Dies ist ein Beitrag von Aussie Buschfunk
Foto: Huhnbeauftragter
Romy lebt mit ihrem australischen Ehemann außerhalb von Esperance, im Südwesten Australiens. Man könnte vielleicht noch sagen, dass sie eine Nachbarin von mir ist. Inzwischen ist sie außerdem eine gute Freundin und ich genieße es, mit ihr deutsch zu quatschen. Romy erzählte uns bereits, wie sie alleine den Great Ocean Walk wanderte, wie sie die englische Sprache meisterte und wie sie in Esperance landete. Heute erfahren wir, was sie in ihrem neuen Leben Down Under aus Deutschland vermisst:
Deutsches Essen vermisse ich nicht
Was Essen anbelangt, vermisse ich nichts wirklich. Ich koche in Australien viele Mahlzeiten, die ich damals in Deutschland auch kochte. Wenn es hier etwas nicht gibt, z.B. Quark, dann improvisiere ich einfach. Ich nehme dann etwas anderes. Das geht schon irgendwie.
Die Bequemlichkeit und Einfachheit deutscher Städte
Sogar in deutschen Kleinstädten ist mit dem Fahrrad, Auto, Bus oder Bahn alles innerhalb kurzer Zeit erreichbar. Man kann sich schnell ein Eis holen, etwas einkaufen oder einen Arzt aufsuchen. Auch kann man sich in den Zug setzen und an einem Wochenende eine neue Stadt erkunden. Das vermisse ich hier.
Man muss immer viel Auto fahren. Die nächste Stadt ist 400 km entfernt. Fachärzte muss man in Perth (800km entfernt) aufsuchen. Oft muss man wochenlang warten, um einen Allgemeinarzt sehen zu können. Wenn man nicht so lange warten kann, dann muss man stundenlang in der Notaufnahme des Krankenhauses warten.
In Esperance gibt es nicht viele Ökoprodukte. Die muss ich im Internet bestellen. Einen Buchladen mit 3 Stockwerken gibt es hier nicht. Wir haben nur einen kleinen Buchladen, der nur eine geringe Auswahl hat. Man kann dort zwar Bücher bestellen, aber einfacher ist es, wenn man das selbst online erledigt.
Ich muss allerdings sagen, dass ich diese Isoliertheit mehr und mehr genieße. Ich finde es gut, dass ich nirgends anstehen muss und immer einen Parkplatz finde. Mein Leben hier ist einfach. Diese andere Einfachheit ist dann auch schön.
Die deutsche Sprache
Was mir auch fehlt, ist das Reden auf Deutsch. Auf Englisch kann ich mich noch immer nicht so ausdrücken, wie auf Deutsch. Wenn zum Beispiel Diskussionen über Politik anfangen, dann würde ich in Deutschland anders reagieren als hier. Ich habe ein bisschen aufgegeben. Wenn es zu schwer für mich ist, etwas in Worte zu fassen, dann lasse ich es lieber sein. Aber das wird bestimmt irgendwann besser.
Dichte Wälder
Ich unternahm viele Waldwanderungen in Deutschland. Ich liebe große, hohe Bäume, den Geruch von Laub und Moos sowie die Kühlheit im Wald. In Esperance gibt es nur das Helms Arboretum. Unterschiedliche Bäume wurden in Blocks angepflanzt. Es ist aber kein schöner, natürlicher Mischwald. Die Bäume sind spindeldünn und das Laub ist nicht dicht genug, um die australische Hitze aus dem Wald zu verbannen. Auch wird man dort von Mücken gefressen.
In anderen Teilen Australiens gibt es schöne Wälder, aber nicht bei uns in Esperance. Man kann natürlich nicht alles haben. Wir haben dafür atemberaubende Strände.
Meine Familie
Natürlich vermisse ich meine Familie – meine Schwester, meinen Bruder, meine Nichten und Neffen. Ich vermisse es zu sehen, wie die Kinder aufwachsen. Kinder zeigen unverhohlen ihre Gefühle. Sie zeichnen und basteln für dich und wollen deine Aufmerksamkeit. Ich wäre gerne in der Lage, meine Familie öfter zu sehen.
Freundschaften
In Deutschland habe ich nicht wirklich viele Freunde. Die meisten sind von der Schulzeit. Eine Arbeitskollegin, die zur gleichen Zeit anfing wie ich, wurde eine gute Freundin. Die vermisse ich sehr.
Ich arbeite dran, australische Freunde zu finden. Das ist nicht so einfach. Ich bin keine Person, die einfach Freunde findet. Das ist wahrscheinlich das schlechteste, dass dir in Australien passieren kann. Die Australier sind relativ zurückhaltend, wenn es um echte, ehrliche Freundschaften geht. Ich rede auf der Arbeit mit meinen Kollegen über viele Dinge, aber nur oberflächlich. Wahrscheinlich liegt es daran, dass wir kulturell so verschieden sind. Mir ist oft aufgefallen, wenn ich ein persönliches, für australische Verhältnisse nicht „normales“ Thema anfange, dass die Aussies dann ganz komisch werden und nicht damit umgehen können.
Ich habe endlich eine Freundin durch die Arbeit kennengelernt. Es hat bei uns von Anfang an geklickt. Aber sie ist meine erste australische Freundin. Für Freundschaften muss man Zeit investieren. Ich versuche es immer wieder mit Australiern. Ich frage, ob wir gemeinsam etwas unternehmen können. Es wird immer „Ja, ja“ gesagt, aber es passiert dann nichts.
Nachrichten, Fortschritt und Esskultur
Viele Australier sind egoistisch. Sie interessieren sich nicht dafür, was außerhalb von Australien passiert. Man merkt, dass wir auf einer Insel sind, die ganz weit weg von allem entfernt ist. Viele Dinge sind nicht auf dem gleichen Standard wie in Deutschland oder andere westliche Länder. Australier sind ein bisschen zurückgeblieben, vor allem in der Medizin und im Umweltschutz. Das nervt mich.
Ich arbeite in einem Restaurant. Dort ist mir aufgefallen, dass viele Leute nicht offen für neue Gerichte und Geschmäcker sind. Sie wollen es nicht probieren. Das ist manchmal sehr frustrierend. Und ich finde es schade. Aber man kann niemanden zu etwas zwingen. Von daher ist das OK.
Falls du wissen möchtest, was ich aus Deutschland vermisse, dann lese hier weiter!
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