Was bin ich wert? (Autorin: Ronja v. Rönne)

Erstellt am 6. Juni 2016 von Oliver Alois Ernst John

Was bin ich wert? Das denkt man sich, und je schlechter es einem geht, desto genauer kennt man die Antwort: gar nichts, vielleicht sogar noch ein bisschen weniger.

Wenn der Kapitalismus dann einwendet, dass das so nicht stimme, dass der Wert eines Menschenlebens nämlich bei ziemlich genau 45 Millionen Euro liege, also sämtliche Nieren, Samenspenden und Lungenflügel zusammengerechnet, ist das auch nicht wirklich tröstend. Aber im Trösten war der Kapitalismus eh nie besonders gut. Man schaut sich also um, verkorkste Karriere, das Billy Regal immer noch nicht aufgebaut, Beziehungsratgeber neben dem Bett, und fragt sich, wie man eigentlich in diesem Leben gelandet ist, das so gar nicht wirkt, als sei es 45 Millionen Euro wert.

Die Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland gibt einem Recht und rudert zurück: mit ungefähr 10 Millionen Euro wird hierzulande der Wert eines Menschenlebens berechnet, etwa, wenn es um die Entscheidung geht, ob sich eine Verkehrsampel lohnt.

Philosophisch scheint diese Herangehensweise nicht ganz wasserdicht, und zumindest, wenn man verliebt ist, ist man sicher, dass ein Mensch viel mehr wert sein kann als zehn läppische Millionen oder eine gammelige Verkehrsampel. Selbst ohne Schmetterlinge im Bauch gibt der Humanismus einem Recht: Unendlich viel sei ein Menschenleben nämlich wert. Egal welches? Aber ja, jedes einzelne.

So richtig vertraut man diesen Humanisten allerdings nicht, die kennen einen ja gar nicht persönlich, das riecht schon sehr nach Pauschalurteil. Außerdem ist die Antwort, JEDES Menschenleben sei unendlich viel wert, auch nicht so richtig schmeichelnd für das Ego. Den Trick kennt man noch von Kindergeburtstagen, wo nach der Schnitzeljagd alle eine Urkunde kriegen, dabei schnallt man schon als Dreijähriger, dass wenn alle gewinnen, es keiner wirklich tut. Ganz korrekt ist die Frage nach dem Wert ohnehin nicht.

Richtig wäre: Wieviel bin ich zurzeit wert? Sonst ergeht es Ihnen wie der Unternehmerin Elizabeth Holmes. Der wurde noch letztes Jahr vom Forbes-Magazin ein Wert von 4,5 Milliarden US-Dollar attestiert. Diesen Donnerstag wurde sie wieder runtergestuft. Auf null. Auch nicht schön. Dann doch lieber die Humanismus-Teilnehmerurkunde. Oder eine Ampel.

Quelle und Beitrag: Ronja von Rönne