Was ich auf den Bahamas über Minimalismus gelernt habe

Es passiert ab und zu im Leben, dass wir am Flughafen ankommen, und unser Flug ist gestrichen. Und wenn das mal in einem fremden Land passiert, bei einer Zwischenlandung, dann muss man die so entstandene Lebenszeit mit Sinn füllen. Sitzen und warten ist wahrlich nicht meine Stärke. An der Bar sitzen und nette Menschen kennenlernen, das klingt viel besser.

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So habe ich Paul kennen gelernt. Das ist der Herr neben mir auf dem Foto oben.

Und es passiert auch ab und zu im Leben, dass sich aus einer rein zufälligen Begegnung eine Freundschaft entwickelt. Weil beide Seiten mutig genug sind, ihre Werte und Einstellungen mit einander zu besprechen, statt sich über das Wetter und die gestrichenen Flüge zu ärgern.

Und so passierte es, dass Paul mich zu einem Autorennen einlud. Als Beifahrerin. Auf den Bahamas. Zugegeben, ein ziemlich bekloppter Plan. Passt also perfekt zu mir ;-)

Zugesagt, Flug gebucht und im Paradies gelandet. Paul, ein irgendwann aus England über viele spannende Umwege hier gestrandeter Unternehmer, sagt zwischendurch gern Sätze wie:

“Take risk and don’t worry”

Ich höre zu und lerne. Es ist gut zu wissen, dass ich neben jemandem im Porsche sitze, der sich jeden einzelnen Cent seines Lebens komplett selbst erarbeitet hat. Kein Lotto, dafür viel Mut. Und als Ergebnis Haus am Wasser, Boot, Porsche und die Freiheit, sich zu dem jährlich stattfindendem Bahamas Speed Week einen Gast einzuladen, der sich so eine Veranstaltung nicht leisten kann. Ich bin Gast Nummer vier, und es stört mich nicht, dass meine langen Beine eine Rolle in diesem Stück spielen.

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In der Broschüre zum Rennen gibt es eine Kleiderordnung. An verschiedenen Tagen und Abenden werden verschiedene Formen der Abendkleidung erwünscht. Insbesondere macht mir der Abend bei dem bahamesischen Staatsoberhaupt Sorgen, denn für solche Anlässe ist mein Kleiderschrank nicht ausgestattet.

Also leihe ich mir Kleider, schicke Handtaschen und Haarschmuck bei Freundinnen und meiner Nachbarin. Ich packe diese ungewohnten Gegenstände in den Koffer und stelle mir vor, wie ich damit zwischen all den Millionärsgattinen stehe. Aschenputtel.

Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht weiß: Mein so toll auf diese ungewöhnliche Woche vorbereiteter Koffer wird erst am Abend vor meinem Rückflug in Nassau ankommen.

Wie geht das ohne?

Wie geht das ohne Koffer? Als erstes fehlt mir nach einem Transatlantikflug eine Zahnbürste. Diese ist schnell organisiert. Pyjama wird per sofort von der Packliste gestrichen, diese fehlt mir nicht. Frische Unterwäsche wäre gut. Und etwas für die 28°C da draußen. Das mit den Abendveranstaltungen ist irgendwie weniger wichtig, wenn man mitten auf einer karibischen Insel in Jeans, Pulli und Stiefeletten steht.

Einkaufsliste: ein Sommerkleid, T-Shirt, Shorts, Flipflops, Unterwäsche. Fertig.

Bikini wird bei der reizenden Nachbarin von Paul geliehen. Abendkleid und zwei Pashima-Schals bei einer anderen, nicht minder reizenden Frau. Schuhe? Ach was, in Europa trägt man das kleine Schwarze aktuell mit Stiefeletten. Schminke? Braucht kein Mensch. Haarschmuck? Überflüssig! Ohne Shampoo und Spülung sieht mein Haar wunderbar wild aus. Und das gleiche Kleid an mehreren Abenden tragen? Wen juckt’s? Und es ist absolut unerheblich, wie viel mein Sommerkleid gekostet hat, denn in dem Lyford Cay Club, in dem Menschen wie John F. Kennedy und Sean Connery Gäste waren, geht es bei dem Lunch nicht um Kleider, sondern um das Rennen am nächsten Tag.

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Lektion gelernt?

Bei mir sind es mehrere.

  1. Es reicht, wenn auf einer tollen Party oder sehr offiziellen Einladung jemand anders schön gekleidet ist.
  2. Ich fühle mich auch ohne tolle Kleider wohl.
  3. Ich habe sehr viele überflüssigen Gegenstände in meiner Wohnung.
  4. Ich packe viel zu viel ein, wenn ich unterwegs bin. Und:
  5. Es gibt immer eine Lösung, wenn etwas fehlt.

P.S.: Es geht übrigens mit weniger Worten, wenn man in einer Fremdsprache spricht. Einer meiner Notizen aus dieser Woche lautet “Habe mich noch nie so kurz fassen können, um etwas wichtiges zu sagen”. Darüber muss ich noch nachdenken!

P.P.S.: Hier die Videoimpression von der Bahamas Speed Week. Meine Aufgabe als Beifahrerin war neben “gut aussehen” auch “Kamera in den Wind halten” und “die letzte Runde komplett aufnehmen”. Das nächste Mal muss eine GoPro her ;-)

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(klicke auf das Bild und du wirst zum Video weiter geleitet)

 

Enjoy the summer!

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Nadja Petranovskaja

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