In der heutigen Zeit wird es immer schwerer die passende Musik im digitalen Vertriebsdschungel zu finden, doch woran orientiert man sich auf seiner Suche? Was muss man selbst machen um überhaupt noch mit seiner Musik aufzufallen?
Während es in den 90ern noch ausreichte Techno & House ein paar Platten zu pressen und diese anschließend durch den Vertrieb in die Recordstores zu stellen oder einfach dem Booker ein Demo-Tape in die Hand zu drücken, ist der Weg für den Erfolg von Veröffentlichungen oder Künstlern ein wesentlich längerer geworden. Häufig ist für einen alleine diese Arbeit kaum noch zu stemmen.
Techno & House ist eben der Subkultur entwachsen und zum ganz alltäglichen Business geworden.
„Business as usual“ mit den verschiedensten Tätigkeitsbereichen von denen wahrscheinlich viele nie erfahren werden, dass diese überhaupt existieren.
Einer der wichtigsten Bereiche mit dem allerdings wohl eher die wenigsten in Berührung kommen werden, ist Musikpromotion, ein Bereich bei dem man sich selbst nicht so wichtig nimmt und versucht der Musik so viel Gehör wie möglich zu verschaffen, denn so ist es nun mal in der Geschäftswelt: Veröffentlichungen werden an den Verkaufszahlen und Künstler an den Gigs gemessen. Oder anders ausgedrückt, was nützt einen die beste Musik, wenn sie keiner hört?
Wir wollten etwas mehr über den immer wichtiger werdenden Bereich im Musikgeschäft, und wie man dazu kommt sowie was man hier eigentlich macht, wissen und haben uns mit Nicole und Markus von Kaufe Musik Promopool aus Frankfurt über ihren ganz alltäglichen Arbeitstag unterhalten.
• Als Online-Magazin kommt man zwangsläufig und recht schnell in den Kontakt mit eurer Branche, viele Musikliebhaber werden aber wahrscheinlich gar keine Vorstellung von dem haben, was ihr überhaupt so macht und worin eure Hauptaufgabe besteht. Wenn ihr selbst eine Definition für eure Tätigkeit abgeben müsstet, wie würde diese lauten? Was ist die Aufgabe eines Musik-Promoters?
Ganz kurz ausgedrückt, wir kümmern uns darum, dass die Musik verschiedener Labels oder Künstler, auch gehört wird. Sei es durch DJs (dadurch auch durch Partygänger), Radios oder von Magazinen.
Wir versenden die Veröffentlichungen unserer Kunden an eine Reihe von namenhaften oder aufstrebenden DJs und Produzenten, Radios, Internet Radios, Blogs und Magazine, die uns, sofern es ihnen gefällt, ein „Feedback“ schicken.
Bei der Künstler-Promotion gehen wir auch einen Schritt weiter und schreiben verschiedene Magazine, Blogs, Radios an, um für unseren Kunden Interviews, Reviews, Auftritte im Radio oder eine gute Platzierung ihrer Mixe bei großen und kleinen Blogs (Podcast Anbieter) einzuholen. Somit steigern wir den Bekanntheitsgrad des Künstlers und sorgen dafür, dass seine neue Musik auch gespielt und gehört wird.
• Musik-Promotion ist nicht nur ein wenig bekannter Bereich, ihr werdet bestimmt keine staatlich abgeschlossene Berufslehre für diese Branche haben. Allerdings kann man bei so einer Berufswahl auch davon ausgehen, dass ihr diesen nicht angenommen habt, weil es die einzig freie Lehrstellen vom Amt war, was hat euch letztendlich an diesem Job so fasziniert, dass ihr euch dieser Aufgabe stellt und wie, bzw. über welche verschiedenen Umleitungen seid ihr zu diesem Beruf gekommen? Was ganz speziell macht der Reiz an dieser Tätigkeit für euch aus? Was habt ihr vorher gemacht?
Nicole stieg vor ca.1 Jahr mit ein und kümmert sich um die Label-Promo und teilweise auch um die Künstler-Promotion. Ich kümmere mich momentan eher um Künstler-Promotion und die Vernetzung von Podcasts, helfe aber auch bei der Label-Promo aus.
