Wir alle wollen beachtet werden. Wir alle wollen wahrgenommen werden. Wir alle (auch jeder noch so coole Einzelgänger) wollen geliebt werden. Wir alle wollen uns als wertvolle Menschen fühlen. Und wir tun eine ganze Menge, um dieses Gefühl zu bekommen.
Wir ziehen uns schicke Klamotten an, um einen guten ersten Eindruck zu machen. Wir hängen uns aussagekräftige Buttons an die Jacke, tragen teure Uhren und beziehen die schicke Doppelhaushälfte am Rand der Vorstadt. Wir sind nett zu anderen Menschen oder bewusst frech, wenn wir sie verführen wollen.
Gegen all diese Dinge ist auch überhaupt nichts einzuwenden. Aber warum legen wir Wert auf sie? Warum legst DU Wert auf sie? „Weil man das halt so macht, wenn man erfolgreich/ glücklich sein will" ? „Weil man sonst nur schief angeschaut wird" ? „Weil mich keiner mehr mögen würde, wenn er erfahren würde, wie ich WIRKLICH bin" ?
Was wäre, wenn du all diese Dinge nicht mehr hättest? Was sehen andere Menschen dann in deinen Augen? Was strahlst du aus? Was versuchst du auszustrahlen? Wärst du gerne so charismatisch, dass andere Menschen gar nicht anders können, als dich zu respektieren und zu lieben?
Ausstrahlung ist das, was du (im wahrsten Sinne des Wortes) nach außen strahlst. Das, was bei deinem Gegenüber ankommt. Charisma ist eine bestimmte Art von Ausstrahlung. Im ursprünglichen Sinne heißt Charisma ja „Gabe der Götter". Es ist diese Ausstrahlung, die einen Menschen von den anderen abhebt.
Es sind diese Männer, nach denen sich alle Köpfe umdrehen, wenn sie nur den Raum betreten oder bei denen Frauen diese innere Unruhe spüren, wenn sie ihnen ein paar Sekunden lang in die Augen sehen. Es sind diese Frauen, bei denen alle Stimmen im Raum verstummen, sobald sie das Wort ergreifen und bei denen ein Mann gar nicht anders kann, als sich nach ihr umzudrehen und das eben nicht, um ihr nur auf den Arsch zu starren.
Charisma ist dieses besondere Etwas. Charisma ist Ausstrahlung. Aber nicht jede Ausstrahlung ist gleich Charisma. Denn Ausstrahlung ist wirklich ALLES, was du ausstrahlst, selbst das, was du gar nicht ausstrahlen willst. Ausstrahlung folgt einer Regel: Wie im Innen, so im Außen.
Du kannst Ausstrahlung nicht faken! Du kannst vielleicht an deiner Körpersprache, deiner körperlichen Erscheinung (Gewicht, Muskeln, Schönheitsoperationen) und deiner Stimmlage herumdoktern und dabei kopieren, was andere charismatische Menschen tun, aber diese Maske wirst du NIE aufrecht erhalten können, wenn dein Inneres noch anders aussieht. Schon nach wenigen Minuten im Gespräch weiß dein Gegenüber genau, wie es in dir drin aussieht, trotz deiner tollen Fassade, die du dir so hart vor dem Spiegel oder in Charisma-Workshops antrainiert hast.
Möchtest du von anderen Menschen mehr Respekt und Anerkennung und zwar nicht nur für dein hübsches Äußeres oder dein nettes Verhalten? Willst du, dass sich die Menschen wirklich für DICH interessieren und nicht nur deinen Körper und deine Erfolge? Willst du endlich zu 100% DU SELBST sein dürfen, ohne deswegen ständig anzuecken oder verletzt zu werden?
Keine Masken mehr? Nur DU? Mit allen Ängsten, Unsicherheiten und Wünschen, egal wie unüblich, kindisch, pervers oder politisch inkorrekt sie sind? Einfach mal zurücklehnen und schwach sein dürfen, ohne als Verrückte/r, Weichei oder süßes Dummchen hingestellt zu werden? Dann, Houston, haben wir ein Problem:
Denn andere Menschen reagieren instinktiv auf das, was du ausstrahlst. Sie können sich ihre innere Reaktion nicht bewusst aussuchen.
