Was haben Fingernägel mit Gebrauchstauglichkeit zu tun?

Von Sonja Quirmbach

27. Februar 2014 Hinterlasse einen Kommentar

Was Hersteller gern verschweigen: Die Gehäuse technischer Geräte sind oftmals nicht komfortabel im Gebrauch und sorgen für Verletzungen an Händen und Fingern. Dabei sind Schrammen, Schnitte und Nagelbrüche vermutlich nur die Spitze des Eisbergs.

Heute wird es blutig! Endlich liegt es vor mir, mein neues Arbeitshandy das Samsung S in mini. Flink packe ich es aus, befreie es von der glasklaren Schutzfolie und lese die Bedienungsanleitung. Dabei stolpere ich über ein kleines witziges Detail, dass lustig ist aber auch zum Philosophieren anregt. Haben Sie schon mal folgendes gelesen:

“Achten Sie beim Abnehmen der rückwärtigen Abdeckung auf Ihre Fingernägel.”?

Diesen mit einem Warndreieck gekennzeichneten Hinweis habe zumindest ich noch nicht in der Bedienungsanleitung für ein Smartphone gelesen. Ich wusste überhaupt nicht, dass es so gefährlich ist… . Zuerst denke ich „Ach, wie witzig, ein frauenfreundlicher Hinweis! Ha, Ha!“ Scherze noch mit meinen Kollegen darüber, dass es bestimmt in den USA mal einen Fall gab, bei dem Samsung fürchterlich verklagt wurde, weil sich eine Kundin ihren 10 cm langen Fingernagel dabei abgeknickt hat. Deswegen nun der Hinweis in der Anleitung.

Dann aber merke ich, dass sich die Abdeckung nicht nur schwer öffnen lässt sondern zudem auch hakt und fange an, den Sinn des Satzes zu verstehen. Denn der Hinweis sollte vielmehr heißen, dass die rückwärtige Abdeckung des Handys schwer zu entfernen ist und man vorsichtig sein sollte, weil dabei entweder die Nägel zerbrechen können oder die Abdeckung kaputt geht. Je nach dem wer zuerst nachgibt. Also ein Punkt, an dem auch die Physik nicht weiterhilft.

Komfort geht anders

Also ein Fall für die Gebrauchstauglichkeit, die hier gleich mal Minuspunkte bekommt und die Bedienungsanleitung auch. Warum steht da nicht ein Hinweis, wie man am besten und effektivsten die rückwärtige Abdeckung abgezogen bekommt, schön bildlich dargestellt mit einem kleinen Pfeil, der die Schubrichtung anzeigt? Am besten das Gehäuse so gestalten, dass es sich einfach öffnen und schließen lässt.

Nein, lasst mich raten! Es geht mit Sicherheit aus produktionstechnischen Gründen nicht. Ein Gerät, das sich einfach öffnen und schließen lässt ohne zu verschleißen ist bestimmt teurer in der Produktion. Oder wurde der Prototyp des Smartphone-Gehäuses niemals vor der Massenproduktion von unerfahrenen zartbehändeten Probanden getestet?

Die Sache hat einen Haken!

In der Praxis ist es oftmals so, dass sich die Smartphones nur schwer öffnen lassen. Nicht nur diese. Zu erwähnen sind hier auch Fernbedienungen, Kameras, Spielzeug, etc. eben alle Geräte, die eine “rückwärtige Abdeckung” haben. Leider muss man diese auch ab und an öffnen und wieder schließen. Beispielsweise um eine neue SIM Karte einzulegen, die Batterien zu wechseln oder einen Speicher Chip auszutauschen. Kommt also häufiger vor.

Warum geht das nicht so einfach und leicht, dass nichts kaputt gehen kann – weder Fingernägel, Haut noch die rückwärtigen Abdeckungen mit ihren zarten Häkchen, die dann auch noch daran zerbrechen? Denn die Häkchen haben zudem die tolle Angewohnheit oftmals in ihrer Verankerung stecken zu bleiben, sodass man sie nie wieder herausbekommt ohne den Einsatz eines anderen Instruments… . Als mündiger Kunde darf man den Erstehilfekasten nie außer Reichweite stellen.

Vielleicht steckt auch eine Art Taktik von den Herstellern dahinter: Nach jedem dritten Öffnen oder Schließen bricht das Häkchen unwiederuflich ab! Eine Reparatur ist natürlich ausgeschlossen. Häkchen lassen sich nie reparieren. Übrigens Ösen, Nippel und Böppels oder ähnliches auch nicht!

Der Wettkampf zwischen der Lebensdauer meiner Fingernägel (hier heute in Rosa) und der rückwärtigen Abdeckung des Smartphones.

Es geht noch schlimmer …

Am schlimmsten finde ich die Geräte, bei denen man zum Öffnen einen kleinen Schraubenzieher benötigt. Was jetzt kommt, kennen wir. Man setzt die Spitze des Instruments an die Minischraube, fängt an zu schrauben und rutscht dann fürchterlich aus, um sich die scharfkantige Spitze des Kreuzschlitzschraubenziehers der Größe 00 beherzt in das Handfleisch zu rammen! Was mit den Augen dabei passieren kann, lasse ich jetzt mal weg.

Denn die kleinen Schräubchen sind nicht durch Menschenhand in der Fabrik festgedreht worden, sondern durch die Kraft von Maschinen und lassen sich somit nicht so einfach lösen. Erst recht nicht von zarten Frauenhänden.

Uff!

Ich frage mich gerade, ob ein Touchscreen auch mit bluttriefenden matschigen Fingern bedienbar ist, so wie das immer in Actionmovies zu sehen ist?

Auf jeden Fall ist da dann auch ganz schnell mal der Punkt erreicht, an dem einen die Wut packt und man das Egal-wie-teuer-es-auch-war-Ding doch am liebsten auf den Müll schmeißen möchte, um sich ein „besseres“ zu besorgen. So!

Sagt mal, ihr lieben Produktdesigner und Gehäusehersteller, denkt ihr bitte bei der Herstellung jeglicher Gehäuse auch an unsere Hände und Finger?