“Einige Jesuiten behaupteten sogar, ein Priester ohne persönliche Beziehung zu Jesus wäre wie ein Bach ohne Quelle, ein Weinberg ohne Sonne, eine Wüste ohne Oasen.
Jesus kannte ich aus der Heiligen Schrift. Doch er blieb mir als Gesprächspartner nach wie vor fremd. Er lebe, behaupteten alle um mich herum, man könne mit ihm reden, er sei unser ständiger Begleiter, er klopfe an der Tür unserer Herzen und möchte eintreten. Ich hatte nichts dagegen, wenn er das täte, aber ich hatte sein ‘Klopfen’ noch nie gehört. Ich konnte es mir auch nicht vorstellen, ihm jemals zu begegnen.
Und Gott? Unnahbar, unbegreiflich, unpersönlich, fern – das war für mich jenes allmächtige, allwissende und allgegenwärtige Wesen, auf das ich mein Vertrauen setzen sollte.
Beinahe zehn Jahre wendete ich dafür auf, um Gott wissenschaftlich näher zu kommen. Er wurde für mich zu einer abtrakten Größe, ein Name, mit dem man Menschen mehr oder weniger beeindrucken konnte. Beruflich brauchte ich ihn, aber persönlich kam zwischen uns kein Kontakt zustande.”
Aus “Lockrufe – Vom katholischen Priester zum evangelischen Pfarrer” von Franc Prosenjak, S. 238. Zu dem Buch habe ich hier eine Rezension geschrieben.