Was ist dran an der Wasser-und-Salz-Therapie?
Die Glaubwürdigkeit der Kristallsalztherapie geht mit der ihres Erfinders, Peter Ferreira einher. Damit steht es schlecht, getreu dem Spruch: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.
Ferreira ist der Künstlername eines deutschen Biophysikers, der als Peter Druf geboren wurde und im Heilerform von www.paranormal.de als "König der Scharlatane" bezeichnet wird.
Laut Aussendung des Steinsalz-Händlers "Marisol" handelt es sich bei Ferreiras "Institute of biophysical research" mit Sitz in Las Vegas, USA um ein "unauffindbares wie mit falschem Englisch behaftetes Scheininstitut", und bei seinem oberbayerischen Ableger Teisendorf um ein "ebenso inexistentes" Institut. Nach Recherchen des Magazins "Focus" befinde sich Ferreira nach seinem offiziellen Rückzug Ende 2001 "zur Neuordnung der Institutsgeschäfte auf den Fidschi-Inseln."
(http://www.marisol.de/i15-9anews.htm).
Weitere gute Worte zur "Kristallsalztherapie" findet man bei Walter von Holst und seinem Artikel in "ZeitGeist" im Oktober 2002. Er stellt einiges zu Ferreira richtig, der damals seine Koautorin mit einer "großen Prozesslawine in den moralischen Abgrund" zog. Demzufolge hatte der Förderverein "Wasser und Salz" nicht 15.000 Mitglieder, sondern nur 200, stammt das sogenannte Himalaya-Salz aus dem Salt Range südlich von Islamabad in Pakistan und nicht aus dem Himalaya und beinhaltet neben 98,2 % reinem Kochsalz höchstens sieben weitere Mineralstoffe statt der laut Ferreira "84 natürlich im menschlichen Körper vorkommenden Elemente".
Die chemische Analyse von Ferreiras Institut und auch das Zertifikat würde laut Holst nicht die tatsächlichen Verhältnisse spiegeln. Der Artikel erwähnt auch die Verbindung zwischen Ferreiras "Institut" und dem damaligen wichtigen Vermarkter des Salzes, "Lichtkraft", eine Firma, deren Inhaber Ferreira war. Er machte durch Buch und "wissenschaftliche Analyse" einen ordentlichen Gewinn, was Barbara Hendel, ehemalige Freundin und Co-Autorin der Ferreira-Bücher, zwischendurch dazu brachte, von ihm abzurücken.
All diese Informationen legen nahe, dass Peter "Ferreira" Druf zwar ein intelligenter und interessanter Kopf sein dürfte, aber nicht zu den seriösesten Menschen gehört. Seine Aussagen sind sicherlich mit Vorsicht zu genießen.
Hier ist der wichtigste kritische Artikel zu dem Thema, erschienen in "ZeitGeist" 3/2002
Kristallsalz in aller Munde, gesalzene Preise in allen Läden – und wer profitiert?
von Walter von Holst
Ein neues altes "Wundermittel" erobert den Markt. Es soll die Wirkung trendiger Alternativtherapeutika wie Tachyonen, Aloe Vera, Schwarzkümmel-und Teebaum-Öle, Pu-Erh- Tee, Mumijo und Heilerde in sich vereinen, ja sogar in den Schatten stellen: Kristall-Salz aus dem Himalaya. Die unkritische Euphorie allenthalben stimmte den Mineralienkenner und Autor dieses Beitrags schon früh misstrauisch.
Im Zuge seiner Recherchen stieß er auf allerlei Unstimmigkeiten, die den aktuellen Salzboom in einem anderen Licht erscheinen lassen.
Ausgelöst wurde der Boom von einem charismatischen Biophysiker namens Peter Ferreira.
Seine atemberaubenden Vorträge rissen die Massen mit; der Tonbandmitschnitt seines weit über dreistündigen Monologs, von seinen Hörern begeistert kopiert und weitergereicht, wurde gar zum Mittelpunkt privater Hauskreise. Selbst Heilpraktikerschulen ließen sich anstecken und zeigten vor vollen Häusern Ferreiras Video "Wasser und Salz". Das gleichnamige Buch wurde in einer Gesamtauflage von 160.000 Exemplaren weit über die Gesundheitsszene hinaus zum Verkaufsschlager.
