Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden

Gottesdienst am 20. Sonntag nach Trinitatis (18.10.2015in der Peter und Paul Kirche, Elze

© Stefan Scherer

© Stefan Scherer

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes – Amen. Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.

Liebe Gemeinde, ich begrüsse Sie ganz herzlich zum heutigen Gottesdienst.

Damit wir klug werden, das war das Motto des Kirchentages 2015 in Stuttgart. Und dieses Motto soll uns heute durch den Gottesdienst begleiten, der vom Scheiden, aber auch vom Verbinden handelt.

Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden, spricht Jesus im heutigen Evangelium, und darüber werden wir in der Predigt nachdenken.

Und so feiern wir diesen Gottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen

Psalm

Hört nun die Worte aus dem 3. Buch der Prediger, Vers 1-8

Alles hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde:

geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit;

pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit;

töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit;

abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit;

weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit;

klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit;

Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit;

herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit;

suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit;

behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit;

zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit;

schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit;

lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit;

Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit.

Amen

Gebet

Lieber Gott,

Lehre uns bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden.

Klug werden, wenn wir Neues beginnen, eine neue Liebe, eine neue Aufgabe, einen neuen Weg;

Klug werden, wenn wir uns zusammenfinden, um Anderen zu helfen, die in Not zu uns kommen

Lieber Gott,

Lehre uns bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden.

Klug werden, wenn wir etwas aufgeben, eine Heimat, eine Liebe, eine Aufgabe,

Klug werden, wenn wir den alten Weg verlassen und den neuen Weg noch suchen. Amen!

Epistel

Die Epistel für den 20. Sonntag nach Trinitatis stehen im 1. Brief an die Thessalonicher:

Weiter, liebe Brüder, bitten und ermahnen wir euch in dem Herrn Jesus – da ihr von uns empfangen habt, wie ihr leben sollt, um Gott zu gefallen, was ihr ja auch tut -, dass ihr darin immer vollkommener werdet.

Denn ihr wisst, welche Gebote wir euch gegeben haben durch den Herrn Jesus.

Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung, dass ihr meidet die Unzucht. Und ein jeder von euch seine eigene Frau zu gewinnen suche in Heiligkeit und Ehrerbietung, nicht in gieriger Lust wie die Heiden, die von Gott nichts wissen.

Niemand gehe zu weit und übervorteile seinen Bruder im Handel; denn der Herr ist ein Richter über das alles, wie wir euch schon früher gesagt und bezeugt haben.

Denn Gott hat uns nicht berufen zur Unreinheit, sondern zur Heiligung.

Wer das nun verachtet, der verachtet nicht Menschen, sondern Gott, der seinen Heiligen Geist in euch gibt.

Worte der Heiligen Schrift. Amen

Evangelium

Das Evangelium steht bei Markus im 10. Kapitel und ist zugleich der Predigttext:

Und Pharisäer traten zu ihm und fragten ihn, ob ein Mann sich scheiden dürfe von seiner Frau; und sie versuchten ihn damit.

Er antwortete aber und sprach zu ihnen: Was hat euch Mose geboten?

Sie sprachen: Mose hat zugelassen, einen Scheidebrief zu schreiben und sich zu scheiden.

Jesus aber sprach zu ihnen: Um eures Herzens Härte willen hat er euch dieses Gebot geschrieben; aber von Beginn der Schöpfung an hat Gott sie geschaffen als Mann und Frau.

Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und wird an seiner Frau hängen, und die zwei werden ein Fleisch sein. So sind sie nun nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden. Amen

Predigt

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde,

Jesus aber sprach zu ihnen: Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.

Diese Kernaussage des Predigttextes ist mir als Rechtsanwalt mit einer Spezialisierung im Familienrecht und Arbeitsrecht beruflich schon häufiger begegnet: oft bin ich gefragt worden, wie ich als bekennender Christ denn jeden Tag an Scheidungen mitwirken könne… in diesem Augenblick ist die Ökumene ja tief in den Köpfen der Fragenden verwurzelt, da fragt man nicht nach katholisch oder evangelisch.

