist heutzutage vorwiegend in irgendwelchen Großstädten anzutreffen. Genauso kann man jedoch auch sagen, der durchschnittliche Mischköstler ist heutzutage ebenso in einer solchen beheimatet.

Nichts desto trotz hat die Kombination Veganismus und Großstadt oder moderne Zivilisation in mancher Augen wohl einen negativen Touch. Warum genau kann ich persönlich nicht so wirklich nachvollziehen. Denn, will man selbst lieber raus in die Wildnis, um mit den Wölfen zu heulen und sich seine Beute selbst zu erlegen? Oder will man nicht selbst die Vorzüge eines üppigen Supermarktangebots genießen?

Bis jetzt könnte man also sagen:

Der durchschnittliche Veganer ist hauptsächlich weiblich, meist tierethisch, ökologisch oder gesundheitlich motiviert, ist nicht gerade auf den Kopf gefallen und vorwiegend in der modernen Zivilisation beheimatet.

So interessant die Frage nach dem durchschnittlichen Veganer auch ist, anders herum könnte man wohl auch fragen was das dann für Menschen sind, die nicht vegan leben? Sind das dann ungebildete, meist männliche Menschen, die auf dem Land leben? Menschen, die keinen Blick für Themen wie Umweltschutz oder Tierschutz haben, denen diese Themen egal sind? Menschen, die nichts von Sport und Gesundheit halten?

Wie ist der typische Nicht-Veganer?

Der sogenannte „Karnismus“ macht´s?

Laut der Sozialpsychologin Dr. Melanie Joy ist es der sogenannte „Karnismus“, der die meisten am Tierprodukte-Konsum hält. So sagt sie:

“ Karnismus ist ein Glaubenssystem, eine Ideologie. Wir sind mit der Vorstellung aufgewachsen, dass es richtig ist, Tiere zu essen. Das ist eine soziale Norm, an der kaum gerüttelt wird. Der Karnismus hält uns davon ab, diese Norm zu hinterfragen. Wir haben also die Logik eines höchst unlogischen Systems verinnerlicht.“

Also ist der Grund warum wir Tierprodukte essen nicht der, dass wir Fleisch zwingend verzehren müssen, um gesund zu sein, sondern weil es uns dieser Glaube praktisch anerzogen wurde?

Im Endeffekt könnte man das wohl genau so deuten, ja. Rechtfertigungsgründe warum man Tierprodukte isst mögen einem wohl bei einer ersten Betrachtung des Themas viele in den Kopf schießen. Doch sind diese Argumente wirklich immer logisch fundiert? Vor allem da mittlerweile mehrfach medizinisch belegt ist, dass wir als Menschen Fleisch sowie Tierprodukte nicht zwingend essen müssen.

Alles in allem wird der Begriff Karnismus vielen erst einmal nichts sagen. Kurz  erläutern könnte man das wohl wie folgt:

  • Wir leben heute in einer Art Glaubenssystem, einer dessen zentraler Bestandteil die Annahme ist, dass Fleischessen als „natürlich, normal und notwendig“ angesehen wird.
  • Weitere Bestandteile ist die Kategorisierung von ein paar wenigen Tierarten als essbar und die Akzeptanz von gewissen Haltungs- und Nutzungsformen nur gegenüber diesen Spezies. Sodass es letztendlich gesellschaftsabängig und nicht allgemein gültig ist, welche Tierarten nun als Nahrungsmittel fungieren und welche nicht.
  • Ein anderer Aspekt nennt sich das Fleisch-Paradoxon. Die meisten Menschen wollen nicht, dass Tieren Leid zugefügt wird, bevorzugten aber eine fleischhaltige Ernährung, die nicht ohne Tierleid auskommt.

Näheres zum Thema Karnismus und was das genau ist, erklärt dieses Video:

Was ist jetzt das Fazit? Karnismus vs. Veganismus?

Was ist nun an dieser Stelle das berühmt-berüchtigte Fazit? Ist der heutige Veganer also ein kluger, gesundheitsbewusster, junger Mensch? Und der durchschnittliche Tierprodukte-Konsument jemand, der einem unlogischen System anhängt?