Am Ende des turbulenten Jahres 2015 fürchten sich die Deutschen vor der Zukunft. Wie die GfK in ihrer jüngsten Umfrage herausfand, sehen die Deutschen äußerst finster nach vorne.
55 Prozent der Befragten haben Angst – gegenüber 31 Prozent vor einem Jahr. Bei den Jüngeren von 14 bis 34 Jahren sind es 42 Prozent, bei den Älteren 64 Prozent. Doch gleichzeitig sind die Deutschen so glücklich wie nie! Und sie scheinen ständig glücklicher zu werden. Mehr als zwei Drittel aller Deutschen empfinden sich als “glücklich” oder “sehr glücklich”. Und diese Zahl steigt seit vielen Jahren, auch in diesem Jahr!
Kann man glücklich und angstvoll zugleich sein? Allerdings – und dahinter steckt ein mentales Muster, das erhebliche Auswirkungen auf unsere reale Zukunft hat: Angstlust!
Menschen bewerten die Zukunft nach einem komplexen inneren Algorithmus. Sie vergleichen ständig Ist- und Sollzustände, ziehen also eine Erwartungsbilanz – wobei zwei Ebenen eine Rolle spielen. Einerseits die (erwünschte) Erreichung von Sollzuständen: Erfolg, wie immer man ihn definiert. Erfolgserleben schüttet im Hirn Dopamine aus, die das Glücksbefinden, und damit die Hoffnung, steigern. Andererseits die (erhoffte) Vermeidung von Stress, Krisen, Aufwänden: Veränderungen. Unser Zukunftsgefühl spiegelt also auch unser Bedürfnis nach Komfortabilität.
Die Kognitions- und Hirnforschung sagt uns, dass das Belohnung und Angstzentrum nahe beieinander liegen. Das hat evolutionäre Gründe – die Evolution möchte uns ja zu Aktivität anstacheln. Es heißt aber auch: Wir können Lust erleben, wenn wir Angst haben. Angst kann argumentativ gewendet werden: als Vorwurf an die Umwelt, sich nicht zu kümmern. Nichts anderes spiegelt sich in der Politiker-Verachtung: eine regressive Erwartung an Vorteile, die nicht gewährt wurden! In großen Gruppen können wir unsere Angst in Wir-Glücksgefühle umwandeln – Zorn hilft dabei. In der nächsten Stufe wird dann Angst zu Hass und Aggression, zur Abwertung anderer. Und dann folgt die Gewalt, die immer auch eine Gewalt gegen sich selbst ist.
Wie kann man diesen fatalen Mechanismus auflösen? Durch Achtsamkeit. Achtsamkeit heißt, dass wir nicht hilflos unseren Wutgefühlen ausgesetzt sind. Dass wir unsere Angst betrachten, unsere eigenen Erwartungen reflektieren, dass wir uns selbst beim Beobachten beobachten. Achtsame Menschen wissen, dass sie selbst es sind, die die Welt konstruieren. Dass Krisen dazu da sind, uns Neues zu lehren – und dass genau darin die Idee der “Zukunft” besteht: Wandel durch Selbstwandel. Dazu braucht man kein Hochschulstudium, nur eine tiefere Humanität.
Der andere Teil der Übung besteht im Überprüfen unseres Welt-Wissens. Die Medien bombardieren uns täglich mit einer Flut von negativen Nachrichten, die von Kontrollverlust und Katastrophen künden. Aber stellen Sie sich einmal vor, die Zukunft würde nicht von Verarmung, Chaos, Untergang, Umweltverschmutzung, Artensterben und Hunger geprägt.