Derzeit "streiten" sich CDU und SPD - anläßlich ihrer Koalitionsvereinbarungen - über dieses Thema.
Ich bezeichne dieses Taktieren allerdings nicht als Streit. Die gemeinsame neoliberale Politik dieser beiden Blockflöten verbietet so etwas. Allenfalls wird über Nuancen debattiert, über Nuancen, wie man das Thema seiner jeweiligen Wahlviehherde verkaufen kann. Zudem soll dem Stimmvieh der Anschein politischer Vielfalt erhalten bleiben.
Zwei Dinge möchte ich allerdings in die Debatte um den Mindestlohn einbringen. Zuvor weise ich nochmals daraufhin, dass ich einen Mindeststundenlohn unterhalb von 20 €uro ablehne. Einerseits sollten die hohen Lebenshaltungskosten in Deutschland nicht unberücksichtigt bleiben, andererseits sollten in dieser Debatte ebenso die Spitzeneinkommen berücksichtigt werden. Denn dann ist eine solche Forderung nicht nur angemessen, sondern auch realistisch. Denn alle Argumente, die gegen einen Mindestlohn - auch bzw. gerade in der Höhe von 20 €uro - ins Feld geführt werden, müssten dann auch hervorgebracht werden, wenn man die Spitzengehälter und Bonizahlungen betrachtet.
Wieso sollte eine Erhöhung des Stundenlohns von 1000 Beschäftigten um einen €uro die Wirtschaft oder den Export mehr gefährden, als die Erhöhung des Managerlohns einer einzigen Person von mehreren Millionen €uro? Seit den Siebzigern sinken die Reallöhne der kleinen Leute, die Reallöhne in den Führungsetagen nicht.
Wenn in den Siebzigern der Chef von Volkswagen schätzungsweise noch nicht einmal eine Million Mark zugeschanzt bekam, so bekommt er heute 30 Millionen Mark (=15 Mill. €uro) zugeschanzt. Haben sie deshalb jemals aus den Medien oder der Politik vernommen, dies sei schädlich für den Witschaftsstandort Deutschland, gefährde Arbeitsplätze und den Export?!! Und das, obwohl die gezahlten Spitzengehälter nachweislich abertausende Arbeitsplätze gekostet haben, ja, dafür solche Spitzengehälter gezahlt werden!
Was viele nicht erkennen wollen, ist, dass die SPD und die CDU in der Vergangenheit Mindestlöhne eingeführt hatten.
Und sei es nur deshalb, weil sich in den Parlamenten überproportional viele Juristen tummeln, doch sind Gesetze wie das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nichts anderes, als Mindestlohngesetze.
Egal, ob ihr Anwalt eine faule Sau oder bei der Sache war, egal, ob er Stümper oder Fachkundiger war, egal, ob er ihnen von Schaden oder von Nutzen war: Sie haben dem Rechtanwalt einen Mindestlohn zu zahlen!
Dass dieser Mindestlohn vergleichsweise zu anderen Tätigkeiten vollkommen überhöht ist oder er den sonst so gepriesenen Wettbewerb verhöhnt, soll hier gar nicht weiter ausgeführt werden.
Doch wie würden sie es bezeichnen, wenn für Krankenschwestern und Bauarbeitern um einen Hungerlohn von 8,50 €uro brutto gefeilscht wird, aber einen Strafanwalt bereits für ein Händeschütteln der 100fache gesetzlich garantierte Mindestlohn zugestanden wird?!
An dieser Stelle könnte ich mit den gesetzlich garantierten Mindestlöhnen für Notare, Ärzte, Apotheker, Immobilienmakler und dergleichen mehr fortfahren. Die Heuchler in den Medien und der Politik demaskieren sich spätestens hier.
Doch möchte ich abschliessend noch ein Mindestlohn-Argument erwähnen, das mir von einem Berliner Autohausbesitzer übermittelt wurde. Der Autohausbesitzer sagte, dass er seinen Angestellten zwar Löhne unterhalb des debattierten Mindestlohns zahlt, aber er ihnen auch Barzahlungen zukommen lässt, die er nicht zusätzlich versteuern muss. Das sei gängige Praxis, meinte er. Dieser Autohausbesitzer ist der Ansicht, dass die Einführung eines Mindestlohnes diese Praxis unterhöhlen soll und der Staat sich mit der Einführung eines Mindestlohns zusätzlich Steuereinnahmen sichern will, die er über Mehreinnahmen bei der Lohnsteuer etc. zu erzielen gedenkt.
Ich lasse die Ansicht des Autohausbesitzers unkommentiert. Nur sollten wir nicht vergessen, dass mit einer Klappe oftmals möglichst viele Fliegen geschlagen werden sollen, um das einmal bildlich zu formulieren.