Was ist eigentlich

Von Wernerbremen

Meine heutigen Abendgedanken
Ihr Lieben,

als Abendgedanken möchte ich Euch heute eine Geschichte zum Thema  "Wahrheit" von Inge Meggert erzählen:
„Wahrheit?  Was ist das? Hat immer nur "einer" Recht? Oder gibt es mehrere Wahrheiten?“
„Es waren einmal zwei Freunde namens Ben und Simon. Sie kannten sich von Kindesbeinen an und hatten in ihrem Leben schon so manches Abenteuer zusammen ausgestanden. Eines Tages jedoch gerieten sie heftig miteinander in Streit.
Sie hatten gemeinsam ein Fest besucht und dort einen Mann kennengelernt.
Ben fand diesen Mann aufgeblasen, arrogant und geschwätzig, Simon jedoch fand, dass der Mann von freundlichem Wesen sei.
Da man sich nicht einigen konnte, beschlossen Ben und Simon, den Weisen aufzusuchen - einen alten Mann, welcher für seine Gerechtigkeit und seine klugen Entscheidungen im ganzen Land bekannt war. Ihn wollte man um Rat fragen, wie es sein kann, dass man zu so unterschiedlicher Einschätzung kommen konnte.
Der Weise hörte sich an, was Ben und Simon zu berichten hatten, wiegte dabei den Kopf hin und her und bat dann die beiden Freunde, kurz den Raum zu verlassen.Nachdem die beiden die Tür hinter sich geschlossen hatten,  nahm er zwei Tücher aus der Schublade seines Tisches, ein blaues und ein türkisfarbenes.Er legte das türkisfarbene Tuch auf die Mitte des Tisches und das blaue Tuch links daneben.
Anschließend bat er Ben, wieder in das Zimmer zurückzukommen."Da", sprach der Weise und deutete auf den Tisch, "schau und sage mir, was Du siehst."Verwundert runzelte Ben die Stirn und dachte bei sich: Was soll diese seltsame Frage?, antwortete jedoch: "In der Mitte des Tisches liegt ein grünes Tuch und links daneben liegt ein blaues."
"Sehr gut, mein Sohn", sagte der Weise, "nun verlasse das Zimmer und sage Deinem Freund, dass ich ihn gleich rufen werde. Schweige aber zu den Geschehnissen in diesem Zimmer."
Nachdem Ben das Zimmer verlassen hatte, legte der Weise das blaue Tuch zurück in die Schublade und nahm stattdessen ein grünes heraus und legte dieses an den Platz, auf welchem vorher das blaue Tuch lag.
Dann bat er Simon, in das Zimmer zu kommen.Simon kam herein und der Weise stellte ihm die gleiche Frage, welche er zuvor Ben gestellt hatte. Auch Simon wunderte sich etwas über diese simple Frage, antwortete jedoch:
"In der Mitte liegt ein blaues Tuch und links daneben grünes."
"Gut, Simon. Gehe nun und hole Ben hinzu."
Simon ging hinaus und holte Ben. In der Zwischenzeit nahm der Weise die beiden auf dem Tisch liegenden Tücher und legte sie in die Schublade.
Simon kam mit Ben zurück und beide  standen nun vor dem Tisch, hinter welchem der Weise saß.
Dieser begann zu sprechen und fragte zuerst Ben: "Ben, erzähle Simon, was Du gesehen hast" und Ben sagte: "Es lagen zwei Tücher auf dem Tisch. Das, welches in der Mitte lag, war von grüner Farbe und das, welches links daneben lag, war von blauer Farbe."
"Und Du, Simon, was hast Du gesehen?" fragte der Weise."Also, bei mir war es genau andersherum. Ich sah das blaue Tuch in der Mitte liegen und das grüne links davon."
Da lächelte der Weise, öffnete die Schublade, holte alle drei Tücher hervor und legte sie nebeneinander auf den Tisch. Zuerst das Grüne, dann das Türkisfarbene und zum Schluss das Blaue.
Als Ben und Simon das sahen, wurde ihnen schlagartig klar, was der Weise ihnen zu verstehen geben wollte. Obwohl beide das türkisfarbene Tuch in der Mitte des Tisches hatten liegen sehen, dachte Ben, es wäre grün gewesen, während Simon hätte schwören können, dass es blau war.
"Seht ihr, die Wahrheit liegt oft in der Sichtweise, aus welcher man sie betrachtet. Und sie kann bei jedem Menschen anders aussehen.
Wichtig ist, dass man sich trotz dieser verschiedenen Sichtweisen akzeptiert und respektiert und dass die eigene Wahrheit nicht auch die alleinige sein muss.
Nun geht Eures Weges und denkt, wenn es mal wieder schwierig ist, an dieses Beispiel mit den Tüchern."
Die beiden Freunde bedankten sich bei dem alten Mann für dessen Hilfe.
Als sie wieder auf der Straße standen, umarmten sie sich und schworen, sich immer der Worte des Weisen zu besinnen.“




Ihr Lieben,
zu dieser wundervollen Geschichte gibt es nicht mehr viel zu sagen,
sie spricht für sich.
Wir sollten bei all unseren Gesprächen in der Familie, mit unserer Partnerin, unserem Partner, unseren Kindern und Enkelkindern, unseren Freunden und Bekannten immer daran denken, dass das, was wir sagen, unsere Meinung ist, aber nicht immer die Wahrheit sein muss, auch wenn wir uns redlich darum bemühen.
Ich wünsche Euch eine gute ruhige Nacht und grüße Euch herzlich aus Bremen

Euer alter Geschichtenerzähler Werner

Das Foto wurde von Karin Heringshausen zur Verfügung gestellt