Zur Erinnerung: Du strahlst aus, wie es in deinem Inneren aussieht. Solange du spürbar Angst vor den negativen Reaktionen deiner Mitmenschen hast, wirst du diese Angst auch ausstrahlen. Ganz besonders - hundertmal stärker - wirst du sie ausstrahlen, wenn du versuchst sie zu verstecken. Und wie du vielleicht aus eigener Erfahrung weißt: Menschen, bei denen du die Angst oder das niedrige Selbstwertgefühl quasi riechen kannst, versuchst du instinktiv eher zu meiden.
Erinnere dich: Hast du schon einmal so einen Vertreter des anderen (oder gleichen) Geschlechts auf einer Party kennengelernt: Erster Eindruck: Wow! Attraktiv, schönes Lächeln, riecht gut... „Das könnte ein toller Abend werden.". Aber dann, nur wenige Minuten im Gespräch geht deine Begeisterung plötzlich verloren. Aus irgendeinem Grund wird dir langweilig und du verlierst das Interesse an dieser Person. Du wusstest vielleicht nicht einmal, wieso. Es war einfach nur so ein Gefühl... das dir zu verstehen gegeben hat: „Nee... das muss nicht sein.".
Das ist die Macht von Ausstrahlung! Menschen werden immer wesentlich stärker darauf reagieren, als auf den äußeren Eindruck. Du kannst noch so sehr an deiner Kleidung, deiner Körpersprache oder einem höheren Einkommen arbeiten. Eine positive, in den Bann ziehende Ausstrahlung (= Charisma) kannst du nicht einfach so erschaffen.
Sie entwickelt sich, wenn du es zulässt. Denn Charisma ist nicht die Abwesenheit von Schwäche oder Verletzlichkeit, sondern die Selbstverständlichkeit, dass diese Dinge da sind und der bewusste Umgang mit ihnen. Charisma hast du, wenn du dich so, wie du WIRKLICH bist, nach außen zeigst. Auch auf die Gefahr hin, eben nicht von jedem gemocht zu werden.
Wer das tut, hat plötzlich eine ganz andere Wirkung auf Menschen, völlig unabhängig von seinem ersten Eindruck.
- Diese Zicke aus dem Nebenbüro, die du nach nur 5 Minuten Gespräch plötzlich lieb gewonnen hast.
- Dieses (scheinbare) Arschloch, dem du trotzdem nicht widerstehen kannst, egal wie abartig du sein Äußeres oder seine moralische Einstellung findest.
- Dieser (seltene) Politiker, dem alle Anwesenden ruhig und gebannt zuhören, ohne ihn ständig zu unterbrechen.
- Dieser erfolgreiche Unternehmer, der aussieht wie ein Bratwurstverkäufer, von dessen Reichtum keiner weiß, in dessen Nähe aber trotzdem jeder gerne sein möchte.
Werde dir all deiner Schwächen und Ängste bewusst und erlaube ihnen, da zu sein.Das heißt umgangssprachlich auch: „mit sich selbst ins Reine kommen". Stehe zu dem Menschen, der du jetzt gerade bist. Selbstbewusst. Authentisch.
Du musst deine Macken deswegen nicht gleich jedem auf die Nase binden, um ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen, bevor er dich damit verletzen kann. Das wäre Überkompensation. Jennifer Lawrence ist ein Paradebeispiel dafür und ich leide fast körperlich darunter, ihre Interviews anzuschauen. Sie hat vielleicht Talent und durchaus Unterhaltungswert, aber es fällt mir (und da bin ich sicher nicht der einzige) verdammt schwer, sie als Mensch ernst zu nehmen.
Nein, es geht nicht darum, dich vor Erniedrigung, Respektlosigkeiten, Beleidigungen, Zurückweisungen und Herzschmerz zu bewahren, sondern darum anzuerkennen, dass du dich noch oft so fühlen wirst, ob du das willst oder nicht. Renne vor dem Schmerz nicht davon, denn das bringt nichts. Renne aber auch nicht geradewegs in ihn hinein, mit dem Kopf durch die Wand. Das bringt vielleicht kurzweilige Erfolge, aber schon nach weniger Zeit fühlst du dich wieder genauso klein wie vorher. Was andere Menschen auch sofort in deinen Augen sehen werden.
