Was ist creative non-fiction? Ein Interview mit der Autorin Susanne Krejsa

Frau Krejsa, Sie haben mit Ihrem Buch "Spurensuche. Der NS-Anwalt und Judenretter Helmut Pfeiffer" ein Beispiel für eine Art von Geschichtsdarstellung vorgelegt, die man als creative non-fiction im angelsächsischen Raum bezeichnet. Weshalb haben Sie diese erzählerische, teils ja auch dramatisierende Darstellungsform für Ihre Biografie gewählt?

Diese Form hat den Vorteil, Wissen zu vermitteln ohne zubelehren. Gerade wenn LeserInnen nicht über ein ausgeprägtes Geschichtswissenverfügen, wollen sie nicht ständig und seitenlang mit trockenen Fakten beworfenwerden. Und was ich selbst nicht mag, will ich auch meinen Lesern nicht antun.


Aber steckt in creative non-fiction nicht von vornehereinein großer Widerspruch? Sachthemen müssen faktenorientiert dargestellt werden,nicht erzählerisch schön arrangiert sein...


Die Alternative dazu wäre der historische Roman. Da sindTeile frei erfunden; als Leser weiß man aber nie, was nun erfunden ist und washistorisch gesichert. Das liegt mir persönlich nicht; als Journalistin will ichentlang der Fakten erzählen. Aber ich will eben auch erzählen und nicht nurberichten; dafür ist diese Darstellungsform gerade richtig.


Welche Chance sehen Sie in creative non-fiction?


Ich denke, dass LeserInnen gerne danach greifen werden,weil es eine Form des Dialoges ist: In meinem Fall nehme ich sie auf meine Recherchereise mit. Dadurch können sie sich selbst ein Urteil bilden; siekönnen an meinen Erfolgen, an meinen Spekulationen und auch an meinen Frustrationen teilnehmen und sich selbst ein Urteil bilden. Sie müssen nicht‚schlucken’, was ich ihnen vorsetze, sondern sie sind mittendrin. Sie könnensich denken ‚Das hätte ich jetzt anders gemacht’ oder ‚Ich hab’s ja geahnt’.Das ist wie bei einem Krimi. Da macht Lesen Spaß.


Gab es Inspirationen und Vorbilder? Gibt es einen Titel, derfür Sie stilbildend war?


Beim Schreiben wusste ich überhaupt noch nicht, dass es das Genre ‚creative non-fiction’ überhaupt gibt. Es war vielmehr so, dass ichziemlich bald im Verlauf meiner Recherchen begonnen habe, ein Arbeitstagebuchzu schreiben. Niederschreiben ist meine Form des Nachdenkens und Gedanken-Ordnens. Helmut Pfeiffer hat sich gewunden wie eine Schlange, ich war ihm nahe, habe ihn aber nicht und nicht zu fassen bekommen. Schließlich hatteich einen Riesenpacken Notizen vor mir. Und der war dann die Grundlage für das Buch.


Susanne Krejsa, Spurensuche. Der NS-Anwalt und Judenretter Helmut Pfeiffer, Berlin 2012 
www.vergangenheitsverlag.de


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