Wer eine Kündigung als Arbeitnehmer bekommt, der hat meistens nur gute Chance auf dauerhafte Weiterbeschäftigung, wenn das Kündigungsschutzgesetz auf seinen Fall Anwendung findet. Dies gilt vor allem, wenn für die Kündigung dann nur auf betriebsbedingte Gründe zurückgegriffen werden kann (betriebsbedingte Kündigung).
Dies setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer wenigstens 6 Monate beim Arbeitgeber tätig ist und dort mehr als 10 Arbeitnehmer in Vollzeit regelmäßig beschäftigt sind (bis 2004 waren dies nur 5/ dies gilt aber noch für alte Arbeitsverträge vor 2004). Dabei ist in Bezug auf den Schwellenwert von 10 Arbeitnehmern eine betriebsbezogene Betrachtung (siehe Artikel zum „Betriebsbegriff nach dem Kündigungsschutzgesetz„) anzustellen; das heißt, dass in dem Grunde nach egal ist, wie viele Arbeitnehmer im Unternehmen tätig sind, sondern es allein auf den Betrieb ankommt. Eine Einbeziehung von Arbeitnehmer über den Betrieb hinaus kann aber bei sog. Gemeinschaftsbetrieben erfolgen, was selbst vielen Anwälten unbekannt ist.
Gemeinschaftsbetriebe und das Kündigungsschutzgesetz
Der Gemeinschaftsbetrieb ist gesetzlich nicht definiert. § 1 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz erwähnt den Gemeinschaftsbetrieb und gibt Kriterien an, wann das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebes vermutet wird; enthält aber keine Definition und auch keine abschließende Aufzählung der Kriterien des Gemeinschaftsbetriebes.
Das Bundesarbeitsgericht definiert den Gemeinschaftsbetrieb so:
Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen besteht dann, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Das setzt voraus, dass sich die Unternehmen zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben, die sich auf die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten erstreckt.
Beispiel:
Die X-GmbH hat 5 Arbeitnehmer und die Y-GmbH hat 9 Arbeitnehmer, welche in Vollzeit regelmäßig beschäftigt werden. Alle Dienstpläne, Arbeitsanweisungen, Kündigungen, Abmahnungen etc. werden vom A, der Geschäftsführer beider GmbH ist, zentral von der Y-GmbH aus erteilt. Es gibt für die Arbeitnehmer gemeinsame Dienstpläne und auch die Urlaubsplanung erfolgt zentral. Kündigt nun eine der GmbH ihren Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis, findet – auf den ersten Blick – das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Auf den zweiten Blick aber schon, da ein Gemeinschaftsbetrieb vorliegt. Die Arbeitgeberfunktion erfolgt zentral für beide Betriebe aus einer Hand.
Kriterien für einen Gemeinschaftsbetrieb
Ob ein Gemeinschaftsbetrieb vorliegt, ist manchmal nicht so einfach nachzuweisen. Der Arbeitnehmer kann hier aber einzelne Kriterien vortragen, die eine solche Vermutung nahelegen und dann ist der Arbeitgeber gehalten, dies zu entkräften. Der Arbeitnehmer hat in der Regel keinen Einblick in die Interna der Unternehmen.
Folgende Kriterien sprechen für einen Gemeinschaftsbetrieb:
- gemeinsame Nutzung von Betriebsmitteln
- Austausch von Arbeitnehmern
- zentrale Ausübung von Arbeitgeberfunktionen
- Arbeitsanweisungen
- Dienstpläne
- Urlaubsplanung
- Abmahnungen
- Kündigungen
- Personenidentität der Geschäftsführer
- Personenidentität der Gesellschafter
- gemeinsames Sekretariat
- gemeinsame Führung der Personalakten der Mitarbeiter
- gemeinsame Lohnbuchhaltung
- Firmenschild (räumliche Nähe/ oder ähnlich)
- gleiche Adresse der Firmen
- ähnlicher Name der Firmen
- gleiche Telefonnummer (Zentrale)
Wichtig ist, dass die obigen Indizien im Zusammenspiel die Vermutung eines Gemeinschaftsbetriebes nahelegen. Allein die Personenidentität vom Geschäftsführer oder Gesellschafter legt noch keinen Gemeinschaftsbetrieb nahe.
Rechtsanwalt Arbeitsrecht in Berlin – Kanzlei Berlin – A. Martin