Ja, das ist natürlich geschwindelt! Trotzdem habe ich das Gefühl, wir kennen uns schon ganz schön gut und verstehen uns meist ohne Worte. Funktioniere ich mal nicht richtig, unterstreicht er seine Forderungen neuerdings mit beharrlichem, gar nicht süßem Gemaue. Oft genug bin ich allerdings richtig ratlos, was er mir gerade sagen möchte.
Deshalb war ich so neugierig auf das Buch „Was denkt meine Katze?“ – vor Kurzem im Kosmos Verlag erschienen, erklärt es mit vielen tollen Farbfotos, was in Katzen vorgeht, wenn sie entsprechende Mimiken und Körperhaltungen zeigen oder andere Signale aussenden. Denn Katzen – so die Autorin Brigitte Rauth-Widmann – lügen, entgegen vieler gegenteiliger Behauptungen, eben nicht!
Nun sind Katzen ja nicht blöde und wissen ziemlich schnell, wie sie mit bestimmten Verhalten ihre Ziele erreichen. Da ist ein bisschen Strategie und Diplomatie durchaus erlaubt. Außerdem ist jede Katze ein ausgeprägter Individualist mit eigener Persönlichkeit, charakteristischen Anlagen, Vorlieben und Fähigkeiten. Doch im Grunde zeigen sie alle in jeder Situation klar und deutlich, was sie zu sagen haben und wir können sie verstehen, wenn wir genau hinschauen.
Am Anfang gehts zuerst mal um typisches Katzenverhalten: die vielzitierte Katzenwäsche gehört da ebenso dazu wie langes Schlafen, ausgiebiges Stretching, Sonnenbaden, große und kleine „Geschäfte“. Wir lernen, dass Katzen Rückzugsorte brauchen, dass sie faszinierend-geschickte Kletter-Akrobaten sind und auf leisen Sohlen und mit scharfem Blick ihre Beute fangen.
Im zweiten Kapitel gehts um „Katzen unter sich“: so riechen Katzen an einem Busch nicht nur eventuelle Blüten oder Früchte, sondern auch ganz deutlich, welcher Eindringling hier vor Kurzem mit Pheromon-Molekülen seine Duftspuren hinterlassen hat. Begegnen sich Katzen auf der Straße oder auf der Wiese, spielen Düfte ebenfalls eine wichtiege Rolle: mit Nasenstübern, Ablecken und Geruchskontrollen gehen sie auf Tuchfühlung und haben schnell raus, ob sie sich riechen können oder lieber aus dem Weg gehen.
Ihre Krallen pflegen Miezen, in dem sie hingebungsvoll diverse Untergründe bearbeiten, vorzugsweise Baumrinden, aber auch raue Sofabezüge oder Teppiche sind sehr willkommen! Und: Katzen sind Showtiere, die sich gerne beim Markieren beobachten lassen.
Während Katzen untereinander also nicht viele Worte brauchen, um klar zu machen, wer der Stärkere und was sonst so zu tun ist, bringt uns das Kapitel „Miez und Mensch“ teilweise ganz normales komisches Katzenverhalten näher. Einmal traf ich meinen Kater überraschend, als er in einer hohen Sommerwiese saß. Erfreut rief ich seinen Namen und ging ein paar Schritte auf ihn zu, er allerdings ging ein paar Tapser zurück.
Zuerst konnte ich gar nicht glauben, was ich sehe und ging noch ein Stück in die Wiese. Und wieder zog sich mein Kater zurück. Ich war schwer konsterniert! Sollte das wirklich der Kater sein, der mir schmusend auf dem Rücken liegt und am liebsten in meinem Bett schläft? Dann kam ich drauf: er hatte wohl gerade Wichtigeres zu tun und vermutlich Angst, dass ich ihn mit nach Hause nehme.
Soweit meine Erklärung. Oft ist es auch so, dass sich Katzen, sobald sie aus dem Haus sind, ganz nach Instinkt verhalten und da kann schmusen zum falschen Zeitpunkt verheerende Folgen haben. Nun, wir haben das geklärt und mittlerweile begrüßt mich Sam auch außer Haus mit freundlichem Hallo.
Wann Katzen Lust auf Gespräche haben und wann nicht, ob sie gut gelaunt sind, wie sie Angst zeigen und Signale für den Angriff geben ist ebenfalls Thema, genau so wie ihr Spielverhalten. Augen, Schwanz und Schnurrhaare sind gut erkennbare Indikatoren.
Ein Extrakapitel ist Katzenkindern gewidmet. Die sind vor allem ganz schön neugierig und wollen ihre Welt erobern. Da ist es sicher hilfreich, ihr Pionier- und Sozialverhalten ein bisschen genauer zu kennen!
Allein der tollen Fotos wegen, wird dieses Buch wohl jedem Katzenbesitzer und -liebhaber gefallen. Und die Infotexte in gut verdaulicher Häppchen-Länge geben spannende Einblicke in die Welt unserer Fellgeschwister.
Ein besonders tolles Kompliment hat mein Kater übrigens neulich von einer älteren Dame bekommen, der ich ein Foto gemailt hatte: „Der schaut so gescheit, dass man denkt, ein Mensch guckt einen an“, sagte sie. Und manchmal denke ich das wirklich auch!
Brigitte Rauth-Widmann „Was denkt meine Katze? Katzenverhalten auf einen Blick“, 96 Seiten mit 180 Farbfotos, broschiert, 10 Euro, Kosmos Verlag