Aber sicher, auch persönlich habe ich mir schon oft die Frage gestellt, wie gehe ich denn inhaltlich um mit der Scheidung als wichtigem Teil meines Berufs, denn Familienrecht ist ja nun einmal schwerpunktmäßig Scheidungsrecht, und wie stehe ich dazu, dass eine Scheidung immer noch häufig Menschen moralisch und rechtlich ausgrenzt – düstere Beispiele aus dem Arbeitsrecht der katholische Kirche, sozusagen unsere Mitbewerberin um die Deutungshoheit bzgl. der Aussagen unseres Herrn Jesus Christus, findet man reichlich.

Nun, das Nachdenken über das Wesen der Scheidung muss man wohl ganz am Anfang beginnen, da, wo die Schmetterlinge noch kribbeln und der zukünftige Ehepartner tatsächlich noch der „Lieblingsmensch“ ist, wie es in einem populären Lied heißt.

Denn wie entscheidet man eigentlich, wen man heiratet? Ist das so selbstbestimmt, wie wir moderne Menschen uns einreden wollen? Zehnjährige Kinder wurden zu dieser Frage nach ihrer Meinung gefragt, und ein Mädchen antwortete: „Man entscheidet nicht selber, wen man heiratet. Gott entscheidet es lange im Voraus, und dann kannst du sehen, wen er dir da an den Hals hängt.“

Da stutzt man erst einmal, denn da ist ja erst einmal so gar nicht von Liebe, Gefühlen und Händchenhalten die Rede. Also doch keine Schmetterlinge? Aber halt, spricht man nicht gerade in den Zeiten vor der Eheschliessung oft davon, daß die zukünftigen Ehepartner „auf Wolken schweben“? Ein wahrlich „gottesnahes“ Bild, oder? So gesehen ist es richtig, was das Mädchen sagt: Wie wir jemanden kennenlernen, das ist für den Einen Zufall und für den Anderen Schicksal, und wenn wir heiraten, dann kennen wir den Menschen, der unser Ehepartner wird, nicht vollständig, und wir wissen auch nicht, wie er und wie wir uns mal entwickeln werden. Wir können nicht wissen, ob wir wirklich miteinander durchhalten und ob wir zu jedem Zeitpunkt unseres Lebens die Kraft dazu haben werden. Wir können es noch so sehr wollen, so sehr fühlen, so sehr wünschen und uns die größte Mühe geben. Letztendlich bleibt die Entwicklung einer Ehe für uns Menschen unplanbar.

Martin Luther übrigens war in Bezug auf die Ehe auch kein Wolkenschweber, er hat sie ziemlich düster beschrieben in seinem Taufbüchlein: … denn wer von dem Pfarrherr oder Bischof Gebet und Segen (für seine Ehe) begehrt, der zeiget damit wohl an, in was für eine Fahr und Not er sich begibt und wie hoch er des göttlichen Segens und gemeinsamen Gebets bedarf zu dem Stande, den er anfängt, wie sich’s denn auch wohl täglich findet, was Unglücks der Teufel anricht in dem Ehestande mit Ehebruch, Untreu, Uneinigkeit und allerlei Jammer“.

Das lasse ich jetzt mal so umkommentiert stehen, damit ich nicht heute noch allerlei Jammer bekomme – zuhause…

Aber mitnehmen können wir daraus, dass in allen Zeiten die Ehe Anfechtungen ausgesetzt wird, und wenn die eine Anfechtung wegfiel, dann kamen eben neue hinzu; ein Beispiel? Früher war klar: Der Mann arbeitete, die Frau kümmerte sich um Kinder und Haushalt. Diese Klarheit gibt es heute nicht mehr. Die neuen Möglichkeiten für die Frau sind richtig und niemand möchte sie ernsthaft wieder abschaffen – ich schon gar nicht, arbeite ich doch täglich mit meiner Frau zusammen. Aber durch diese Veränderungen hat die Institution Ehe eben auch an einer Grundstruktur verloren, die mit dazu beigetragen hat, dass die zwei Gatten zusammen blieben: am Ende war die klassische Alleinverdienerehe wenigstens noch eine Versorgungsgemeinschaft und fand darin ihre Rechtfertigung – über alle Sympathie zueinander hinweg. Die gute Partie war wichtiger als die grosse Liebe…

