Was online privat ist, ist nicht das wirkliche Problem

Von Medicus58

Bild bewerten

GTL | 6.2.2014 | Kommentare (0)

Was online privat ist, ist nicht das wirkliche Problem

Alle, die sich in den Social Media nicht nur passiv betätigen, sollten den aktuellen Konflikt zwischen dem Chefredakteur des Falters, Florian Klenk, und dem Journalisten und Fotografen Manfred Klimek aufmerksam verfolgen.
Vereinfacht geht es darum, dass Klenk in einem seiner Artikel von Klimek auf Facebook gemachte Aussagen zur Demo gegen den "Akademikerball" zitierte.
Eine gute Zusammenfassung des Problems inkl. Links zu einschlägiger juristischer Entscheidungungen bringt die Presse: 
http://diepresse.com/home/kultur/medien/1558926/Klimek-vs-Klenk_Wie-privat-ist-meine-Meinung-auf-Facebook?from=gl.home_kultur  

Für einen unter Pseudonym Bloggenden ist dieses Thema nur scheinbar irrelevant, weil es natürlich ein Leichtes ist im Falle eines Gerichtsverfahrens auch meine Identität leicht zu lüften ist.

Jeder aufmerksame Social Media Teilnehmer kennt das Problem, dass es schon längst nicht mehr nur "die Kids" sind, die über die privatesten Fakten ihres Lebens ein ungezügeltes Mitteilungsbedürfnis an den Tag legen.

Ein mir die Freundschaft auf Facebook angetragener, im wirklichen Leben mäßig bekannter Kollege hat während der laufenden Debatte über die "Reichensteuer" so platt mit seinen diversen Immobilien und Statussymbolen geprahlt, dass es schon massiv juckte, dies in einem Blog zu verwenden.

Auch die Mitteilungen zweier mir seit Jahrzehnten bekannten Kolleginnen, die auch in der Gesundheitspolitik nicht unbekannt sind, wären für so manchen Lacher gut gewesen, auch hier entschied ich mich gegen eine Verwendung, weil die Inhalte nur gegen die betreffenden Menschen ("ad hominem") gewirkt hätten, aber nichts zur Sache an sich beigetragen hätten.

Letztendlich geht das Problem weit über Social Media hinaus, weil unsere Meinung, die wir in Blogs, Foren oder auf Twitter darlegen, von vielen Erkenntnissen geformt wurde, die wir unter dem Siegel der Verschwiegenheit in unseren Funktionen gewonnen haben und deshalb in der Verteidigung unseres Standpunktes nicht heranziehen dürfen.
Erwartungsgemäß sind auch die Juristen keine Hilfe, wenn sie von einer nur im Einzelfall zu treffenden Entscheidung sprechen; wäre mal lustig, wenn die Freunde auch mal unter das Joch evidenzbasierter Leitlinien gezwungen würden, das aber nur nebenbei.
Meines Erachtens muss ein verantwortungsvoller Journalist, Blogger oder Twitterer eben selbst entscheiden, welche Informationen er zur Untermauerung seiner Thesen heranzieht.
Zitiert er unwahr, ist dies zu ahnden.


Zitiert er aber wirklich gemachte Aussagen und hat sich die "Online-Freundschaft" des Sprechers nicht erschwindelt, dann ist für mich zwar der Wunsch nicht aber ein Recht auf einen Maulkorb verständlich. 
Wir erinnern uns doch an einen meiner Lieblingsinsassen des Satanswinkerls (Wolfgang Schüssel http://sprechstunde.meinblog.at/?blogId=33582) und seine "richtige Sau Affäre" im Kreise eines journalistischen Hintergrundgespräches.

Auch wenn es schwer fällt, müssen wir uns daran gewöhnen, dass online gemachte Aussagen letztendlich global erfolgen, auch wenn es uns meistens schützt, dass die meisten der 2,4 Milliarden User (http://www.internetworldstats.com/stats.htm) ohnehin nicht interessiert, was wir da so von uns geben, meistens ...

Vergleiche auch
29.5.2012 Warum pfeifen die Spatzen nicht oder pfeifen sie schon drauf?http://sprechstunde.meinblog.at/?blogId=63465