• Hat man eigentlich noch die Freiheit zu sagen, ihr bewerbt hauptsächlich eure
Lieblingsmusik und was läuft bei euch im Büro überhaupt für Musik? Ist es so ganz stupide das Radio oder hört ihr die Promos von euren Lieblingskünstlern rauf und runter?
Nicole: Ich mach morgens immer das Radio an, das gehört einfach zum Aufstehen dazu, genauso wie die Rollläden nach oben zu kurbeln. Meine Lieblingsmusik ist im Promopool eher nicht anzufinden.
Markus: Es gibt einige Promos, die ich gerne höre, aber eigentlich schicke ich sie mir auf meinen Studiorechner und lad sie auf meinen USB-Stick oder meine SD-Card, damit ich diese bei Auftritten spielen kann.
Bei der Promotion bin ich ganz froh, wenn mal keine Musik läuft, allerdings mag ich Nachrichten. Man will ja wissen, was da draußen so alles passiert.
• Jeder Büroalltag hat zum Glück auch mal ein Ende. Hört ihr noch viel Musik in eurer
Freizeit? Was hört ihr privat am liebsten und wer sind eure Favoriten?
Nicole: Durch unseren Sohn fehlt mir oft die Zeit zum entspannten Musik hören.
Ich mag Privat ganz andere Musik: Little Dragon, Angus and Julia Stone, Ben Howard & Kings of Leon zum Beispiel.
Markus: Nichts, ich mach lieber den Fernseher an, sofern ich mal dazu komme.
• Standardmäßig sind die Label-Betreiber, mal abgesehen von einigen großen, weltweit agierenden, nicht unbedingt die mit der großen Kasse. Wie lebt es sich von diesem Geschäft? Wer sind hauptsächlich eure Auftragsgeber? Eher die kleinen Label oder doch schon gut situierte Label? Mit welchen Auftragsgebern ist nach euren Erfahrungen der Umgang und das Arbeiten angenehmer?
Markus: Seit Nicole eingestiegen ist, sind alle sehr nett zu uns :) Bisher durften wir schon für Label wie Keinemusik, Souvenir, Cecille, Monaberry, Data Punk, Heulsuse, Terminal M, Robsoul, Say What!, Rawthentic, BluFin, Yellow Tail, Plumbum und viele weitere arbeiten. Aber auch kleine Label wie Sonido, International Freakshow, Cellaa Music, Weplayminimal, Mija Rec, Seoul Community, Frequenza oder Yippiee haben schon mit uns gearbeitet.
Nicole: Es gibt genug kleine Label, die sehr lieb und schnell in der Abwicklung sind oder auch welche, die sehr langsam sind und denen man öfters hinterher rennen muss. Genauso gibt es aber auch große Label, die man öfters Anschreiben muss, damit die offene Rechnung beglichen wird.
Es kommt also immer drauf an, wer das Label betreibt und nicht wie groß oder klein es ist!
Markus: Die meisten Label-Kontakte / Empfänger-Kontakte kommen natürlich durch mich rein, da ich ja viele Label-Manager und Produzenten persönlich kenne und so kommt dann oft eins zum anderen. Aber natürlich versuchen wir qualitativ hochwertige Arbeit abzuliefern und da reicht es nicht, einfach nur Kontakte zu haben.
Oft hänge ich bis in die Nacht am Rechner fest, da ich wieder nach neuen Kontakten, Radios, Magazinen oder Blogs Ausschau halte und diese anschreibe.
• Kommen die Anfragen hauptsächlich an euch oder muss man auch hin und wieder die Beziehungen spielen lassen und sich um neue Aufträge kümmern?
Nicole: Da wir von unserem guten Ruf leben, müssen wir momentan nicht mehr viel machen, um Aufträge zu erhalten. Die Label kommen auf uns zu und wir haben auch schon einen großen Kundenstamm, der jeden Monat ein bis zwei Promos in Auftrag gibt.