Und heute? Da muss erst geklärt werden, wer wann und wie viel arbeiten darf. Wer ist für die Kinder da? Wo haben wir den Wohnsitz, von dem aus wir beide unseren Arbeitsplatz erreichen? Im Vergleich zu früher gibt es heute also reichlich neues Konfliktpotential in den Ehen. Und da beide arbeiten, erwirtschaften auch beide Altersanwartschaften, womit sich die reine Versorgungsgemeinschaft häufig ebenfalls erledigt.

Aber damit nicht genug, es gibt inzwischen eine deutlich gestiegene Toleranz für andere Lebensmodelle neben der lebenslangen Partnerschaft. Trennungen werden nicht mehr „unter der Decke“ gehalten, um den Schein oder die Altersvorsorge zu erhalten, sie werden öffentlich gemacht, ohne dass dies zu gesellschaftlicher Ächtung oder wirtschaftlichem Ruin führt: Ein Politiker mit vielen Scheidungen wie es Gerhard Schröder ist, wäre vor dreißig Jahren nicht zum Bundeskanzler gewählt worden, eine Landesbischöfin wie Margot Käßmann nach ihrer Scheidung nicht im Amt geblieben.

Und wenn das Alles das „Institut Ehe“ nicht schon genug gefährden würde: nun prägt heute auch noch die Selbstverwirklichung und Egozentrik, gerne beschönigend als „Individualisierung“ bezeichnet, die Lebensplanung des modernen Menschens: viele, mit denen ich spreche, begründen ihre Scheidung damit, dass ihre Ehe ihnen nicht mehr genug Möglichkeiten gibt, sich selbst zu verwirklichen, die Prioritäten ihrer Beziehung seien zu unterschiedlich, die Partner wollten noch einmal neue Ziele suchen, die in der Ehe nicht mehr zu finden seien. Man kreist da dann doch eher um sich selber als um den ehemals geliebten Partner.

Und selbst der Beginn der Ehe steht oft schon auf tönernen Füssen: ein lebenslanges Versprechen ist sie bei Vielen nicht mehr. Und da muss man noch nicht einmal das katastrophale Vorbild der Sängerin Britney Spears bemühen, die sich nach drei Tagen Ehe bereits wieder scheiden ließ. Die Ehe wird bei vielen zur Lebensabschnittsgemeinschaft, zu einer Beziehung, die sich über die gemeinsamen Interessen oder die zeitweise Übereinstimmung der Freizeitaktivitäten und der Freundeskreise definiert.

All das hat Einfluss auf bestehende Ehen. Und so wird der Sinn der Institution Ehe immer verschwommener, auch im Vergleich zu anderen Lebensformen. Feste Partnerschaften ohne Ring bezeichnen wir landläufig als wilde Ehen und eingetragene Lebenspartnerschaften Gleichgeschlechtlicher als „Homo-Ehe“. Immer unklarer scheint zu sein, was Ehe eigentlich noch ist oder was Ehe nicht ist, und worin ihr besonderer Wert und Vorteil gegenüber anderen Lebensformen liegt.

Und wenn wir das Alles so betrachten, dann öffnet uns das die Möglichkeit, einmal frei von altem Denken über die Kernfrage nachzudenken:Welchen Sinn hat eine Ehe, wenn sie nicht mehr „in guten wie in bösen Tagen“ besteht, weil es einfach nur noch „böse Tage“ gibt? Wenn alle Streitpunkte zwischen den Partnern fünfzigmal diskutiert worden sind, und immer wieder sind sie am gleichen Punkt angekommen, an dem sie festgestellt haben: Es geht nicht weiter. Wer will die beiden zu „lebenslänglichem Eheknast“ verurteilen, wie es der Dichter Wolf Biermann einmal drastisch beschrieben hat, „bis der Tod euch scheidet“?

