Besprechungen wie diese sind nicht sehr angenehm. Zumindest für jemanden, der gern den alten Zeiten nachhängt und nicht jede neue Kurve so geschmeidig zu nehmen weiß wie andere Zeitgeister um einen herum. Und auch wenn einem im Grunde klar ist, dass das ewige Herumreiten auf den ollen Indiekamellen nichts bringt und, schlimmstenfalls, sogar höchst ungerecht ist, möchte man die grundsympathische Beth Ditto doch mal zur Seite nehmen und ihr ein paar Takte sagen. Allein – es würde nichts helfen. Für ihren Eigensinn und ihre Beharrlichkeit ist sie ja nun mittlerweile weltweit bekannt und dadurch auch zu so etwas wie einem richtigen Star geworden. Und es wird sie ein müdes Schulterzucken, ein glucksendes Lachen kosten, beklagte man sich über die Entwicklung, die ihre Band in den letzten Jahren genommen hat.
Die ersten Schritte in Richtung Disko hatte ihr bei „Music For Men“ noch Rick Rubin beigebracht, Dittos selbstbetitelte EP aus dem letzten Jahr vollzog den Wandel komplett und auf „A Joyful Noise“ ist nun zu hören, dass an eine Rückkehr zum Rock nicht mehr zu denken ist – die Frau hat sich entschieden, das ist ihr Weg. Madonna also, die sie wie keine Zweite als Ikone verehrt, soll es sein, ABBA zudem, auch wenn von dieser Verwandtschaft kaum etwas auf dem aktuellen Album herauszuhören ist, die Wahl des Produzenten Brian Higgins aka Xenomania anstelle eines überarbeiteten Mark Ronson fundamentiert die neuen Eckpfeiler des Gossip-Sounds: souliger Dancepop, der in seinen schwachen Momenten zum Eurotrash zu kippen droht, etwas Italo, etwas House, nicht für die schummrige Studentenbude, sondern für die feierwütigen Clubs sind diese Songs gemacht.Und hätte Beth Ditto diese kraftvolle, wunderbare Stimme nicht, die manchmal etwas dünnen Ideen der neuen Stücke würden deutlicher zutage treten – so jedoch schafft sie es (trotzdem wieder), dem krittelnden Argwohn einen saftigen Tritt in den Hintern zu verpassen, so wird dann doch aus fast jedem der Stücke eine Feier ausgelassenen Frohsinns. Gitarren sind mittlerweile vom Gerüst fast zum Fremdkörper verkommen, das bratzige Exemplar im Eröffnungsstück „Melody Emergency“ hätte man sich da eher schenken können. „Perfect World“ ist satt und eingängig, auch die kräftig pumpende Aufarbeitung der eigenen Wegstrecke („Girl you better get a job, girl you need to work real hard“/Get A Job) ist gelungen. Weitere Favoriten finden sich mit dem vergleichsweise zarten und nicht ganz so grellen „Casualities Of War“, dem Soul von „Involved“ und der ansteckenden Funkyness in „Horns“. Dass hier mehr Sachen danebengehen als auf den Vorgängeralben, nun, vielleicht ist dieser Eindruck der oben genannten Schwerfälligkeit geschuldet – bei „Into The Wild“ fragt man sich unweigerlich „Langnese? Baccardi?“, auch für „I Won’t Play“ oder „Love In A Foreign Place“ muß man ein leichtes Gähnen unterdrücken. Und doch schafft es die Band selbst bei solchen Stücken, den mittelmäßigen Gesamteindruck durch ein paar federleichte, poppige Hooks zu stören – zu dumm aber auch. Verteufeltes Ding also, diese Platte, übelnehmen schwer gemacht, den Rest an Unglauben noch dem ohnehin riesigen Charmebonus der dicken Ditto geopfert, soll sie doch machen, was sie will, solange sie Spaß daran hat und ab und an den Klemmern und Überkorrekten sauber eins vor die Birne gibt. http://perfectworld.gossipyouth.com/