Was sind das eigentlich für Leute, die in der ersten Reihe sitzen?

Kein Scherz: Am 1. April, auf gut Deutsch vorgestern, las der unerreichte Max Goldt im vollbesetzten Saal des Zürcher Kaufleuten. Durfte man sich natürlich nicht entgehen lassen.

Kurz nach 20 Uhr wird’s dunkel im Raum – und es ist noch nicht wieder ganz hell, da steht er schon auf der Bühne, der Max Goldt, marschiert zielstrebig auf sein Tischchen zu, giesst sich Wasser ein, freut sich, hier zu sein und legt los. Kein grosses Trara, kein Brimborium: so wie er eben auch schreibt, der Mann mit den eleganten Formulierungen, den markanten Bonmots und den rasiermesserscharfen Gesellschaftsbilder.

Der erste Text heisst “Was sind das eigentlich für Leute, die in der ersten Reihe sitzen?” – mulmiges Raunen dringt von vorne in die noble Reihe zehn oder elf, wo ich mich platziert habe. Der Autor relativiert: das gelte natürlich nur für anderer Leute Veranstaltung. Auf diesen Genitiv legt er Wert und entsprechend Betonung. Er ist ein Sprachkünstler, dieser Goldt, ein verschmitzt hinter seinen Papieren hervorgrinsender Sprachkünstler. Lacher und Sympathie hat er von diesem Moment an auf seiner Seite.

Er liest, schreit und singt sich mit nie versagender kräftiger Stimme durch eine Vielzahl seiner Kurztexte. Vom frühen “Mini-Talk am Nachmittag” einem Dialog für vier Personen (1994) bis zum neuen “Fast vierzig zum Teil recht coole Interviewantworten ohne die dazugehörigen dummen Fragen” lässt er nichts aus, bringt das ganze Spektrum an Textformen. Zum ‘halbstummen Dialog’ (zwei Personen, von denen nur eine spricht) “Die Ministerialdirigentin Martinek” merkt er an, er wisse nicht, ob man den Text verstünde, er “teile sich nicht so mit” – tut er aber doch – und ist dabei grandios komisch.

Selbst der Text “Deutsche im Hotel”, der zu zwei Dritteln aus Sätzen besteht, die Goldt angeblich von Hotel-Rating-Websites gezogen hat, schlägt ein. Die unaufgeregte Art des Autors und Vortragers, der an den richtigen Stellen Pausen einlegt, um dem Publikum Zeit zu geben die Pointen nachzuvollziehen.

Der Text “Mein preussischer Nachmittag” liegt Max Goldt besonders am Herzen: früher habe ihn die Kritik als ‘zäh’ bezeichnet, heute als ‘nobel’, sagt er mit süffisantem Stolz. Mit demselben süffisanten Stolz, mit dem er diesen Text auch vorträgt, kräftiger Gesang inklusive.

Zum Schluss grosser Applaus – und eine Zugabe: “Der Hugo”, ein Text, der nochmals alle im Saal mitreisst und dem beglückten Publikum zwei hübsche Sprichworte mit in den milden Frühlingsabend gibt: “Bricht der Zweig auf dem er sitzt, vergisst der Vogel, dass er fliegen kann” – und: “Der Hugo semmelt mal wieder ganz schön runter!” …


Übrigens: die vielen bunten Max-Goldt-Bücher und -Hörbücher, die es im Foyer zu kaufen gab, wurden von Therese Brändli vertrieben, deren Internetbuchhandlung www.buchland.ch einen Besuch lohnt.

 


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