Kennen wir nicht alle genug Ehen, in denen es allzu deutlich danach aussieht, dass der Tod längst in der Ehe angekommen ist, obwohl beide noch lange leben werden?

„Es ist eine Frage der Ehrlichkeit“, schrieb Margot Käßmann als Kommentar zu ihrer eigenen Scheidung. Nachdenkenswert! Waren Adam und Eva eigentlich verheiratet? Man weiss es nicht! Und Jesus Christus?

Führen wir uns Eines ganz klar vor Augen: wir Christen glauben nicht in erster Linie an Moral und Gesetz, sondern an einen gnädigen Gott, der Menschen liebt, auch wenn sie miteinander scheitern. Passt zu so einem Gott ein gnadenloses Scheidungsverbot? Nun wirklich nicht.

Es mag unsere katholischen Schwestern und Brüder stören, vielleicht sogar verstören, aber es ist so: Jesus Christus verbietet die Scheidung nicht. Er maßt sich nicht an, dem Alten Testament zu widersprechen, und das erlaubt die Scheidung in Ausnahmefällen. Die Ehe ist nicht unauflöslich, wie es die katholische Kirche lehrt, sondern eine weltliche Sache, wie Martin Luther sagt. Und darum sagt Jesus auch nicht „Was Gott zusammen­gefügt hat, das darf der Menschen nicht scheiden,“ sondern „das soll der Mensch nicht scheiden.“

Verstehen Sie mich nicht falsch, an der Wichtigkeit der Ehe ändert sich dadurch nichts: ich halte sie für die verlässlichste Grundlage für Familie, und Familie ist das beste Gefüge, in dem Menschen gut gedeihen können. Ein Kind, das so viel Schutz benötigt, bekommt in einer intakten Familie wirklich die Kraft für sein Leben, dort, wo es mit Vater und Mutter in einer festen Einheit aufwachsen kann, in einer Familie, die dadurch geschützt ist, dass sich beide Partner in Verantwortung für einander und für das Kind begeben. Das ist es nämlich, was eine Ehe nach meiner festen Überzeugung ausmacht: die Übernahme von gegenseitiger Verantwortung für den Anderen, und dies vor dem Gesetz und vor Gott. Die Ehe einzugehen ist eine bewusste Entscheidung, und diese sollte im Vordergrund stehen und nicht das Kleid, die Party und die Hochzeitstorte – oder die Form der Ehe.

Und wenn eine Ehe zerbricht, dann streut dieser Bruch unübersehbar viele Scherben, große und kleine. Der eine Partner zieht ans eine, der zweite ans andere Ende Deutschlands. Großeltern sehen ihre Enkel nicht mehr. Freundschaften, Arbeitsverhältnisse und Kollegien lösen sich auf. Häufig entstehen Arbeitslosigkeit, Schuld und Geldnot, nicht selten Alkoholismus und psychische Erkrankungen. An allen Ecken und Enden ist zu merken: Die erwachsenen Partner hatten nicht weniger als ihr Leben auf den anderen gebaut – also ihren ganzen Lebensplan auf einem Boden errichtet, der ihnen nun unter den Füßen weg gezogen wird. Selbst der Partner, der die Scheidung bewusst herbei geführt hat, bleibt sein Leben von den Konsequenzen verfolgt.

Zurück bleibende Kinder stürzen sich oft in Gefühle der Schuld an der Scheidung, die ohne Grund sind, aber die trotzdem nur schwer aufzuarbeiten sind. Sie verlieren für den Rest ihres jungen Lebens die Familie, den sicheren Hort und Fluchtpunkt.

