Was bedeutet eigentlich 1. und 2. Vorhang ?

Beim Arbeiten mit einem Blitzlicht, stößt der Fotograf früher oder
später auf die Problematik, dass bei bewegten Motiven, diese
verwischt dargestellt werden.

Der Verschluss-Vorhang bezeichnet die Stelle, an welcher der 
Verschluss der Kamera (vor dem Sensor) sich öffnet bzw. wieder 
schließt.
Da dieser Vorgang in der Regel durch einen doppelten
mechanischen physikalischen Vorhang realisiert wird,
spricht man vom ersten Vorhang und zweitem
Vorhang.

Der erste Vorhang stellt dabei den Moment sofort nach 
dem Öffnen des Verschlusses dar, der zweite Vorhang 
stellt den Moment kurz vor dem Schließen des Verschlusses dar.

Der Blitz zündet also je nach Synchronisation auf den ersten oder
zweiten Vorhang also entweder sofort nach dem Öffnen des Verschlusses
oder eben erst kurz vor dem Schließen des Verschlusses.

Wird während der Aufnahme nun wie gesagt ein Blitzgerät benutzt,
so wird während der Belichtungszeit (Verschlusszeit) für einen
kurzen Moment etwas mehr Licht zur Verfügung gestellt.

Im fertigen Bild wird das bewegte Objekt für diesen Moment scharf dargestellt.
Je nach Belichtungszeit und Blitzsynchronisation bilden sich gelegentlich
in Bewegungsrichtung vor oder hinter dem bewegten Objekt Streifen.
(Wischeffekt)

Liegen diese Streifen in Bewegungsrichtung hinter dem Objekt, 
so ergibt sich eine für das Auge gewohnte Darstellung.
Um dies zu erreichen, setzt man die Blitzsynchronisation auf 
den zweiten Verschluss-Vorhang (Rear Curtain Sync).

Steht die Synchronisation auf dem ersten Vorhang, so erscheinen
die Streifen in Bewegungsrichtung vor dem Objekt.
Dies wird vom menschlichen Auge als unnatürlich empfunden
und ist somit störend.

Anhand folgenden Beispiels wird dies vielleicht etwas deutlicher:

Fotografiert man mit einer Langzeitbelichtung ein von links nach rechts fahrendes
Auto im Dunkeln mit Blitzlicht und synchronisiert den Blitz auf den ersten Vorhang,
so zündet dieser also direkt dann, wenn der Verschluss den Sensor freigibt.
Das Auto wird also am Anfang (links im Bild) stark beleuchtet und somit scharf
und gut beleuchtet dargestellt. Da sich das Auto während der Belichtungszeit
jedoch noch weiter von links nach rechts bewegt und der Blitz
dieses nun nicht mehr beleuchtet, wird das Auto nun nur noch
unzureichend scharf und dunkel dargestellt.
Auf dem Bild erscheinen vor dem Auto verwischte Streifen.
Das Auto scheint rückwärts zu fahren und dennoch vorwärts.
Andersherum zünden wir den Blitz erst kurz vor Ende der
Belichtungszeit, so wird die Fahrt des Autos erst im rechten
Bildteil scharf und ausreichend beleuchtet abgebildet.
Die vorherige Bewegung wird entsprechend dunkel und
unscharf abgebildet.
Da die verwischten Streifen jedoch nun hinter dem Auto
dargestellt werden, scheint sich das Auto korrekt zu bewegen.

Da der Vorhang bei unbewegten Objekten keinerlei Rolle spielt,
ist die Standardeinstellung der Kamerahersteller oft auf den
ersten Vorhang. Dieses sollte man im Blitzmenü der Kamera
entsprechend ändern, wenn man bewegte Objekte mit
Blitzlicht fotografieren möchte und die Belichtungszeit 
länger als die Blitzsynchronzeit (die Zeit in welcher der Blitz aufleuchtet)
ist.

Wieso machen die Hersteller das und warum gibt es 
zwei Möglichkeiten.
Die Möglichkeiten sind für die Gestaltung der Bilder
extrem wichtig. Durch den zweiten Vorhang wird es
überhaupt erst möglich Bewegungen einzufangen.
Warum also nicht generell Synchronisation auf den 
zweiten Vorhang ?
Ganz einfach deshalb, weil sich die Position der 
bewegten Objekte sich zum Ende der Verschlusszeit
in der Regel nicht einwandfrei bestimmen bzw abschätzen lassen.
Löse ich den Blitz  am Anfang der Belichtungszeit aus,
so wird das Objekt dann scharf und belichtet abgebildet,
sobald ich den Auslöser betätige.
Löse ich den Blitz erst zum Ende der Belichtungszeit aus,
ist im schlimmsten Fall unser Auto bereits aus dem 
Bild herausgefahren und kann überhaupt nicht mehr
bildlich eingefangen werden.

Von daher gehen die Kamerahersteller auf Nummer sicher
und sagen eine “falsch verwischte” Aufnahme ist besser als keine.
Letztendlich spielt bei vielen Bewegungen auch die korrekte
Darstellung der Bewegungsrichtung nicht wirklich eine Rolle
(z.B. beim Tanz oder beim Karussel).
Man sollte von daher die Einstellung stets auf Standard
(erster Vorhang) belassen, außer man möchte den
zweiten Vorhang definitiv als gestalterisches Werkzeug
gezielt einsetzen.

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