• Wir sprechen zwar schon die ganze Zeit über Musik-Promotion aber mal so gesehen, wie läuft die Promotion von einem Track oder Release nun letztendlich ab. Wenn ich als Label mit meiner Veröffentlichung zu euch komme, was tut ihr dann genau?
Markus: In der Regel laufen die Promos 3 – 4 Wochen. Wir lassen uns die Tracks, das Cover und den Pressetext (falls vorhanden, ansonsten schreiben wir auch hin und wieder einen) zuschicken und diese Files laden wir dann in unser Promotool Fatdrop hinein, wo wir dann die MP3-Tags bearbeiten, den Text sowie das Cover in die Email und auf die Promo-Seite eintragen und die Email dann an unsere Empfängerlisten schicken. Diese hören in die Promo rein und bei gefallen, müssen sie ein Feedback schreiben, die Promo bewerten und einen „Favourite Track“ wählen, damit sie sich die Promo herunterladen können.
Dann sammelt das System die Feedbacks und wir erstellen einen Report, den wir wöchentlich an die Label schicken, bis die Promo abgeschlossen ist.
• An wen geht die Musik hauptsächlich, setzt man heute noch auf solche Werbefloskeln wie „supported by“ oder „played by“ oder sieht man die Gewichtung eher bei den Opinion Leader wie Blogs und Magazine? Wie teilt ihr das ein? Bekommen erst die Großen dann die Kleinen? Oder schaut ihr da, wer am häufigsten eine Review verfasst, bzw. Feedback gibt?
Markus: Auch wenn z.B. nur ein Download by Richie Hawtin zurück kommt, so darf man das nicht unterschätzen, denn Richie spielt, zur Freude unsererseits, sehr viele unserer Promos. Allerdings muss das Label dazu selber mal danach suchen, ob er und wo er es gespielt hat. Wenn wir dieses auf seinem Twitter Account zufällig sehen, dann posten wir sowas mittlerweile auch auf unserer (vorläufigen) Webseite.
Ich persönlich denke, das jeder in unserem Promopool wichtig ist, egal ob Blog, Magazin, Radio, kleiner oder großer DJ, da die Label wollen, dass ihr Release gespielt wird. So nach dem Motto, die Mischung macht’s.
Noch besser ist natürlich, wenn ein Release von einem DJ bei Beatport gecharted wird, was auch über unseren Promopool schon oft zustande kam und teilweise bis zu 3000 Downloads ausgemacht hat! Auch Remix Anfragen, wie z.B. von George Morel, oder auch Vertriebsanfragen kamen schon über uns zustande. Aber darauf haben wir keinen Einfluss, wird aber durch uns angeregt.
• Wie kommt ihr an eure Empfänger? Sitzt man stundenlang vor Google und sucht nach diversen Blogs oder schaut man auf den Ruf der jeweiligen Seite? Wie kommt man an die Email der wichtigen Künstler?
Nicole: Künstler-Emails erfragt Markus ganz lieb über Facebook, oder bei seinen Auftritten. Nach „anderen“ Email googled Markus nachts Stunden lang durchs Netz, während ich bereits im Bettchen liege.
Markus: Ich trink ein paar Kaffees und mach die Nacht durch, damit wir neue Empfänger dazu bekommen!
• Lehnt ihr Aufträge auch ab? Weil ihr zum Beispiel selbst nicht an den Erfolg der Tracks glaubt oder weil diese gar nicht zu euch passen, oder kann man sich so etwas nicht mehr leisten, weil man Business macht? Und wenn ja, wie häufig kommt so etwas vor?
• Wie wird der Erfolg eurer Arbeit gemessen? Schaut man da stur auf die Verkaufszahlen oder wie häufig ein Release erwähnt wird, oder wo es in den Charts steckt?
Nicole: Da wir keinen Einfluss auf den Verkauf oder das Charten haben, werden wir an der Menge der Feedbacks und der Anzahl der namenhaften DJ, die Feedback geben, gemessen. Da wo unsere Konkurrenz oft nur eine handvoll „große Feedbacks“ reinholt oder zu viele unwichtige Künstler ein Feedback schreiben, können wir mit einer großen Anzahl an Feedbacks von großen DJs auftrumpfen.
