Was ist Rechtsextremismus?

In dem beim VS-Verlag erscheinen Sammelband “Die Dynamik der Europäischen Rechten. Geschichte, Kontinuitäten und Wandel” findet sich auch ein kurzer Text von mir, der sich mit dem Thema “Der Zweite Weltkrieg im Geschichtsbild der polnischen Rechten” auseinandersetzt. Das Buch kann unter anderem beim VS-Verlag bestellt werden.

Im Folgenden publiziere ich eine kurze Passage aus dem Text, in der ich mich an einer Definition des - vor allem innerhalb der antifaschistischen Linken umstrittenen - Rechtsextremismusbegriffs versuche:

“Rechtsextremismus wird dabei im Folgenden vor allem als ein „Extremismus der Mitte“ verstanden, der insbesondere in Phasen der gesellschaftlichen Krise und des Umbruchs an Dynamik gewinnen kann. Bei den meisten ideologischen Versatzstücken rechtsextremer Ideologie handelt es sich um ins Extrem getriebene – und teilweise rationalisierte – Elemente kultureller, politischer und ideologischer Vorstellungen und Werte, wie sie in einer gegebenen kapitalistischen Gesellschaft dominant oder hegemonial sind. Ihre ideologische Vorstellungswelt und das korrespondierende autoritäre, homogene und als widerspruchsfrei imaginierte Gesellschaftsbild bezeichnen Rechtsextremisten zumeist als „naturgegeben“ oder „natürlich“. Zentral ist in wohl allen rechtsextremen Ideologien die Idealisierung der Zurichtung des Individuums zum bürgerlichen Konkurrenzsubjekt im Kapitalismus. Der Konkurrenzkampf „Aller gegen Alle“ im Kapitalismus wird zum „naturwüchsigen“ Kampf der Nationen, Rassen oder Religionen irrationalisiert und idealisiert. Im Falle Polens fungiert dabei vor allem der Katholizismus als ideologischer „Resonanzboden“, auf dem die rechtsextreme Ideologie erwächst. Es handelt sich in diesem Sinne um eine „Rebellion der Konformisten“ oder „konformistische Rebellion“, bei der die Rechtsextremen sich – oftmals in der Pose des Underdogs – einem verdinglichten oder personifizierten äußeren Feind gegenüber wähnen, mit dessen „zersetzenden“ und fremdartigen Einfluss die krisenhafte oder transformatorische gesellschaftliche Dynamik in Zusammenhang gebracht wird, von der die Gesellschaft (unter Einsatz extremer Mittel) befreit werden müsse.

Die Träger des rechtsextremen Gedankenguts wie auch die Massenanhängerschaft der ansprechenden Gruppierungen stammen zumeist aus der „Mitte“ der Gesellschaft, aus Klassen und Schichten, die sich in ihrem gesellschaftlichen Status bedroht sehen und in Krisenzeiten mit einer erheblichen Emphatisierung ihrer ideologischen Vorstellungen – wie auch der ansprechenden Praxis – für einen Fortbestand des Status quo (order für die Restauration idealisierter früherer Zustände) kämpfen. Gruppen und Parteien, wie dies in militanter Weise und unter Einsatz von Gewalt wie Terror tun, werden fortan als faschistisch bezeichnet. Der Rechtsextremismus stellt somit eine ins Extrem gesteigerte Krisenform herrschender kapitalistischer Ideologie dar und kann folglich nicht radikal sein; er kann nicht, wie es bei Marx heißt, „die Sache an der Wurzel fassen“.”


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