Und, schier undenkbar, Salz wurde zur Mangelware. Natürlich nicht das handelsübliche Siede- und Kochsalz, sondern das "einzig echte und geprüfte Kristallsalz", jenes, das aus dem Himalaya stammen soll, dem gebenedeiten Boden, auf welchem allein es noch reine Salzvorkommen gäbe, die beinahe alle chemischen Elemente enthielten. Was machen Buch, Vortrag und Video so außergewöhnlich, dass sie einen derartigen Ansturm auf das "Kristallsalz" auszulösen vermochten? Eigentlich sind es altbekannte Inhalte in modernem Gewande: Herkömmliches Kochsalz wird raffiniert, d. h. industriell um alle fremden Bestandteile wie Mineralstoffe bereinigt. Dadurch kann es beim Konsumenten zu Mangelerscheinungen kommen.
Kochsalz wird überdies mit zahlreichen E-Zusatzstoffen sowie dem umstrittenen Jod und Fluor versetzt. Die Beigabe von Aluminiumhydroxid als Rieselhilfe wird mit den immer häufiger auftretenden Nervenerkrankungen und Degenerationserscheinungen wie M. Parkinson und Multiple Sklerose in Verbindung gebracht. Naturbelassenes Salz wiederum findet auf unterschiedlichste Art medizinisch Einsatz: als Sole-Trinkkur zur Nahrungsergänzung, als Sole-Waschung bei Hautproblemen, als Salz- Hemd bei grippalen Infekten, als Salz-Wickel bei Gicht. Psoriasis-Kranke schätzen das Bad im Toten Meer und Asthma-Patienten den Aufenthalt im Salzstollen.
Salzkristall-Leuchten haben sich bei Aufmerksamkeitsstörungen (ADS) bewährt.
Unterstützenswerte Aufklärungsarbeit im Dienste des Allgemeinwohles, könnte man meinen.
Auf den zweiten Blick enthüllt das gar zu gut aufgemachte Buch eigennützige Interessen, um enorme Absatzmärkte für das allein selig machende "Kristallsalz" zu erschließen sowie Werbung für ein Gütesiegel und eine Zeitschrift zu machen. Dies allein soll kein Kritikpunkt sein, sofern der Inhalt des Buches einer Überprüfung standhält.
Doch genau daran krankt es. Sobald Ferreira auf Unterschiede bei naturbelassenen Salzen zu sprechen kommt und das Wörtchen "wissenschaftlich" strapaziert, verheddert er sich teils innerhalb einzelner Absätze in Widersprüche oder verschraubt sich in wahlkampfartige Unverständlichkeiten. Bedeutungsschwangere Wortspiele um "verunreinigtes" kristallines Steinsalz und um "reines", aber dennoch "biophysikalisch ganzheitlich" mit allen Elementen angereichertes Kristallsalz klingen zwar bedeutsam, stiften beim Leser und Hörer jedoch eher Verwirrung.
Wichtige Ungereimtheiten sollen daher im Folgenden näher betrachtet werden.
1. Unsichere Herkunft
Ferreiras Kristallsalz (jetzt wohl markenrechtlich geschützt als "Hunza-Kristallsalz" ) soll aus dem Himalaya, genauer gesagt aus dem Karakorum stammen, einem dem Himalaya vorgelagerten Faltengebirge. Dies ist nicht auszuschließen, jedoch eher unwahrscheinlich. Im Himalaya selbst dürfte es ohnehin keine abbauwürdigen Salzvorkommen geben. Der Grund: Der höchste Gebirgszug der Welt ist vulkanischen Ursprungs. (Salzgestein (Halit) dagegen ist ein Evaporationsgestein, welches sich durch Verdunstung von Meerwasser absetzte. Geologischer Druck hat ? entgegen Ferreiras Aussagen in Vortrag und Buch ? bei der Entstehung des Salzes oder der Einbindung von Fremdstoffen keine nennenswerte Funktion.) Diesem Umstand zufolge ist der Himalaya ein Salzmangelgebiet und seit Jahrhunderten auf Salzimporte angewiesen.