Seelische Bruchstellen bleiben, die sie für immer schwächen und empfindlich für Aggressionen und Labilitäten machen. Ein solcher Knacks ist mitverantwortlich für Behinderungen in der Persönlichkeits­entwickung, in der Identitätsfindung, in der Partner- und Berufsfindung – selbst da, wo sich keine jahrelangen Streitereien um das Sorgerecht an die Scheidung der Eltern angeschlossen haben. So kommt es auch nicht von ungefähr, dass der Schlüssel, um einen Menschen zu verstehen, fast immer in der Familie liegt, aus der er kommt – wenn er denn eine hatte.

Eine Scheidung hat gravierende Folgen, und deswegen sollte jeder, der sich scheiden lässt, im Blick haben, dass sein Eheversprechen nicht nur ein Versprechen vor Gott und dem Gatten war, sondern auch vor anderen Menschen, und etliche von denen haben auf diese Ehe gebaut. Auch nachfolgende Generationen bekommen noch diese Lasten vererbt und somit die Stiche der Scherben zu spüren, die eine Scheidung streut.

Und deswegen legt Jesus die Hürde für eine solche Scheidung hoch, aber eben nicht aufgrund einer verkrusteten Moralvorstellung, sondern über die Zeit hinweg mit dem Blick auch auf den modernen Menschen und sein Wohl: „Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.“

Die Ehe ist etwas, was man schützen und an manchen Stellen eben auch retten sollte. Und diese Rettung einer Ehe beginnt jeden Tag, jenseits ihrer Krise. Eine Ehe ist zu keinem Zeitpunkt selbstverständlich, sondern eine Lebensaufgabe, an der täglich gearbeitet werden muss, ein Versprechen, dass man täglich erneuern muss. Gerade deswegen hat man es aber auch gegeben, nicht wahr?

Und es reicht nicht, die Ehe wie eine Zimmerpflanze fünfzig Jahre lang immer wieder mit dem gleichen Wasser zu giessen. Sie braucht immer wieder neue Nahrung, Neuanfänge und Aufbrüche, zu denen die Ehepartner sich überwinden müssen.

Man muss seine Ehe wertschätzen, nur dann schätzt man auch seinen Partner. Ich selber habe das schon häufig gemerkt: gerade als Freiberufler stellt man oft seinen Beruf in den Vordergrund, dann kommen häufig die ehrenamtlichen Tätigkeiten und Hobbys, naja, und dann der Ehepartner. Das funktioniert so allerdings nicht lange! Jesus zitiert aus der Bibel: „Ein Mann wird an seiner Frau hängen,“ So schön dieses Bild die tatsächliche Rollenverteilung in den meisten Ehen wiedergibt, ein Automatismus ist dies Zusammensein eben nicht. Das ist Arbeit und Mühe für einander jeden Tag neu. Aber Arbeit und Mühe, die sich lohnt.

Und die Kraft dazu gibt Gott! Jesus sagt: „Um eures Herzens Härte willen“ hat Mose das Scheidungsgesetz geschrieben. Damit meint Jesus das Herz, das Gott nicht in sich hinein lässt, sondern außen vor. Der Kontakt zu Gott ist die Chance, die Eheleute oft nicht nutzen.Wie viele Ehen sind geschieden worden, ohne dass die Eheleute in der Krise jemals miteinander zu Gott gebetet haben? Wie viele Ehepartner haben wirklich mal den Aufbruch gewagt und haben zusammen zwei Kerzen für ihre Ehe angezündet – irgendwo in irgendeiner Kirche oder einem anderen Ort?

Kennen Sie nicht auch ein Ehepaar, das seit dem Tag der Trauung seit Jahren nicht ein einziges Mal im Gottesdienst war; welche Bedeutung hatte das Ja-Wort vor dem Altar eigentlich für sie? Gott hat euch beide zusammengefügt, liebe Eheleute! erinnert uns Jesus. Das wart nicht ihr! Und seine starken Kräfte stehen immer noch dafür bereit: neu einzuatmen, neu anzufangen, liebe Eheleute, euch neu zu suchen, mit neuen Augen sehen und wieder als das, als das ihr ursprünglich gemeint seid: als Geschenk.  Ihr könnt sowieso nur „ja, mit Gottes Hilfe“ halten, was ihr mal versprochen habt. Zu einer guten Ehe gehören immer drei.