Erkenne an, dass der Schmerz da ist. Deine Ängste sind da. Deine Schwächen sind da. Daran kannst du jetzt in diesem Moment nichts mehr ändern.
Du kannst aber verändern, wie du mit ihnen umgehst. Du kannst ihnen erlauben, da zu sein. Du kannst aufhören so zu tun, als hättest du sie nicht. Du kannst aufhören, sie mit motivierenden Affirmationen und anderen selbstmanipulativen Methoden zu übermalen.
Du darfst verletzlich sein. So wie alle Anderen auch.
Denn seien wir ehrlich: Respektierst du einen Menschen weniger, sobald du seine Schwächen kennengelernt und erkannt hast, dass er eben nicht perfekt ist? Oder verlierst du den Respekt nicht eher vor Menschen, die versuchen etwas darzustellen, was sie gar nicht sind?
Siehst du. Genauso geht es auch all deinen Mitmenschen.
Und glaub mir: Du wärst überrascht, wenn du wüsstest, wieviele Menschen nach so jemandem in ihrem Leben suchen, wie du es JETZT GERADE bist.
Mit all deinen Macken. Mit den Speckröllchen auf der Hüfte und den „viel zu dicken" Beinen. Mit deiner Angst vor zuviel Rampenlicht oder deinem übergroßen Aufmerksamkeitsbedürfnis. Mit deiner Unfähigkeit, die richtigen Worte im richtigen Moment zu finden. Mit deiner Schrottkarre vor der Haustür und deinen modisch veralteten Hemden. Mit deiner (noch) nicht überwundenen Depression oder deinen kleinen Psychosen. Mit deiner Angst davor, wieder verlassen oder verletzt zu werden. Oder andere zu verletzen.
Wenn du wüsstest, wie wertvoll du „gestörtes" Wesen gerade für so viele Menschen in deinem Leben bist, würdest du dein Spiegelbild jeden Morgen auf obszöne Art und Weise abknutschen, da bin ich mir sicher ;-)
Was du jetzt konkret tun kannst, um inneren Frieden mit dir zu schließen und damit echtes Charisma zu entwickeln:- Liste 3 Dinge oder Verhaltensweisen auf, die du an dir selbst nicht magst. Was würdest du am liebsten vor Anderen verstecken?
- Schreibe nun jeweils die Antwort auf folgende Frage auf „Was wäre das Schlimmste, was passieren kann, wenn Andere diese Sache an mir bemerken?".
- Danach bewerte dieses Worst-Case-Szenario: Wie wahrscheinlich ist es auf einer Skala von 1-10 ?
- Nun schreibe jeweils auf: Wie würdest du reagieren, wenn du diese Sache bei deinem besten Freund / deiner besten Freundin entdecken würdest? Wie schlimm fändest du es auf einer Skala von 1-10? Wäre es Grund genug, die Freundschaft zu beenden?
- Nun finde für jeden dieser 3 Punkte genau eine Situation, in der sie ein Vorteil für dich wäre. Was wäre das „Best-Case"-Szenario TROTZ dieses negativen Umstandes?
Manchmal hilft es schon, die eigene Schwäche einmal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Höre auf, zu verleugnen, wer du bist. Andere Menschen sehen es sowieso, egal wie gut du dich verstellst.
Lebe ehrlicher. Lebe verletzlicher. Lebe authentischer. Und dann genieße diese neue Ausstrahlung, die du auf dich und deine Mitmenschen jetzt hast.
Alles Liebe,
Arne
Über den Autor:Arne Tempel hat es sich nun zum Ziel gesetzt, herauszufinden, wie wir Menschen unnötiges Leiden erschaffen und es beenden können. Nachdem er seine eigene klinische Depression überwunden hat, besteht seine Hauptaufgabe heute darin, Menschen die unter Depressionen und Burnout leiden, auf ihrem Weg der Heilung und hin zu einem ehrlichen, verletzlichen und selbstbestimmten Leben zu unterstützen. Dazu schreibt er auf www.nie-mehr-depressiv.de und seinem Blog www.echt-leben.com .