Hauptlieferant ist die als Salt Range bekannte Region im Hügelland Nordpakistans. Dort wird ca. 70 % des weltweiten Bedarfs an Steinsalz abgebaut, ein vorzügliches naturbelassenes Speisesalz. Aufgrund seiner hohen Reinheit und Transparenz entstammt auch ein Großteil aller Salzlampen dortigen Minen. Spielt die Herkunft des Salzes überhaupt eine derart bedeutende Rolle? "Nein", meint der Dipl.- Mineraloge Bernhard Bruder, "es ist kein Unterschied zwischen so genanntem Himalaya-Salz und Steinsalz aus Pakistan nachweisbar, auch wenn das einigen nicht schmecken wird." Sein unabhängiges EPI-Institut (www.epigem.de) untersuchte über 40 Steinsalze aller Herren Länder und fand keine signifikanten Unterschiede in der chemischer Zusammensetzung, der kristalliner Ausbildung und dem Geschmack.
2. Fragwürdige chemische Zusammensetzung
Mit dem Buch entsteht der Eindruck, in Ferreiras Kristallsalz seien 86 Elemente ? wenn auch in geringen Mengen ? enthalten. Ergibt diese Auflistung Sinn, wenn die meisten davon außerhalb der messtechnischen Nachweisbarkeitsgrenze liegen? Selbst mit modernsten Verfahren wie der Atomabsorptionsspektrometrie (Grenzwert: 0,01 ppm (parts per million)) und der Frequenzspektroskopie (Grenzwert: 0,001 ppm) würden bereits 44 der 86 Elemente entfallen. Interessant ist an dieser Stelle, dass der Mineraliengroßhandel "Zauberstein" bereits 1999 Kristallsalz polnischer und pakistanischer Provenienz hinsichtlich seiner chemischen Zusammensetzung vom Fresenius- Institut untersuchen ließ.
Damals stellte sich überraschenderweise heraus, dass sowohl das eine als auch das andere Salz trotz unterscheidbarer Optik zu 98,2 % aus Natriumchlorid bestand. Von 17 vermuteten wurden in beiden Fällen lediglich sieben Mineralstoffe nachgewiesen. Übrigens würde sich Salz, das mit Radioaktivität in Berührung kommt, durch Beugung des Kristallgitters blau verfärben. Und genau dies wäre der Fall, wenn alle "84 natürlich im menschlichen Körper vorkommenden Elemente" tatsächlich im Salz vorhanden wären.
3. Ungeordnete Ordnungskräfte
Eine weitere Untersuchung Ferreiras bezieht sich auf eine vermeintlich höhere natürliche Ordnungskraft des Himalaja-Salzes gegenüber anderen Salzen. Seine These: Je größer die Kristalle in einer abkühlenden Salzlösung, desto höher die energetische Ordnung. Tatsächlich liegt es in erster Linie an der Abkühlungsgeschwindigkeit, die bestimmt, wie viel Zeit bleibt, Kristalle auszubilden. Ohne eine präzise Temperaturkontrolle wäre jedes Testergebnis aussagelos.
4. Überzogene Wirkmechanismen
"Aus metaphysischer Betrachtungsweise können wir in natürlichem Kristallsalz bestimmter geomantischer Vorkommen den Schlüssel zu universellem Bewusstsein finden", schreibt Ferreira in einem offenen Leserbrief vom 31.12.01. Er betont dabei den Einfluss spezieller geomantischer Reizzonen auf den "Informationsgehalt" seines Salzes. Er übersieht jedoch, dass ein Salzkristall kein Bergkristall ist. Bergkristalle können durch den piezo-elektrischen Effekt bekanntermaßen Schwingungsfrequenzen speichern, was z. B. in Quarzuhren genutzt wird. Diese Speichereigenschaft trifft jedoch in keiner Weise auf das Salz zu. Ganz im Gegenteil: Letzteres wird in der Steinheilkunde zur Neutralisierung und energetischen Reinigung eingesetzt. Gerade die auflösende Eigenschaft des Salzes ist Teil zahlloser Volksbräuche.
5. Zweifelhafte Gutachten
Die Ausschließlichkeit, mit der das "echte" Kristallsalz aus dem Himalaya beschworen wird, ermuntert zu weiteren Nachforschungen. Wessen Salz wird hier beworben und verkauft? Die Adresse im Anhang des Buches verweist auf das Landkaufhaus Mayer, Siegsdorf, welches das Alleinvertriebsrecht für die Produkte des Herstellers Lichtkraft innehat. Diese Produkte werden geprüft und zertifiziert vom Institute of Biophysical Research in Teisendorf, dessen Direktor Peter Ferreira ist. Gleichzeitig ist er Inhaber der Firma Lichtkraft. Unter dem Briefkopf des Landkaufhauses findet die viel zitierte Wissenschaftlichkeit in einem "unabhängigen Forschungsbericht über die Eigenschaften der Salzkristall-Leuchten" Niederschlag.