Mittlerweile haben wir auch schon sehr viele relevante Radioshows in unserem Verteiler, die unsere Promos spielen und auch einige Magazine und Blogs, wobei es da etwas schwerer ist, da diese zu viele Promos erhalten und stark selektieren. Aber viele unserer Promos sind z.B. im / auf Faze Magazin, De:Bug, DJ Mag, Tsugi, Ibiza Voice, Our House Mag, Tilllate oder Onlyfordjs gelandet.
In der Regel bekommen wir pro Promo zwischen 60 – 80 Feedbacks und bei bekannteren Label oder Künstlern bis zu 130 Feedbacks.
• Als Tipp für all die kleinen Label, die sich vielleicht nicht unbedingt eine Promotion leisten können, was würdet ihr sagen worauf achtet der Konsument am meisten, worauf sollte man unbedingt beim Thema Promotion achten?
Ich denke die 50 Euro, für die man bereits eine gute Promotion bekommt, sollte ein Label ruhig investieren. Oft hören wir von kleinen Labels, dass sie das Geld ja nicht wieder einspielen würden, was aber zu kurzfristig gedacht ist. Es muss nur einmal jemand großes ein Release charten, dann ist die Kasse ruck zuck voll.
Und um Erfolg zu haben, muss man auch erst mal auffallen, was ohne Promotion selten funktioniert.
Promotion kann man aber in verschiedene Richtungen machen.
Manchmal sind wir nur als Berater aktiv und die Label überraschen mit einer Menge Engagement, wie z.B. das Label EMMA von dem Künstler Leave. Er hat sich selber ein Promotool gebaut und viele DJs und Produzenten angeschrieben. Dazu hat er Sticker, T-Shirts und Umhängetaschen bedrucken lassen und verteilt, postet in alle Gruppen auf Facebook, die er so findet und bittet befreundete Acts, die Releases seines Label zu charten. Somit hat er sich schon eine Menge Aufmerksamkeit erarbeitet und jedes Release war bisher in den Beatport Charts vertreten und die Vinyls sind fast ausverkauft! Wir promoten allerdings hin und wieder trotzdem seine Releases, da es nicht immer reicht, Emails von bekannten Acts zu haben. Trotzdem macht er eine Menge oder fast alles richtig.
Auffallen, egal wie! Auch wenn man sich dafür nackt machen und „Go Banana“ sagen muss. :)
• Zu guter Letzt, wie schätzt ihr selbst eure Arbeit und die Branche ein? Wie wichtig ist eure Tätigkeit im direkten Vergleich zum Erfolg von Veröffentlichungen? Wie sieht es auf dem Markt aus, sind alle Karten bereits verteilt und man schwimmt im Haifischbecken um die Wette, oder ist man hier erst am Anfang einer vielleicht boomenden Branche?
Wir können uns glücklich schätzen, dass wir als Promopool anerkannt sind und viele unsere Arbeit schätzen! Da die Einnahmen der Label mittlerweile immer weiter sinken, ist ein harter Konkurrenzkampf entstanden, der sich in den Preisen unserer Dienstleistungen widerspiegelt. Angefangen haben wir mit 200 Euro pro Release und mittlerweile sind wir durch eine Preisstaffelung bei mindestens 50 Euro angelangt. Somit sind wir im Preis-Leistungsvergleich mit einer der Besten.
Durch die Label-Promotion können Artists wie Loco Dice, Luciano oder Joris Voorn auch auf einen guten Track aufmerksam werden, den sie dann auch mal charten und das bedeutet oftmals 500 – 3000 Downloads mehr bei Beatport. Wir haben das schon öfter beobachten dürfen und haben dadurch auch Artists aufsteigen gesehen.
Auch haben sich schon Label-Betreiber bei uns bedankt, da sie durch unsere Arbeit Auslands-Bookings erhalten haben.
Mehr zum Kaufemusik Promopool unter www.kaufemusik-promopool.de
Interview: Stefan Lange
Antworten: Nicole und Markus (Kaufe Musik Promopool)