Aber zu Gottes Gnade gehört es eben auch, dass er Menschen nicht lebenslang auf ihr Scheitern fest legt. Menschen, die keinen anderen Ausweg mehr sehen als sich scheiden zu lassen, werden von Gott und von Jesus nicht dafür verdammt, sondern ihnen wird vergeben. Da sollten wir Menschen uns nicht aufschwingen, über diese Menschen zu urteilen oder sie auszugrenzen – im Gottesdienst, beim Abendmahl, am Arbeitsplatz. Klar, Scheidung ist nicht Gottes Ziel, Scheidung ist der letzte Notbehelf, wenn die Gemeinsamkeit zwischen zwei Menschen unaufhebbar zerstört ist. So sieht es übrigens auch der weltliche Gesetzgeber, denn er verlangt vor der Scheidung ein Jahr der Prüfung – und dürfte damit die Botschaft Jesu Christi durchaus im Blick gehabt haben.

Aber wer dann den Weg der Scheidung wählt, den nimmt Gott ebenso als gescheiterten Sünder an wie jeden anderen Menschen und stattet ihn mit neuer Kraft und Liebe aus. Zu Gottes Gnade gehört es auch, dass er Menschen verbinden kann, die sich selbst nicht mehr verbinden können, keinen Zugang mehr zu einander finden und am Ende ihrer Kräfte miteinander sind. Dieser Gnade kann man sich öffnen oder verschließen, und das ist mitentscheidend für das Scheitern oder Gelingen jeder Ehe. Amen

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

Wochenspruch

Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott“. Micha 6,8

Gebet zum Dankopfer

Gepriesen seist du, Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt.

Dein ist alles, was wir sind und haben. Nimm diese Zeichen unseres Dankes an zu deiner Ehre und segne sie zum Dienst der Liebe. Dir sei Ehre in Ewigkeit. Amen.

Fürbitte

Lieber Gott,

Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.

Wir bitten Dich um Schutz für die vielen Flüchtlinge und um Menschen, die ihre Türen für sie öffnen.

Stärke alle Bemühungen um Frieden und um ein Ende der Gewalt.

Und so bitten wir Dich: Herr, lehre uns klug zu werden!

Unser Gott,

wir bitten Dich für alle Menschen, die bei uns in Deutschland Schutz suchen. Dass sie aufatmen können nach den Schrecken der Flucht. Dass sie Hilfe im Alltag erfahren und eine neue Heimat finden.

Im Angesicht dieser Not, die vor uns allen liegt rufen wir: Herr, lehre uns klug zu werden!

Unser Gott, wir bitten Dich für den Frieden in unserem Land und ganz besonders in den Orten, in denen Flüchtlinge untergebracht sind. Dass Unsicherheit nicht in Aggression umschlägt. Dass Menschen sich berühren lassen von der Not anderer. Um offene Herzen und ausgestreckte Hände bitten wir.

Lass uns nicht allein – Herr, lehre uns klug zu werden!

Unser Gott,

wir bitten Dich für alle, die sich für Flüchtlinge einsetzen, um Mut und Kreativität, um Pragmatismus und einen langen Atem.

Wir bitten Dich für Politiker und Behörden, für Initiativen, die sich engagieren, für unsere Kirchengemeinden. Dass unsere Bemühungen Frucht bringen und Fremdheit überwunden wird.

Lieber Gott, Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden. Amen.

Vaterunser

Vater unser im Himmel.

Geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern

Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Amen.

Segen

Gehet hin im Frieden des Herrn.

Der HERR segne dich und behüte dich.

Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir

und sei dir gnädig.

Der HERR erhebe sein Angesicht auf dich

und gebe dir + Frieden.

Amen.

Die Grundlage der heutigen Predigt finden Sie hier: Pastor Martin Funke (ev.-luth.)


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