Was ein Mensch ausstrahlt, das wird ihm auch begegnen

Was ein Mensch ausstrahlt, das wird ihm auch begegnen
Ihr Lieben, 
den heutigen Abend möchte ich dazu nutzen, ein indisches Märchen, das ich schon einmal in der Kurzform erzählt habe, in der Langform zu erzählen, weil es dadurch noch eindrücklicher wird.
"Der Tempel der tausend Spiegel"

Es war einmal in Indien, in einem großen Tempel, dessen Wände und Türme aus reinem Gold bestanden. Im Inneren des Tempels spiegelte sich das Licht tausendfach, denn die Wände waren alle mit Spiegeln ausgekleidet. Der undurchdringliche indische Urwald umhüllte das Gold des sagenhaften Tempels wie ein sanftes Tuch und so haben nur sehr wenige Geschöpfe ihn jemals zu Gesicht bekommen.
Ein Hund jedoch, der in einem Dorf am Rand des Dschungels lebte, verirrte sich einst in dem Dickicht. Er lief immer weiter und suchte nach seinem Weg, bis er plötzlich vor den goldenen Ruinen stand.
Seine Entdeckung ließ sein Herz freudig pochen, denn wenn er auch noch nicht den Heimweg gefunden hatte, so fand er doch diesen Goldschatz, der ihn reich machen würde. Erregt lief er durch den Eingang in das Innere des Tempels, der von einem seltsamen Lichtglanz erfüllt war.
Doch wie erschrak er, als er sich plötzlich tausend Hunden gegenüber sah. Sofort dachte er, die anderen seien ihm zuvor gekommen, und mit bösem Blick schaute er sie an. Doch wohin er sich auch wandte, er sah lauter Hunde, die ihn mit bösem Blick anstarrten.
Er fletschte die Zähne und knurrte leise und überall knurrte es zwischen gefletschten Zähnen zurück. In seine Enttäuschung mischte sich Wut, und er begann laut zu bellen und kläffen. Doch aus allen Richtung sah er Hunde ebenso zurückbellen.
Nun mischte sich Angst in seine Wut, er fühlte sich umkreist und bedroht bei jedem Schritt. Wild rannte er im Kreis herum, versuchte zu entkommen und Panik machte sich breit. Doch die anderen Hunde blieben ihm immer auf den Fersen und ließen sich durch keinen Sprung und keine List abschütteln. Erschöpft vor Enttäuschung, Wut und Angst taumelte er und schließlich brach er tot zusammen - wie überall sein Spiegelbild.
Viele Jahre blieb die Ruhe des Tempels ungestört, bis ein anderer Hund den Weg zu den Ruinen fand. Auch dieser Hund freute sich über seine Entdeckung und gespannt lief er ins Innere.
Wie staunte er, als er sich plötzlich von tausend Hunden umringt sah. Doch sein Herz machte einen Freudensprung, denn nun hatte er mitten in der Einsamkeit auch noch Gesellschaft gefunden.
Freudig wedelte er mit seinem Schwanz und tausend Hunde wedelten zurück. Darüber freute er sich noch mehr und sah, wie sich auch die anderen noch mehr freuten. So nahm die Freude ständig zu.
Noch viele Jahre später, als er schon längst wieder den Weg zurück zu seinem Dorf gefunden hatte, besuchte der Hund doch immer wieder den Tempel der tausend Spiegel, um sich mit den anderen Hunden zu freuen. So kann derselbe Ort für den einen zur Not oder zum Tod, für den anderen zur Freude werden.

Was ein Mensch ausstrahlt, das wird ihm auch begegnen

Das Foto wurde von Karin Heringshausen zur Verfügung gestellt



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