Das Copyright des Berichtes liegt bei obigem Institut, der Verfasser bleibt ungenannt. Auf demselben Dokument entdeckt der aufgeschlossene Leser sogleich die Preise für die Salzlampen. Im Text wimmelt es nur so von Rechtschreib- sowie logischen und grammatischen Fehlern. Einige Stilblüten: "Inwieweit eine Salzkristall Leuchte medizinischen Einsatz zur natürlichen Bestrahlung finden kann, ist durch notwendige Reihenuntersuchungen noch nicht durchgeführt worden" oder " … da der Überschuss an negativen Ionen als wissenschaftlich geringfügig zu bezeichnen ist."
6. Abgehobene Preisgestaltung
"Himalaya-Salz" wird in Bioläden und Reformhäusern zu Preisen von 17?23 ? je kg gehandelt. Ein Flashback aus jener Zeit, als um Salzvorkommen und -Handelswege Kriege geführt und Salze als "weißes Gold" geadelt wurden. Liegt das von Ferreira untersuchte Salzvorkommen wider Erwarten tatsächlich im unzugänglichen Karakorum Gebirge, mag sein Preis, in Anbetracht der Forschungen und Investitionen, durchaus gerechtfertigt sein. Alle anderen so genannten "Himalaya-Salze" sind jedoch grotesk überteuert. Der Gipfel der kuriosen Marktlage: Erstmals wird Bruch von Salzlampen per kg teurer verkauft als die fertig montierte Salzkristall-Leuchte! Unbestätigten Aussagen zufolge soll sich Ferreira inzwischen mit seiner Co-Autorin, der Ärztin Barbara Hendel, überworfen haben.
Hendel wurde, als sich Ferreira im Dezember 2001 aus Enttäuschung über die Vermarktungsstrategie seiner Kristallsalzidee zurückgezogen hatte, neue Präsidentin des Fördervereins "Wasser und Salz" (geschätzte Mitgliederzahl: 15.000). In dieser Funktion habe sie gegen den Willen Ferreiras ein Gütesiegel für Kristallsalz eingeführt. Die Prüfkriterien entsprächen jedoch nicht denjenigen ihres gemeinsamen Buches "Wasser und Salz", schreibt Ferreira in seinem letzten Rundschreiben vom 31.08.02. Zudem habe der Verleger des Buches, im übrigen Hendels Lebenspartner, dieses unautorisiert mit Hinweis auf das Gütesiegel nachgedruckt und vertrieben. Insgesamt stünden, so Ferreira weiter, Lizenzgebühren in sechsstelliger Höhe im Raum. Ein weiteres trauriges Kapitel monetär versalzenen Idealismus?
Literaturangaben:
Barbara Hendel: Wasser und Salz. Urquell des Lebens, Ina Verlag, Herrsching 2002
Manfred Treml u. a.: Salz macht Geschichte, F. Pustet, Regensburg 1998 (vergriffen)
Kurz nach erscheinen des Artikels wurde eine einstweilige Verfügung angestrengt, die folgende Korrekturen notwendig macht:
Der öffentliche Brief, auf den sich manche Textpassagen beziehen, wurde per einstweiliger Verfügung verboten. Frau Barbara Hendel, Herr Heisler und Herr Peter Ferreira haben ihre Meinungsverschiedenheiten ausgeräumt und vertragen sich wieder, das heißt auch, daß der Salz-Klassiker Wasser und Salz wieder neu aufgelegt wird. Die Gesamtauflage beträgt nach Angaben Heislers nur 140.000, nicht 160.000 Exemplare, der Förderverein Wasser und Salz hat nicht wie Ferreira schätzte, 15.000 Mitglieder, sondern nur ca.200. Unwidersprochen bleibt , daß die Herkunft der sog. Himalaya-Salze nicht das Karakorum- oder Himalaya-Gebirge ist, sondern die Salt Range südlich von Islamabad.
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Quelle des Beitrages: http://www.sapientia.ch/Buchseiten/wasalz1.htm